Die Wiederkehr von Sherlock Holmes, Bd. 3
tobte gegen die Fenster, kehrte er von seinem letzten Erkundungsgang zurück, setzte sich, nachdem er seine Maskierung abgelegt hatte, an den Kamin und lachte herzlich auf seine leise, zurückhaltende Art.
»Sie würden mich nicht für einen Bräutigam halten, Watson?«
»Nein, natürlich nicht!«
»Es wird Sie vielleicht interessieren zu hören, daß ich verlobt bin.«
»Mein lieber Junge, ich beglückw…«
»Mit Milvertons Hausmädchen.«
»Lieber Himmel, Holmes!«
»Ich brauchte Auskünfte, Watson.«
»Sind Sie da nicht zu weitgegangen?«
»Es war ein unbedingt notwendiger Schritt. Ich bin ein Klempner mit aufstrebendem Geschäft, mein Name ist Escott. Ich bin mit ihr jeden Abend ausgegangen und habe mich mit ihr unterhalten. Lieber Himmel, was für Gespräche! Allerdings habe ich alles Gewünschte erfahren. Ich kenne Milvertons Haus wie meine Westentasche.«
»Aber das Mädchen, Holmes?«
Er zuckte die Schultern. »Es ist nicht zu ändern, mein lieber Watson. Man muß seine Karten spielen, so gut man kann, wenn so ein Stich auf dem Tisch liegt. Jedoch darf ich zu meiner Freude sagen, daß ich einen wütenden Rivalen habe, der mich bestimmt ausstechen wird, sobald ich den Rücken kehre. Was für eine prächtige Nacht!«
»Ihnen gefällt das Wetter?«
»Es paßt zu meinem Vorhaben. Watson, ich beabsichtige, diese Nacht in Milvertons Haus einzubrechen.«
Mir stockte der Atem, und die Haut wurde mir kalt bei diesen Worten, die langsam und äußerst entschlossen vorgebracht worden waren. Wie ein Blitz in der Nacht für einen Augenblick jede Einzelheit einer weiten Landschaft sichtbar macht, so sah ich jetzt mit einem Blick jede mögliche Folge einer solchen Handlung – das Ertapptwerden, die Verhaftung, das Ende einer geachteten Karriere in nicht wieder gutzumachendem Mißerfolg und untilgbarer Schande, und meinen Freund der Gnade des widerwärtigen Milverton ausgeliefert.
»Um Himmels willen, Holmes, bedenken Sie, was Sie tun!« rief ich.
»Mein lieber Freund, ich habe es nach allen Seiten bedacht. Ich pflege niemals übereilt zu handeln, und nie würde ich einen so kräftezehrenden und zugestandenermaßen gefährlichen Weg einschlagen, wenn ich anders zum Ziel käme. Betrachten wir die Sachlage klar und ruhig. Ich nehme an, daß Sie das Unternehmen für moralisch gerechtfertigt halten, obwohl es faktisch kriminell ist. In sein Haus einzubrechen, das ist nichts anderes, als ihm gewaltsam die Brieftasche wegzunehmen, ein Anschlag, bei dem Sie mich ja zu unterstützen bereit waren.«
Ich bewegte die Worte in meinem Geist.
»Ja«, sagte ich, »man kann es moralisch rechtfertigen, solange wir nur das nehmen, was zu gesetzwidrigem Zweck verwandt wird.«
»Genau. Da das Vorhaben moralisch gerechtfertigt ist, habe ich nur noch die Frage des persönlichen Risikos zu bedenken. Doch sollte ein Gentleman diesem Punkt allzuviel Gewicht beilegen, wenn eine Dame derart verzweifelt auf seine Hilfe angewiesen ist?«
»Sie werden bald in einer ebenso verqueren Lage sein.«
»Gut, soviel zum Risiko. Es gibt keine andere Möglichkeit, die Briefe zurückzubekommen. Die unglückliche Dame besitzt das Geld nicht, und in ihrer Verwandtschaft ist niemand, dem sie vertrauen könnte. Morgen läuft die Galgenfrist ab, und wenn wir heute abend die Briefe nicht haben, wird der Schuft sein Wort wahr machen und sie ins Elend stürzen. Ich muß entweder meine Klientin ihrem Schicksal überlassen oder diese letzte Karte spielen. Unter uns, Watson: Das ist ein sportlicher Zweikampf zwischen diesem Burschen Milverton und mir. Er hat, wie Sie erlebten, die erste Runde gewonnen, aber ich schulde es meiner Selbstachtung und meinem Ruf, die Sache bis zum Ende durchzufechten.«
»Mir gefällt das ganz und gar nicht, ich nehme aber an, es muß sein«, sagte ich. »Wann brechen wir auf?«
»Sie kommen nicht mit.«
»Dann gehen Sie auch nicht«, sagte ich. »Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort – und nie im Leben habe ich mein Wort gebrochen –, daß ich mir eine Droschke nehme und geradewegs zum Polizeire vier fahre und Sie anzeige, wenn Sie mich an diesem Abenteuer nicht teilnehmen lassen.«
»Sie können mir nicht helfen.«
»Wie wollen Sie das wissen? Sie können doch nicht voraussehen, was alles geschieht. Wie auch immer, mein Entschluß steht fest. Nicht nur Sie, auch andere Leute haben Selbstachtung und sogar einen Ruf zu
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