Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3

Titel: Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
eigenen, Laufbahn. Der Leser wird entschuldigen, daß ich das Datum sowie jedes andere Faktum verschweige, welches zur Entdeckung des wirklichen Vorfalls führen könnte.
      Holmes und ich waren eine Stunde lang auf unserem Abendspaziergang unterwegs gewesen und gegen sechs Uhr zurückgekehrt; es war ein kalter, frostiger Winterabend. Als Holmes die Lampe anzündete, fiel das Licht auf eine auf dem Tisch liegende Visitenkarte. Er betrachtete sie flüchtig, warf sie dann aber in plötzlichem Ärger zu Boden. Ich nahm sie auf und las:
    Charles Augustus Milverton
Appledore Towers Hampstead
Agent

    »Wer ist das?« fragte ich.
      »Der schlechteste Mann von London«, antwortete Holmes, setzte sich und streckte die Beine vorm Kaminfeuer aus. »Steht etwas auf der Rückseite?«
      Ich drehte die Karte um.
      »Werde um sechs Uhr dreißig vorsprechen – C. A. M.«, las ich vor.
      »Hm! Dann wird er gleich hiersein. Kennen Sie diesen herankriechenden Schauder, Watson, wenn Sie im Zoo vor den Schlangen stehen, den glänzenden, gleitenden, giftigen Tieren mit ihren tödlichen Augen und den boshaften breiten Gesichtern? Solch ein Gefühl habe ich auch bei Milverton. Ich habe beruflich mit fünfzig Mördern zu tun gehabt, aber nicht einmal der schlimmste von ihnen flößte mir den Abscheu ein, den ich vor diesem Burschen empfinde. Und doch kann ich es nicht vermeiden, mich geschäftlich mit ihm einzulassen – damit nicht genug, er kommt, weil ich ihn eingeladen habe.«
      »Aber wer ist er?«
      »Ich werd es Ihnen sagen, Watson. Er ist der König aller Erpresser. Der Himmel steh dem Mann bei und mehr noch der Frau, deren Geheimnis und Ruf Milverton in seine Gewalt bekommt. Mit lächelndem Gesicht und einem Herz von Stein wird er sie ausquetschen wie eine Zitrone. Der Bursche ist genial in seiner Art und hätte in einem geschmackvolleren Gewerbe Vorzügliches leisten können. Seine Methode ist die: Er läßt wissen, daß er zur Zahlung sehr hoher Summen für Briefe bereit ist, die reiche oder prominente Personen kompromittieren. Seine Ware erhält er nicht nur durch treulose Diener und Hausmädchen, sondern oft auch von vornehmen Schurken, die die Zuneigung und Liebe vertrauensseliger Frauen gewonnen haben. Er zahlt durchaus nicht knauserig. Zufällig weiß ich, daß er einem Lakai siebenhundert Pfund für eine Mitteilung von zwei Zeilen Länge bezahlt hat, das Ergebnis war der Ruin einer vornehmen Familie. Alles, was sich auf dem Markt befindet, gelangt an Milverton, und es gibt Hunderte in dieser großen Stadt, die bei seinem Namen erbleichen. Kein Mensch weiß, wo er zuschlagen wird, denn er ist viel zu reich und viel zu schlau, als daß er von der Hand in den Mund arbeitete. Jahrelang hält er eine Karte zurück, um sie in dem Moment auszuspielen, da sie den fettesten Stich zu machen verspricht. Ich sagte, er ist der schlechteste Kerl von ganz London, und ich frage Sie, wie man den Strolch, der in der Wut seinen Kumpan niederknüppelt, mit diesem Mann vergleichen soll, der, planmäßig und wenn es ihm gerade paßt, Seelen foltert und an Nerven zerrt mit dem Ziel, seine bereits prallen Geldsäcke weiter aufzufüllen.«
      Selten hatte ich meinen Freund mit solch starkem Beteiligtsein sprechen hören.
      »Aber der Bursche muß doch«, sagte ich, »vom Gesetz her zu fassen sein.«
      »Theoretisch zweifellos, praktisch nicht. Was nützt es zum Beispiel einer Frau, ihn für einige Monate ins Gefängnis gebracht zu haben, wenn ihr eigenes Verderben unmittelbar darauf folgen muß? Seine Opfer wagen sich nicht zu wehren. Wenn er jemals einen Unschuldigen erpreßte, ja, dann hätten wir ihn; aber er ist schlau wie der Teufel. Nein, nein, wir müssen andere Wege finden, ihn außer Gefecht zu setzen.«
      »Und weshalb kommt er?«
      »Weil eine in der Gesellschaft bekannte Klientin ihren traurigen Fall in meine Hände gelegt hat. Es ist Lady Eva Brackwell, die schönste Debütantin der letzten Saison. In vierzehn Tagen soll sie dem Earl of Dovercourt angetraut werden. Unser Unhold nun besitzt mehrere unbedachte Briefe – unbedachte Briefe, Watson, nichts Schlimmeres –, geschrieben an einen unvermögenden jungen Landadligen. Sie würden genügen, die Heirat zu verhindern. Milverton wird die Briefe dem Earl schicken, wenn ihm nicht ein großer Betrag ausgezahlt wird. Ich bin beauftragt worden, mich mit ihm zu treffen und die bestmöglichen Bedingungen auszuhandeln.«
      In dem Moment drang von der

Weitere Kostenlose Bücher