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Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Holmes. »Das entscheidet alles. Wir müssen wissen, was es bedeutet, ehe er hier ist.«
      Er öffnete die Tür, und wir traten in die Halle. Das Summgeräusch war jetzt lauter und schlug dann als langgezogenes, tiefes Wehklagen an unser Ohr. Es kam von oben. Holmes sprang die Treppe hinauf, und ich folgte ihm. Er stieß an eine halbgeöffnete Tür; bei dem Bild, das sich uns dann bot, blieben wir beide entsetzt stehen.
      Eine schöne junge Frau lag tot auf dem Bett. Ihr sanftes, bleiches, von dichtem blondem Haar umrahmtes Gesicht blickte aus erblaßten, weit geöffneten blauen Augen zur Decke. Am Fuß des Bettes verharrte in halb kniender, halb sitzender Stellung, den Kopf in den Kleidern der Frau vergraben, ein junger Mann, dessen Körper von Schluchzen geschüttelt wurde. Er war so tief in seine Trauer versunken, daß er nicht aufblickte, bis ihm Holmes die Hand auf die Schulter legte.
      »Sind Sie Mr. Godfrey Staunton?«
      »Ja, ja, ich bin es – aber Sie kommen zu spät. Sie ist tot.«
      Der Mann war so benommen, daß er nichts anderes denken konnte, als daß wir Ärzte seien, die ihm als Beistand geschickt worden waren. Holmes wollte gerade einige Trostworte anbringen und die Aufregung mitteilen, die sein plötzliches Verschwinden unter seinen Freunden ausgelöst hatte, als wir Schritte auf der Treppe hörten und dann das massige, finstere, fragende Gesicht Dr. Armstrongs von der Tür her auf uns gerichtet sahen.
      »Meine Herren«, sagte er, »Sie haben Ihr Ziel erreicht und einen besonders heiklen Zeitpunkt für Ihr Eindringen gewählt. Ich werde im Angesicht des Todes keinen Streit anfangen, aber ich versichere Ihnen, wenn ich jünger wäre, würde Ihre ungeheuerliche Aufführung nicht ungestraft bleiben.«
      »Ich bitte um Entschuldigung, Dr. Armstrong, ich glaube, wir haben entgegengesetzte Absichten«, sagte mein Freund mit Würde. »Wenn Sie mit uns nach unten gingen, könnten wir einander die unglückliche Geschichte erklären.«
      Eine Minute später saßen der grimmige Doktor und wir unten im Wohnzimmer.
      »Nun, Sir?« sagte er.
      »Ich möchte vor allem, daß Sie begreifen: Ich bin nicht von Lord Mount-James engagiert, und mein Mitgefühl gilt ganz und gar nicht diesem Edelmann. Wenn ein Mensch verschwunden ist, besteht meine Pflicht darin, seinen Verbleib auszuforschen; wenn das gelungen ist, endet für mich die Sache, und so nichts Kriminelles vorliegt, bin ich viel eher bestrebt, Skandale um Privates zu vermeiden, als sie in die Öffentlichkeit zu tragen. Da, wie ich annehme, in diesem Fall kein Bruch des Gesetzes vorliegt, können Sie sich absolut auf meine Diskretion verlassen und darauf, daß ich Ihnen helfen werde, die Geschehnisse aus den Zeitungen herauszuhalten.«
      Dr. Armstrong machte einen schnellen Schritt auf Holmes zu und drückte ihm die Hand.
      »Sie sind ein anständiger Bursche«, sagte er. »Ich habe Sie falsch beurteilt. Ich danke dem Himmel, daß mich meine Gewissensbisse, den armen Staunton in seinem Zustand allein gelassen zu haben, bewogen, den Wagen zurückzulenken, und ich so Ihre Bekanntschaft machen konnte. Einem, der schon so viel weiß wie Sie, läßt sich die Situation leicht erklären. Vor einem Jahr wohnte Godfrey Staunton für einige Zeit in London; er fühlte sich leidenschaftlich zur Tochter seiner Zimmervermieterin hingezogen und heira tete sie. Sie war so gut wie schön und so intelligent wie gut. Kein Mann hätte sich einer solchen Frau schämen dürfen. Aber Godfrey ist der Erbe dieses sauertöpfischen alten Aristokraten, und es war ganz sicher, daß ein Bekanntwerden der Heirat das Ende der Erbschaft bedeutet hätte. Ich kannte den jungen Mann gut und schätzte ihn wegen vieler hervorragender Eigenschaften. Ich tat alles, um ihm zu helfen. Wir bemühten uns, die Sache vor jedermann geheimzuhalten, denn wenn einmal ein Gerücht aufgekommen ist, dann dauert es nicht lange, bis alle im Bilde sind. Dank dieses einsamen Häuschens und seiner Verschwiegenheit hatte Godfrey bis jetzt Erfolg. Um das Geheimnis wußte niemand außer mir und einem ausgezeichneten Diener, der jetzt in Trumpington ist, um Hilfe zu holen.
      Aber dann kam ein schrecklicher Schlag: Godfreys Frau erkrankte lebensgefährlich. Es war Lungenschwindsucht der virulentesten Art. Der arme Junge war halb wahnsinnig vor Kummer, und doch mußte er nach London, um bei diesem Match mitzuspielen, dem er sich nicht entziehen konnte, es sei denn durch eine

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