Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
McFarlane zurückkehren, um seinen Hut zu holen, nachdem das Verbrechen geschehen war«, sagte er. »Nun sehen Sie dies.« Mit dramatischer Plötzlichkeit riß er ein Zündholz an und beleuchtete einen Blutfleck auf der weißgetünchten Wand. Als er das Zündholz näher an die Stelle hielt, sah ich, daß es sich nicht nur um einen gewöhnlichen Fleck handelte. Es war, deutlich markiert, der Abdruck eines Daumens.
»Betrachten Sie ihn durch Ihre Lupe, Mr. Holmes.«
»Ja, das werde ich tun!«
»Sie wissen, daß kein Fingerabdruck dem anderen gleicht?«
»Ich habe davon gehört.«
»Nun, dann wollen Sie bitte den Abdruck mit diesem hier in Wachs vom rechten Daumen des jungen McFarlane vergleichen, der heute morgen auf mein Verlangen hin abgenommen wurde.«
Als er den Wachsabdruck neben den Blutfleck hielt, bedurfte es keines Vergrößerungsglases, um zu erkennen, daß die zwei unzweifelhaft vom sel ben Daumen stammten. Ich hielt es für offensichtlich, daß unser Klient verloren war.
»Das ist entscheidend«, sagte Lestrade.
»Ja, das ist entscheidend«, echote ich spontan.
»Es ist entscheidend«, sagte Holmes.
Etwas war in seiner Stimme, mein Ohr fing es auf, ich wandte mich um und sah ihn an. In seinem Gesicht hatte sich ein außerordentlicher Wandel vollzogen. Es zitterte vor innerer Heiterkeit. Seine Augen glänzten wie Sterne. Mir schien, er machte verzweifelte Anstrengungen, einen Lachanfall zurückzuhalten.
»Lieber Gott, lieber Gott!« sagte er schließlich. »Wer hätte das gedacht? Und wie trügerisch der Augenschein sein kann! Ein so nett anzusehender junger Mann! Das ist eine Lektion für uns, daß wir unserem Urteil nicht trauen sollen – nicht wahr, Lestrade?«
»Ja, einige von uns sind ein wenig zu sehr geneigt, übertrieben selbstsicher zu sein, Mr. Holmes«, sagte Lestrade. Die Unverschämtheit des Mannes konnte einen rasend machen, aber wir mußten sie hinnehmen.
»Welch glückliche Fügung, daß der junge Mann den Abdruck seines rechten Daumens auf der Wand hinterlassen hat, als er den Hut vom Haken nahm. Eine ganz normale Sache, wenn man sich’s recht überlegt.«
Holmes war äußerlich gelassen, aber ich merkte an der Art, wie er sprach, daß sein ganzer Körper vor unterdrückter Erregung bebte. »Übrigens, Le strade, wer hat die bemerkenswerte Entdeckung gemacht?«
»Die Haushälterin, Mrs. Lexington, sie lenkte die Aufmerksamkeit des Konstablers vom Nachtdienst darauf.«
»Und wo war der Konstabler?«
»Er hielt in dem Schlafzimmer Wache, wo das Verbrechen begangen worden ist. Er sollte darauf achten, daß nichts berührt würde.«
»Aber warum hat die Polizei den Fleck nicht schon gestern entdeckt?«
»Nun, wir hatten keinen besonderen Grund, die Halle besonders genau zu untersuchen. Und Sie sehen es ja auch, sie liegt weit vom Tatort entfernt.«
»Ja, ja, gewiß. Ich nehme an, es gibt keinen Zweifel daran, daß der Abdruck schon gestern vorhanden war?«
Lestrade sah Holmes an, als glaubte er, der verliere den Verstand. Ich bekenne, daß ich selber sowohl über die Heiterkeit meines Freundes wie über seine recht abwegige Bemerkung ziemlich erstaunt war.
»Ich weiß nicht, ob Sie annehmen, daß McFarlane in finsterer Nacht aus dem Gefängnis gekommen ist, um den Beweis gegen sich zu erhärten«, sagte Lestrade. »Ich überlasse es jedem Experten der Welt, zu beweisen, daß es nicht der Abdruck seines Daumens sei.«
»Ohne Frage ist es der Abdruck seines Daumens.«
»Das genügt«, sagte Lestrade. »Ich bin ein Praktiker, Mr. Holmes, und wenn ich meine Beweise habe, komme ich zu meinen Schlüssen. Wenn Sie noch etwas zu sagen haben: Sie finden mich im Wohnzimmer, wo ich meinen Bericht schreibe.«
Holmes hatte sein Gleichgewicht wiedergefunden, obwohl mir schien, daß die Fröhlichkeit noch in seinen Zügen nistete.
»Mein Gott, das ist eine sehr traurige Entwicklung, Watson, nicht wahr?« sagte er. »Und doch gibt es einzelne Punkte, die für unseren Klienten Hoffnung lassen.«
»Das freut mich zu hören«, sagte ich von Herzen. »Ich fürchtete schon, es sei ein für allemal um ihn geschehen.«
»Ich würde kaum soweit gehen, das zu sagen, mein lieber Watson. Tatsache ist, daß der Beweis, dem unser Freund soviel Wichtigkeit beimißt, einen schwerwiegenden Fehler darstellt.«
»Wirklich, Holmes? Und wo liegt der?«
»Für jetzt nur soviel: Ich
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