Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
Straße ein Trappeln und Rasseln herauf. Ich ging ans Fenster und sah einen stattlichen Wagen mit ebenso stattlichen Pferden; das Licht aus den strahlenden Lampen spiegelte sich auf den glänzenden Flanken der edlen Braunen. Ein Lakai öffnete den Schlag, und ein kleiner stämmiger Mann in einem Astrachan-Pelz stieg heraus. Eine Minute später stand er im Zimmer.
Charles Augustus Milverton war ein Mann von Fünfzig, er hatte einen großen intelligenten Schädel, ein rundes, dickes, bartloses Gesicht mit einem immerwährenden eiskalten Lächeln und scharfen grauen Augen, die hinter großen goldgefaßten Gläsern funkelten. In seinem Gebaren lag etwas von Mr. Pickwicks Gutmütigkeit, aber es wurde verdorben durch die Unehrlichkeit des erstarrten Lächelns und den harten Glanz der unruhigen durchdringenden Augen. Seine Stimme war so glatt und verbindlich wie seine Haltung, als er mit vorgereckter fetter kleiner Hand herantrat und sein Bedauern murmelte, daß er uns beim ersten Besuch verfehlt habe.
Holmes ließ die ausgestreckte Hand unbeachtet und betrachtete ihn steinernen Gesichts. Milvertons Lächeln geriet in die Breite; er zuckte die Schultern, legte den Mantel ab, arrangierte ihn mit größtem Bedacht über einer Stuhllehne und setzte sich nieder.
»Dieser Herr«, sagte er mit einer Bewegung zu mir hin, »ist er diskret? Geht das in Ordnung?»
»Dr. Watson ist mein Freund und Partner.«
»Also gut, Mr. Holmes. Ich habe nur im Interesse Ihrer Klientin darauf aufmerksam gemacht. Die Angelegenheit ist so sehr heikel…«
»Dr. Watson weiß Bescheid.«
»Dann kommen wir also zum Geschäftlichen. Sie teilten mir mit, Sie seien der Vertreter der La dy Eva. Sind Sie auch bevollmächtigt, meine Bedingungen anzunehmen?«
»Was sind Ihre Bedingungen?«
»Siebentausend Pfund.«
»Und was wird sonst?«
»Mein lieber Herr, es ist mir peinlich, darüber zu diskutieren; aber wenn das Geld bis zum 14. nicht eingegangen ist, wird am 18. natürlich keine Hochzeit stattfinden.« Sein unausstehliches Lächeln war selbstgefälliger denn je.
Holmes überlegte eine Weile. »Es kommt mir vor«, sagte er schließlich, »als seien Sie Ihrer Sache zu sicher. Ich bin natürlich mit dem Inhalt der Briefe vertraut. Meine Klientin wird auf jeden Fall tun, was ich ihr rate. Ich werde ihr empfehlen, ihrem zukünftigen Gatten die ganze Geschichte zu erzählen und auf seine Großmut zu vertrauen.«
Milverton kicherte.
»Sie kennen den Earl anscheinend nicht«, sagte er.
Aus der Verwirrung in Holmes’ Gesicht wurde mir klar, daß dem so war.
»Was steht denn Schlimmes in den Briefen?« fragte er.
»Sie sind munter – sehr munter«, antwortete Milverton. »Die Dame war eine bezaubernde Briefschreiberin. Aber ich kann Ihnen versichern, daß der Earl sie ganz und gar nicht angenehm finden wird. Wie auch immer: Da Sie anders denken, werden wir es damit bewenden lassen. Es ist nur eine rein geschäftliche Angelegenheit. Wenn Sie glauben, es liegt im Interesse Ihrer Klientin, die Briefe in die Hände des Earl gelangen zu lassen, dann wäre es wahrhaftig verrückt, soviel Geld zu zahlen, um sie wiederzubekommen.« Er stand auf und griff nach seinem Astrachan.
Holmes war grau vor Zorn und Demütigung.
»Watten Sie einen Moment«, sagte er. »Sie haben es zu eilig. Wir würden natürlich jede Anstrengung unternehmen, einen Skandal in einer so delikaten Angelegenheit zu vermeiden.«
Milverton ließ sich wieder in den Sessel fallen.
»Ich war fast sicher, Sie würden die Angelegenheit auch in diesem Licht sehen«, schnurrte er.
»Man muß in Betracht ziehen«, fuhr Holmes fort, »daß Lady Eva keine wohlhabende Frau ist. Ich versichere Ihnen, daß zweitausend Pfund ihr Vermögen erschöpfen würden und daß die Summe, die Sie genannt haben, ihre Kräfte vollends übersteigt. Ich bitte Sie deshalb, Ihre Forderung herunterzuschrauben und die Briefe zu dem Preis zurückzugeben, den ich Ihnen vorgeschlagen habe und der, darauf gebe ich Ihnen mein Wort, der höchste ist, den Sie erzielen können.«
Milverton lächelte breit und zwinkerte humorvoll.
»Ich bin mir bewußt, daß das, was Sie vom Vermögen der Dame sagen, stimmt«, sagte er. »Gleichzeitig müssen Sie zugeben, daß die Gelegenheit ihrer Heirat für ihre Freunde und Verwandten sehr günstig ist, ihr ein wenig zukommen zu lassen. Sie werden nicht zögern, ihr ein passendes
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