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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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verarscht wie damals in Hamburg«, fiel ihr Töngen ins Wort. »Der hat genug gegen dich in der Hand. Und dass du im Ausland warst, interessiert ihn nicht. Du kannst die Sache ja trotzdem angeleiert haben. Hauptsache, einen schnellen Erfolg und die nächste Beförderung ist sicher. Erfolgsorientierung nennen die das.«
    Rike überlegte.
    »Bleib ein paar Tage hier, dann bringe ich dich rüber nach Holland«, sagte Töngen.
    »Ich wurde verfolgt«, erwiderte Rike. »Wahrscheinlich von den Bullen. Sie waren schon an meiner Wohnung, als ich nach Hause kam. Und jetzt ist der Kerl mit der Fähre herübergekommen. Ich glaube, ich habe sie abgehängt.«
    »Aber sie wissen jetzt, dass du bei mir bist. Es ist besser, wenn du so schnell wie möglich verschwindest.«
    »Wohin? Und wie soll ich hier wieder wegkommen? Die überwachen doch sicher den Hafen.«
    »Ich werde Corde anrufen«, sagte Töngen. »Er soll dich draußen an Bord nehmen. Ich fahr dich mit dem Boot raus und in der Zwischenzeit versteckst du dich im Schuppen. Hast du etwas Geld? Ich bin knapp bei Kasse und wenn ich telefonieren will, muss ich ins Dorf.«
    »Hast du noch immer kein Handy?«
    »Für was? Meine Schafe rufen mich nur selten an.«
    Eine Viertelstunde später radelte Töngen mit seinem alten und klapprigen Fahrrad hinüber zum Dorf. Rike hatte sich unterdessen im Schuppen ins Stroh verkrochen. Die Ruhe kam ihr recht, sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
    *
    Die wärmende Morgensonne hatte einem tristen und feuchten Nachmittag Platz gemacht. Am Himmel türmten sich die grauen Wolken und ein Gemisch aus Schnee und Regen fiel auf die Erde. Von Weihnachtsstimmung war nicht viel zu bemerken.
    Trevisan hatte seinen blauen Parka übergezogen und die Kapuze vor der Nase verschnürt. Das Wetter war dem Vorhaben des 1. Kommissariats nicht gerade zuträglich. Zusammen mit sieben Kollegen von der Streifenpolizei, Kleinschmidt und Hanselmann von der Spurensicherung und zwei Hundeführern nahmen sie sich das teilweise stillgelegte Industriegebiet am Südwestkai vor. Eine alte, gemauerte Lagerhalle mit eingeworfenen Fensterscheiben, nicht weit vom Fundort der Leiche, war ihr erstes Ziel. Es war nicht ungefährlich, in dem abbruchreifen Areal vorwärts zu kommen. Teile der Treppe waren eingestürzt, Zwischenböden fehlten oder waren morsch und das Dach schützte nur leidlich vor dem Schneeregen, weshalb die Hunde nicht in der Lage waren, eine Spur aufzunehmen.
    Die Kollegen aus Tauberbischofsheim hatten gemeldet, dass Peter Luksch, der Inhaber des Büchereiausweises, der in dem Rucksack neben der Leiche im Wasser gesteckt hatte, mittlerweile in Lörrach leben sollte. Die Kollegen aus Südbaden würden noch heute versuchen, den Mann zu erreichen.
    Nachdem die erste Lagerhalle durchsucht worden war, hatte Trevisan ein Sammelsurium an Gegenständen vor sich auf der Motorhaube des Opels. Neben einem alten Schuh, einem schwarzen Schal, einem Damenslip und einem geblümten Kleid lagen noch eine altmodische, schwarze Tasche ohne Inhalt und der Sportbeutel eines Kindes auf dem dunkelgrünen Lack.
    »Wenn wir jetzt noch eine Frauenleiche finden, dann haben wir ein echtes Problem«, feixte Johannes Hagemann und hob den Damenslip in die Höhe.
    Trevisan trug Latexhandschuhe und durchsuchte eine Tasche. »Ich hoffe, wenigstens das bleibt uns erspart. Übrigens, hat Beck schon mit dir über einen Nachfolger für Lutger gesprochen?«
    »Das ist doch klar, dass du das machst«, antwortete Johannes. »Oder willst du, dass Dietmar das 1. FK führt?«
    Trevisan schaute Johannes ins Gesicht. »Was ist mit dir?«
    »Damit ihr in einem halben Jahr wieder vor derselben Frage steht?«, scherzte Johannes. »Außerdem ist das nichts für mich. Lag mir noch nie, wenn ich ehrlich bin. Dazu musst du einfach der Typ sein. So etwas wie ein Leitwolf, der an alles denkt und alles im Auge hat.«
    Trevisan lächelte. »Und du meinst, ich bin das?«
    »Ganz bestimmt.« Johannes umrundete den Wagen. Freundschaftlich klopfte er Trevisan auf die Schulter. »Nein, der wahre Grund ist, dass mir Dietmars – nennen wir es Schwerfälligkeit – ganz schön auf den Wecker geht. Du glaubst doch nicht, dass ich so einen zum Chef haben will. Ich bin zwar krank, aber ich bin nicht verrückt.«
    »Er hat sich beworben?«, fragte Trevisan.
    Johannes nickte. »Fahr auf die Dienststelle und spann deine Bewerbung ein. Rette uns, bevor wir alle im Irrenhaus landen.«
    »Wer landet im Irrenhaus?«
    Trevisan und Johannes

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