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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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weit aus dem Boden ragte.
    »Eine letzte Sache noch.« Kirner legte eine Visitenkarte auf die Bank. »Wenn Larsen oder Friederike van Deeren auftauchen, dann rufen Sie mich an.«
    »Ich habe kein Telefon«, erwiderte Töngen.
    »Dann sagen Sie ihnen, dass sie sich bei mir melden sollen, bevor alles nur noch schlimmer wird. Ein Mordanschlag ist eine böse Sache.«
    Kirner wusste, dass Töngen die beiden informieren würde, aber auf einen Anruf von Larsen würde er wohl umsonst warten. Für ihn war die Sache klar: Larsen steckte hinter dem Briefbombenattentat. Trotzdem musste er die Fahndung nach Friederike van Deeren aufrechterhalten, und die Untersuchungshaft würde ihr wohl auch nicht erspart bleiben.
    Auf die Sache mit dem Schiff, von der Töngen geredet hatte, konnte Kirner sich keinen Reim machen. Den Gedanken, den Schäfer überwachen zu lassen, verwarf er. Er glaubte dem Mann. Vielleicht, aber auch nur, weil es in dieser Jahreshälfte nicht ganz so einfach war, hinaus auf die Inseln zu kommen.
    Er hielt inne und schaute sich um. Der Hafen war in Sicht und das Wasser glitzerte im Sonnenlicht. Eine Frage hatte sich aus seinen Überlegungen ergeben, die ihn nicht mehr losließ. Er schaute auf die Uhr, es war fast eins. Sollte er noch einmal umdrehen und zurück zu Töngen gehen?
    Ein schrilles Pfeifen riss ihn aus seinen Gedanken. Eine rot lackierte Lok mit drei kleinen Waggons fuhr in Richtung Dorf an ihm vorbei. Er wunderte sich darüber, doch dann erblickte er im Hafen die kleine Fähre, die abgelegt hatte und sich langsam in Richtung des Hafentors schob.
    Damit war seine Frage schon beantwortet.
    *
    Rike hatte Cordes Wagen auf dem großen Parkplatz vor dem Bahnhof abgestellt und in dem Glasgebäude gewartet, bis ein Bediensteter der Fährgesellschaft erschien. Von ihm erfuhr sie, dass die Versorgungsfähre für Langeoog um die Mittagszeit auslaufen würde. Sie setzte sich auf eine Bank und freute sich über die Sonne, deren Strahlen durch das Glas verstärkt ihren Rücken wärmten. Nach einer Weile war ein verliebtes Pärchen in winterfester Kleidung und mit Rucksack erschienen. Kurz darauf betraten eine Frau und vier Jugendliche das Gebäude. Es gab auch im Winter Passagiere, die eine Überfahrt auf eine der Inseln buchten. Urlauber, Familienangehörige oder auch nur Besucher der Insulaner. Als es schließlich Mittag wurde, hatten sich drei weitere Fahrgäste eingefunden, ein alter Mann und zwei Frauen. Eine davon trug Nonnentracht.
    Rike genoss den Tag. Der blaue, wolkenlose Himmel erhellte ihre Stimmung. Trotzdem blickte sie sich ab und zu um und suchte mit wachem Blick den Parkplatz ab. Der dunkle BMW ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
    Schließlich ertönte eine grelle Glocke und eine Frauenstimme forderte die Passagiere für Langeoog auf, die Fähre über den Landungssteg 2 aufzusuchen. Rike reihte sich in die Personengruppe ein. Noch einmal schaute sie sich suchend um. Plötzlich lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Auf der Fähre stand ein Mann an der Reling, ein muskelbepackter Kerl mit Brille. Es war der Mann aus dem BMW, der mitten in der Nacht an ihrer Tür gewesen war. Rike überlegte fieberhaft, was sie tun konnte. Die Menschen gingen an ihr vorbei und strebten auf den gläsernen Steg zu. Sollte sie umkehren?
    Wenn der Kerl schon an Bord war, wusste er auch, welche Insel sie ansteuerte. Die Fähren nach Norderney und Baltrum waren längst abgefahren, sie konnte nur nach Langeoog wollen. Aber wusste der Kerl auch von Töngen? Aus den Augenwinkeln musterte sie den Mann. Er hatte eine auffallend bleiche Haut und wirkte ein wenig einfältig, daran änderte auch die viel zu protzige Brille nichts. Er verbarg seine Hände in den Taschen seiner Jacke. Wahrscheinlich steckte darunter sogar eine Waffe.
    Zögernd ging Rike an Bord, immer darauf bedacht, dem Fremden keinen allzu auffälligen Blick zu schenken. Offenbar war der Mann sich sicher, dass ihn Rike nicht erkennen würde, denn er blieb direkt neben dem Zugang stehen. Ein lautes Hupen zerriss die Stille. Rike fuhr zusammen. Das Zeichen zum Ablegen. Noch bevor die Landungsbrücke zurückgezogen worden war, kam ein weiterer Passagier an Bord. Ein Mann um die vierzig, groß und mit einem dunklen Kinnbart. Er ging an ihr vorüber und nickte ihr dabei freundlich zu.
    Rike wartete noch eine Weile, bevor sie unter Deck ging und inmitten der Sitzbänke einen Platz belegte. Der Mann mit der Brille folgte ihr und setzte sich am Eingang auf eine

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