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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Spitzenverdienst in einer noblen Münchner Firma arbeiten und einen Porsche fahren.
    Seine Spielleidenschaft hatte ihm diese Erfolgsaussicht genommen. Er spielte nicht an den Spieltischen oder in einschlägigen Clubs, sondern in engen Kellerräumen, in muffigen Zimmern oder in öden, abgeschiedenen Appartements. Alles, was er dazu brauchte, waren Strom, ein Internetanschluss und der graue, summende Kasten, der zum Mittelpunkt seines Lebens geworden war. Es gab genügend Möglichkeiten für einen echten Computerfreak. Und in dem Metier, in dem er sich verdingte, fragte niemand nach einem Abschluss.
    »Ich glaube, ich kann die verlorenen Datenstränge regenerieren.« Die Assel zuckte nervös mit dem Auge. Ein Tribut an die langen Nächte vor dem Computerbildschirm. »Mit den Basisdaten und dem Abgleich aus den Dateien des Deutschen Wetterdienstes müsste ich es schaffen. Wird nur noch ein bisschen dauern. Ich schätze, zwei bis drei Wochen.«
    Romanow schaute auf die vier Bildschirme, über die undefinierbare Zahlenreihen huschten. »Zwei Wochen, mehr haben wir nicht. Ich muss dir wohl nicht sagen, wie wichtig das Ganze ist.«
    Die Assel nahm einen großen Schluck Cola, dann flogen die Finger wieder über die Tastatur. Auf einem der Bildschirme stoppten die Zahlenkolonnen und eine neue Maske tat sich auf. Wenig später erschien das Logo des Deutschen Wetterdienstes auf dem Monitor. Die Assel drückte auf die Eingabetaste. Ein graues Fenster öffnete sich. Starting Download-Sequenz, hieß es in roten Buchstaben.
    Romanow wandte sich um und ging zur Tür. »Ich verlasse mich auf dich«, sagte er, bevor er mit angespanntem Lächeln durch die Stahltür verschwand.
    *
    Martin Trevisan saß mit Johannes Hagemann und Dietmar Petermann am langen Konferenztisch im zweiten Stock des Dienstgebäudes in der Peterstraße und malte mit dem Kugelschreiber kleine Kreise in seinen Notizblock. Seine Gedanken drehten sich um Paula. Tante Klara hatte ihm ohne Umschweife zugesichert, sich um seine Tochter zu kümmern. Sie freute sich darauf. Doch Trevisan war skeptisch. Was sollte er mit Paula unternehmen, wenn er mitten in Mordermittlungen steckte und das 1. Fachkommissariat nur aus einer Rumpfmannschaft bestand? Er schaute auf den freien Stuhl neben sich. Kollege Sauter war nicht aufgetaucht. Johannes hatte die Sache auf sich beruhen lassen. Trevisan hatte sich vorgenommen, Sauter bei der nächsten Begegnung die Leviten zu lesen. Es war eine Frechheit, das Kommissariat und die Kollegen einfach hängen zu lassen.
    »… in den Vermisstendateien gibt es bundesweit sechs Fälle, die in Frage kämen, aber bei uns im Norden – Fehlanzeige«, beendete Dietmar Petermann seinen Monolog.
    »Jemand eine Idee?«, fragte Johannes Hagemann, der gegenüber von Trevisan Platz genommen hatte. Der Stuhl an der Stirnseite war verwaist, seit Bornemann bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war.
    »Die Klamotten?«, fragte Dietmar.
    »Einheitsware aus Billigläden«, antwortete Johannes.
    »Dann bleibt eigentlich nur abzuwarten, bis sich die Kollegen aus Baden-Württemberg melden«, entgegnete Dietmar.
    Trevisan schaute aus dem Fenster.
    Johannes Hagemann musterte ihn. »Mensch, Martin, was ist denn los mit dir? Du bist überhaupt nicht bei der Sache.«
    Trevisan zuckte zusammen. »Entschuldigt, ich war in Gedanken.« Er atmete tief ein. »Wir haben nicht viel in der Hand. Wir haben die Leiche eines etwa dreißigjährigen Mannes, der offenbar ertrunken ist. Wir kennen weder seine Herkunft noch seine Identität, aber wir wissen, dass er vor seinem Tod gefoltert wurde und dass er gefesselt war. Der Tod dürfte vor drei bis vier Wochen eingetreten sein. Spuren sind nicht vorhanden, seine Kleidung bringt uns nicht weiter und den Strick, mit dem er gefesselt war, kann man in jedem Baumarkt kaufen. Der einzige vage Hinweis ist der Rucksack mit der Chipkarte. Aber selbst der muss nicht unbedingt mit dem Fall in Verbindung stehen.«
    Johannes Hagemann verzog das Gesicht. »Fängst du jetzt auch schon an, Vorträge zu halten? Das wissen wir doch schon alles.«
    Trevisan erhob sich und ging ans Fenster. »Vor drei Wochen habe ich meinen Vater begraben. Ich weiß es noch ganz genau. Anfang Dezember war es kalt, regnerisch und ungemütlich. Aber der Tote trägt nur ein Sweatshirt. Wo ist seine Jacke?«
    »Was willst du damit sagen?«, fragte Johannes.
    »Vielleicht stammt er aus der Gegend um den Hafen.«
    »Ich frage mich, warum er nicht vermisst wird«, mischte

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