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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wenige
Augenblicke darauf bückten sie sich und schlüpften hintereinander
durch die niedrige Öffnung in der Kellerwand. Der Gang, der daran
grenzte, war so schmal, dass Andrej allen Ernstes fürchtete, Abu Dun
könne mit seinen breiten Schultern einfach darin stecken bleiben.
Als sie ihn überwunden hatten, wurde das Licht heller, kam aber
nun aus zwei verschiedenen Richtungen: der Feuerschein von links
und das gedämpfte Tageslicht von rechts. Von dort drang auch der
Kampflärm an ihre Ohren.
Abu Dun machte ihnen ein Zeichen zurückzubleiben und verschwand rasch und gebückt nach rechts, um schon nach wenigen
Augenblicken zurückzukehren. »Von Salm hat Recht«, flüsterte er.
»Dort vorne droht die Decke einzustürzen. Ein paar kräftige Männer
mit ein paar noch kräftigeren Balken wären vielleicht nicht
schlecht.«
»Türken?«, fragte Andrej.
Abu Dun schüttelte den Kopf. »Die Explosion hat ein hübsches
Loch gerissen«, sagte er, »aber anscheinend auch gleich wieder verschüttet. Da kommt keiner durch.« Das war es, was er sagte. Sein
Blick behauptete etwas anderes, und Andrej beantwortete ihn auf die
gleiche lautlose Art.
Laut - und einzig für die Ohren des Leutnants bestimmt - verkündete er: »Dann sollten wir schnellstens einen Bautrupp anfordern, bevor
uns der Himmel auf den Kopf fällt.« Er wandte sich direkt an den
jungen Soldaten. »Geht bitte und kümmert Euch darum, bevor wirklich noch ein Unglück geschieht.«
Der Mann verschwand so schnell, als hätte er nur auf dieses Stichwort gewartet. Andrej sah ihm nach, bis seine Schritte verklungen
waren und wandte sich dann wieder an Abu Dun. »Frederic?«
Aber Dun hob unglücklich die Schultern. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Irgendetwas ist da vorn… aber ich kann nicht sagen, was.«
Er wiederholte sein Schulterzucken und fügte missmutig hinzu: »So
etwas habe ich noch nie erlebt. Irgendetwas ist da - mehr kann ich
nicht sagen.«
»Ja«, murmelte Andrej. »Ich kenne das Gefühl.« Instinktiv legte er
die Hand auf den Schwertgriff und machte einen Schritt, blieb aber
dann noch einmal stehen und wandte sich in die entgegengesetzte
Richtung, aus der der rote Fackelschein kam. Er lauschte einen Moment lang konzentriert, vermochte aber trotz seines scharfen Gehörs
nichts Verdächtiges wahrzunehmen. Schließlich drehte er sich wieder um und gab Abu Dun ein Zeichen.
»Habe ich mich freiwillig für diese Expedition gemeldet oder du?«,
maulte der Nubier.
»Ich habe dich freiwillig gemeldet«, sagte Andrej betont. »Und ich
bin der Ältere, also gehst du voran. Außerdem bin ich verletzt.«
»Das könnte auch noch viel schlimmer werden«, fügte Abu Dun
finster hinzu. »Und vor allem schmerzhafter.«
»Du würdest doch wohl keinen Krüppel schlagen?«, fragte Andrej
mit gespielter Empörung.
Abu Dun dachte einen Atemzug lang ernsthaft über diese Frage
nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein«, sagte er. »Jedenfalls im
Moment nicht.«
Andrej wiederholte grinsend seine Aufforderung, endlich loszugehen, und diesmal gehorchte Abu Dun sofort. Was immer dort vorn
auf sie wartete - es verursachte ihnen Angst.
Der Tunnel machte eine Biegung, dann traten sie in einen etwas
größeren Raum unbekannten Bestimmungszweckes, dessen gegenüberliegende, vielleicht zwanzig Schritt entfernte Wand eingestürzt
war. Andrej wusste sofort, wo sie waren: Die gemauerte Decke der
Kammer hing durch wie ein nasses Tuch, auf dem sich das Regenwasser angesammelt hatte. Tageslicht drang durch die Risse und
Sprünge, Staub tanzte in den flirrenden Lichtflecken und der durchdringende Gestank nach verbranntem Schießpulver reizte zum Husten. Etliche Steine hatten sich schon bedrohlich gelockert und hingen
schräg und zum Herabstürzen bereit aus der Decke. Gedämpftes
Stimmengewirr drang zu ihnen, Schreie, trampelnde Schritte und
auch vereinzeltes Waffengeklirr. Sie waren unmittelbar unter der
Stelle, die von Salm so besorgt betrachtet hatte.
»Du hattest Recht«, sagte er halblaut. »Ein paar kräftige Balken wären jetzt vielleicht angebracht.«
Abu Dun bedeutete ihm mit einer hastigen Geste, still zu sein und
wies gleichzeitig nach links. Auch von dort drangen gedämpfte Laute, aber Andrejs scharfes Gehör vermochte sie nicht zu identifizieren.
Dafür spürte er umso deutlicher, was Abu Dun so zu beunruhigen
schien. Dort vorne war etwas. Etwas, das nicht hierher gehörte. Nicht
in diesen Keller, nicht in diese Stadt und nicht in

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