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Die Wiederkehr

Die Wiederkehr

Titel: Die Wiederkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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meinst du?«
Tatsächlich dachte Andrej einen Moment über Abu Duns Vorschlag
nach, obwohl er sich kaum vorstellen konnte, dass dieser ernst gemeint gewesen war. Abu Dun war so wenig ein Meuchelmörder wie
er - und davon abgesehen wäre die Übermacht zu groß gewesen.
Wenn dort tatsächlich Sultan Soliman stand, der Kommandant des
türkischen Heeres, das Wien nun schon seit mehr als zwei Wochen
belagerte, dann hatte er vermutlich die besten seiner Krieger zu seinem Schutz mitgebracht. Er schüttelte den Kopf.
»Vielleicht nimmt uns Frederic ja die Arbeit ab«, murmelte Abu
Dun mit gespielter Enttäuschung. »Aber die tausend Goldstücke gehören trotzdem mir, wenn wir seinen Kopf mitbringen.« Er warf dem
Leutnant einen drohenden Blick zu, den dieser mit einem überhasteten Kopfnicken beantwortete. Andrej schüttelte mit einem lautlosen
Seufzen den Kopf.
Soliman hatte sich Frederic mittlerweile auf zwei Schritte genähert
und blieb stehen. Der Blick seiner dunklen, sehr wachen Augen glitt
rasch und taxierend über Frederics Gesicht und versuchte dann vergeblich, die Dunkelheit hinter ihm zu durchdringen. »Ihr kommt allein?«, fragte er schließlich. Seine Stimme klang nicht sehr erfreut.
»Wo sind die hundert guten Männer, die ich Euch mitgegeben habe?«
Hundert Männer? Andrej tauschte einen Blick mit Abu Dun, erntete aber nur ein Achselzucken, während der Leutnant sie verständnislos ansah. Soliman hatte arabisch gesprochen, eine Sprache, die sowohl Andrej als auch Abu Dun perfekt beherrschten, er jedoch offensichtlich nicht.
Frederic antwortete in derselben Sprache: »Sie sind ganz in der Nähe, keine Sorge.« Er hob die Schultern. »Ich bin allein aufgebrochen,
als mich Eure Nachricht erreichte. Mir war nicht klar, dass ich unter
Umständen Schutz benötigen könnte.«
Andrej war zu weit entfernt, um zweifelsfrei in Solimans Gesicht
lesen zu können, aber die Stimme des Sultans hatte deutlich an
Schärfe gewonnen, als er antwortete. »Ich habe nach Euch geschickt,
um mich nach dem Erfolg Eurer Mission zu erkundigen. Ihr hattet
versprochen, mir die Stadt binnen zweier Wochen zu Füßen zu legen.
Die zwei Wochen sind um, aber unter meinen Füßen ist noch immer
nicht mehr als der Staub meines Feldlagers.«
»Ganz zweifellos bedeckt von einem kostbaren Teppich«, sagte
Frederic spöttisch. »Es gab einige unvorhergesehene Hindernisse, die
ich jedoch schon beseitigt habe.«
»Unvorhergesehene Hindernisse?«, wiederholte Soliman in nachdenklichem Ton. Er nickte. »Wie Euren Landsmann, der die Verteidiger unterstützt und meine Truppen ganz allein zurückzuschlagen
scheint?«
»Ihr seid gut informiert, Sultan«, sagte Frederic.
»Ich bin vor allem nicht blind«, antwortete Soliman. »Ich warne
Euch. Ich bin den Pakt mit Euch gegen die Stimmen meiner Berater
eingegangen. Treibt kein falsches Spiel mit mir. Ich würde mich
höchst ungern gezwungen sehen, vor meine Generäle zu treten und
eingestehen zu müssen, dass ich mich geirrt habe. Das würde mir
nicht gefallen.«
Frederic machte einen abfälligen Laut. »Haben Euch Eure Generäle
auch zu diesem vollkommen schwachsinnigen Angriff geraten, Sultan?«, fragte er.
Soliman erbleichte. »Was erdreistet Ihr…«
»Verzeiht, wenn ich mich im Wortlaut vergriffen habe, Sultan«, unterbrach ihn Frederic - in einem Ton, der seine Entschuldigung schon
wieder zu einer Beleidigung machte. »Ich konnte mir nur nicht vorstellen, dass Ihr alles vergessen habt, was wir so sorgsam besprochen
haben.« Er schüttelte zornig den Kopf »Welcher Eurer Generäle auch
immer Euch zu dieser Aktion geraten hat, Ihr solltet ihn auspeitschen
und zum gemeinen Soldaten degradieren lassen, Sultan. Meine Vorbereitungen sind nahezu abgeschlossen. Noch wenige Tage, und ich
kann Euch und Eure Krieger sicher durch diese Tunnel bis ins Herz
von Wien führen. Was, wenn von Salm nun Soldaten hierher schickt
und unser Plan entdeckt wird? Dann wären nicht nur die hundert guten Männer verloren, um die ihr Euch so sorgt, sondern auch unser
Plan zum Scheitern verurteilt.«
Trotz des unverschämten Tons, der allein jeden anderen den Kopf
gekostet hätte, blieb Soliman nicht nur ruhig, sondern verfiel für eine
ganze Weile auch in nachdenkliches Schweigen. »Und was verlangt
Ihr nun?«, fragte er schließlich.
»Noch wenige Tage«, antwortete Frederic. Einen Moment lang
stockte er. Sein Blick tastete aufmerksam durch die dunkle Halle.
Andrej hielt unwillkürlich den Atem an.

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