Die Wiederkehr
den
Grafen ansah.
»Nun geht schon«, murrte von Salm. »So alt und gebrechlich bin
ich noch nicht, dass ich den Weg zurück allein nicht mehr finde.«
Der Leutnant verharrte noch einen letzten Atemzug lang, drehte
sich dann aber auf dem Absatz herum und deutete auf die steile
Treppe, über die sie auch heraufgekommen waren.
»Es ist doch ein schönes Gefühl, wenn jemand da ist, der sich Sorgen um einen macht«, sagte Andrej spöttisch, während sie dem Leutnant die ausgetretenen Stufen hinunter und durch die schmalen, hoffnungslos verstopften Gassen folgten.
»Ja, es tut gut, Freunde zu haben«, fügte Abu Dun in noch spöttischerem Ton hinzu. »Vor allem, wenn sie einen immer wieder zu
selbstmörderischen Aktionen treiben.«
Ihr Führer warf ihnen einen schrägen Blick zu, enthielt sich aber
jeglichen Kommentars und schritt nur noch schneller aus. Für eine
kurze Weile wurde das Gedränge in den Gassen so schlimm, dass
Abu Dun vorschlug, sein Schwert zu ziehen, um ihnen den Weg freizumachen. Dann betraten sie ein leer stehendes Gebäude, das früher
einmal prachtvoll gewesen sein musste, jetzt aber derart mit Schutt
und zerbrochenen Möbeln übersät war, dass sie mühsam darüber
hinwegklettern mussten, bis sie eine schmale, zusätzlich mit Brettern
vernagelte Tür in der rückwärtigen Wand erreichten. Der Leutnant
zog seinen Dolch, um die Nägel aus den Brettern zu ziehen, aber
Abu Dun schob ihn mit sanfter Gewalt zur Seite und öffnete die Tür
auf seine Art: Er trat sie ein.
Dahinter kam eine steil nach unten führende Treppe zum Vorschein. Abgestandene und nach Moder riechende Luft drang aus der
Tiefe zu ihnen empor, aber auch flackernder Feuerschein und ein
Durcheinander dumpfer Geräusche, von denen Andrej ziemlich sicher war, dass sie nicht in einen normalen Keller gehörten.
»Wenigstens brauchen wir uns nicht den Kopf zu zerbrechen, wo
wir Licht herbekommen«, knurrte Abu Dun. »Also los!« Er zog sein
Schwert und stürmte mit wehendem Burnus die Treppe hinunter.
Auch der junge Leutnant zog sein Schwert, aber Andrej hielt ihn
mit einer Kopfbewegung zurück, als er sich auf den Weg machen
wollte. »Bleibt immer direkt hinter mir«, ordnete er an. Der Mann
wirkte erleichtert, zeigte aber auch deutliche Anzeichen von schlechtem Gewissen, sodass Andrej rasch hinzufügte: »Ich fühle mich besser, wenn jemand meinen Rücken deckt.«
Abu Dun wartete in einem lang gestreckten, vollkommen leeren
Gewölbekeller auf sie. Brandgeruch lag in der Luft. Die Geräusche
waren deutlicher geworden: Es war der Lärm des Kampfes, der auf
der Straße über ihren Köpfen tobte - aber er erscholl nicht von oben,
sondern aus derselben Richtung, aus der der Brandgeruch kam.
Abu Dun, der ihre Schritte gehört hatte, hob warnend die linke
Hand und deutete gleichzeitig mit dem Schwert in der anderen nach
vorn. Andrej bedeutete dem Leutnant noch einmal, hinter ihm zu
bleiben, und trat dann lautlos neben den Nubier.
Selbst Andrejs empfindliche Augen erahnten den schwachen Lichtschimmer mehr, als dass sie ihn sahen, eine Mischung aus Tageslicht
und dem roten Flackern von brennendem Holz, das durch eine unsauber in die Rückwand des Kellers gebrochene Öffnung drang.
Auch die Geräusche kamen von dort.
»In dieser Richtung liegt die Mauer«, erklärte der Leutnant.
»Prima«, knurrte Abu Dun. »Und nun sei still oder ich reiße dir die
Zunge heraus.«
»Das ist nur seine Art anzumerken, dass wir jetzt besser leise sein
sollten«, sagte Andrej hastig. »Aber er hat Recht. Keinen Laut mehr
jetzt.«
»Es wäre besser, wenn er hier bleibt«, nörgelte Abu Dun, und
diesmal waren die Worte ernst gemeint. Im Stillen pflichtete Andrej
ihm bei. Stießen sie auf türkische Truppen, die auf diesem Weg in
die Stadt eingedrungen waren, dann machte ein weiteres Schwert
keinen Unterschied. Trafen sie hingegen auf Frederic und seine untoten Kreaturen, dann war ihnen der junge Soldat eher hinderlich. So
oder so - sie brauchten ihn nicht.
»Kennt Ihr Euch hier unten aus?«, fragte er.
Der Leutnant antwortete mit einer Bewegung, die ebenso gut ein
Schulterzucken wie ein zögerndes Nicken sein konnte. »Ein wenig.«
Andrej überlegte noch einen kurzen Moment, dann bedeutete er
dem Soldaten noch einmal mit einer stummen Geste, still zu sein,
und anschließend Abu Dun, weiterzugehen. Der Nubier machte keinen Hehl daraus, wie wenig einverstanden er mit Andrejs Entscheidung war, setzte sich aber gehorsam in Bewegung, und nur
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