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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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wir uns eben die Hacken ab.«
    Noch bevor er seine Jacke übergestreift hatte, kam Kleinschmidt herein. In der einen Hand hielt er seine Pfeife, in der anderen schwenkte er ein Tütchen. »Schaut mal, was wir im Parka gefunden haben!« Er hob die Plastiktüte in die Höhe. Ein Schlüsselbund mit einem Haustürschlüssel und einem alten Bartschlüssel.
    »Wenn du uns jetzt noch seine Wohnung zeigst, dann können wir uns unnötige Laufereien ersparen«, scherzte Johannes.
    »Das kann ich leider nicht, aber ich habe noch etwas für euch.« Kleinschmidt zeigte eine weitere kleine Tüte, die einen Papierfetzen enthielt.
    Trevisan griff danach. »Eine Telefonnummer!«
    »Ja, eine Handynummer und der Name Hilko«, bestätigte Kleinschmidt. »Wir fanden sie zwischen dem Innenfutter und dem Stoff. Die rechte Innentasche war zerrissen und das Papier ist wohl durchgefallen und dort hängen geblieben.«
    Trevisan nahm den Telefonapparat und wählte. Er schaltete den Außenlautsprecher ein.
    »Hier ist die Mailbox von …« drang eine computergenerierte Frauenstimme aus dem Lautsprecher. In die kurze Pause fiel eine Männerstimme ein: »… Hilko Corde, Kutterausflüge und Wattwanderungen …«, bevor die Computerstimme den Standardtext weitersprach. »Zur Zeit ist niemand erreichbar, bitte hinterlassen Sie Ihre Nachricht nach dem Signalton«.
    *
    Romanow saß an dem reichlich gedeckten Tisch und schlug mit der flachen Hand auf die Tischplatte, dass die halbgefüllten Gläser erzitterten. »Diese Idioten! Man sollte sie einfach im See ersäufen!«
    Viktor Negrasov biss unbeeindruckt in das Brötchen. Er kannte die Gefühlsausbrüche seines Chefs.
    »Wir werden jetzt andere Saiten aufziehen«, fuhr Romanow fort. »Sprich mit Sankt Petersburg. Ich will hier einen Spezialisten. Morgen. Bis wir die Daten rekonstruiert haben, werden wir die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Und dabei will ich mich nicht weiter auf diese Stümper verlassen müssen. Du wirst dich der Sache annehmen!«
    Negrasov schluckte den Bissen hinunter. Ein kurzes »Da« war alles, was über seine Lippen kam.
    »Und vergiss das Mädchen nicht! Sie wird nicht mehr gebraucht, aber sie hat noch immer etwas in der Hand, das uns gehört.«
    Negrasov nickte. Als er ein weiteres Brötchen aus dem Korb nehmen wollte, fuhr Romanows fleischige Hand hervor und umfasste Negrasovs Handgelenk. »Sofort!«
    Negrasov zog unbeeindruckt seine Hand zurück, erhob sich und griff nach seiner Jacke, die er über den Stuhl gehängt hatte. Peinlich achtete er darauf, dass das Schulterhalfter mit der Automatikpistole von der Jacke verdeckt wurde. Schließlich ging er grußlos zur Tür und verließ das Zimmer.

13
    Der anfänglich schöne Tag war in einer steifen Brise verendet und schwere Wolken trieben von Westen her auf die Insel zu. Auf dem Festland regnete es bereits. Eine nasskalte und dunkle Nacht stand bevor. Ideale Voraussetzungen für Töngens Plan.
    Getarnt als harmloser Fischer war Töngen aus dem Hafen geschippert. Er hatte das Boot am Flinthörn festgemacht und mit dem Hammer zwei Pfähle für das Sicherungsseil tief in den Boden getrieben. Anschließend war er durch das Wäldchen zurück zum Gehöft gegangen. Er zweifelte nicht daran, dass mittlerweile das Haus beobachtet wurde. Hinter jedem Gebüsch, hinter jedem Baum konnten sie lauern und darauf warten, dass sich Rike zeigte. Hoffentlich kam nicht auch noch Larsen hereingeschneit.
    Ihm blieb nichts übrig, als auf die Dunkelheit zu warten. Er schaute vorsichtig nach Rike, die versteckt hinter den Heuballen in der Scheune schlief. Ihr Gesicht wirkte friedlich und entspannt. Eine ganze Weile schaute er sie an. Wenn sie nur wüsste, was er für sie empfand. Er hatte immer gewusst, dass Larsen der Falsche für sie war. Doch was hatte er ihr schon zu bieten?
    Töngen schlüpfte wieder in seine blauen Arbeitshosen und machte sich erneut am Gatter zu schaffen. Alles sollte wirken, als wäre nichts geschehen.
    Als es dunkel wurde, ging er in den Schuppen. Rike saß mit angezogenen Füßen im Heu und blickte starr vor sich hin. Er setzte sich daneben und legte freundschaftlich seinen Arm um sie. Rike schmiegte sich dankbar an seine Brust.
    »Es ist alles vorbereitet«, sagte Töngen. »Ruh dich noch ein bisschen aus. Wir treffen Corde auf Baltrum.«
    Im Halbdunkel der altersschwachen Lampe am Eingang des Schuppens erkannte sie nur seine Augen. »Warum tust du das alles?«
    »Weil … weil du es wert bist«, antwortete Töngen

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