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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Dann wandte er sich um und ging zum Ruderhaus.
    Töngen umarmte Rike. Dann stieg er über die Treppe aus geknüpften Seilen zurück auf das kleine Boot. Nur wenige Augenblicke später fuhr Töngen wieder aus dem Hafenbecken hinaus in die aufgewühlte See. Rike schaute ihm nach, bis auch die Maschine des Kutters zum Leben erwachte. Schließlich folgte sie Corde in das beheizte Ruderhaus.
    »Mensch, Mädchen«, empfing sie Corde. »Auf was habt ihr euch da eingelassen?«
    Rike liefen Tränen über die Wangen. Sie setzte sich auf die kleine Bank neben dem Ruder. Corde reichte ihr eine Decke. Dann trat er hinter das Steuer und drückte den Gashebel nach unten. Das Motorengeräusch wurde lauter.
    »Ich werde dich zu einem Freund auf Norderney bringen, dort bist du erst mal in Sicherheit«, erklärte Corde. »Falls du Tee willst, dort hinten steht die Thermoskanne.«
    Rike erhob sich und wankte auf das kleine Regal auf der anderen Seite zu. Als sie an Corde vorüberging, drehte er sich zu ihr um. Ein Brief lag in seiner Hand.
    »Der ist von Larsen. Hab vergessen, ihn dir zu geben. Ist ja kein Wunder, bei all dem Durcheinander.«
    Fassungslos starrte Rike auf das braune Kuvert. Für Rike, stand darauf in krakeliger Handschrift. »Wann hast du ihn bekommen?«
    »An dem Abend auf Langeoog, als er verschwand.«
    Rike knipste eine Leselampe an und riss das Kuvert auf. Ein weißes Blatt Papier kam zum Vorschein. Sie faltete es auseinander. Die Handschrift gehörte zweifellos Larsen. Sie war krakelig, er hatte mit Bleistift geschrieben. Rike hielt den Brief unter das Licht und begann zu lesen.
     
    Liebe Rike
     
    Ich habe mich in der Vergangenheit sehr dumm benommen. Ich bitte dich, verzeih mir. Ich mache alles wieder gut. Aber ich brauche Zeit. Ich stecke in Schwierigkeiten. Das Schiff war wieder draußen. Du erinnerst dich doch an das letzte Jahr. Die Forscher. Ich glaube aber nicht, dass es wirklich Forscher sind. Ich war an Bord. Das Schiff steckt zwar voller Technik, aber ich traue dem Frieden nicht.
    Ich habe auf dem Schiff etwas mitgehen lassen. Es ist gut versteckt. Du weißt wo, wenn du dich nur daran erinnerst, wo ich damals das Paket vor dem Zoll versteckt habe.
    Du musst mir helfen. Ich glaube, da läuft eine große Sache.
    Ich vertraue auf dich
     
    Dein Björn
     
    P.S.: Wenn du das Päckchen hast, weißt du, was damit zu tun ist. Bring dich in Sicherheit. Die Kerle haben Pistolen.
     
    Rike faltete den Brief zusammen. Nachdenklich blickte sie hinaus auf das Wasser.
    »Schlechte Nachrichten?«, fragte Corde.
    Rike schüttelte den Kopf.
    Das Forschungsschiff? Im letzten Jahr, als sie draußen im Watt ihre Studien betrieben hatten, war Larsen ein rotes Schiff aufgefallen, das vor den Inseln kreuzte. Larsen, der immer das Schlimmste annahm und hinter jeder Düne eine Katastrophe vermutete, hatte sich wieder mal eine passende Schreckensgeschichte zurechtgelegt. Manchmal ging ihr seine Paranoia auf die Nerven. Hatte er seine Nase in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen? War er ein paar Schmugglern auf die Schliche gekommen? Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Aber wo das Versteck war, von dem Larsen geschrieben hatte, das wusste sie. Und es war ganz in ihrer Nähe.
    *
    Monika Sander hatte Wochenendbereitschaft und saß an ihrem Computer im Landeskriminalamt in Hannover. Neugierig las sie den Untersuchungsauftrag an die Kriminaltechnische Untersuchungsstelle, der von ihrer neuen Dienststelle, der Kripo in Wilhelmshaven, stammte. Noch vor Weihnachten war ihr mitgeteilt worden, dass sie ab Februar versetzt würde. Sie war sehr froh darüber. Sie stammte aus Sande, einem Ort in der Nähe von Wilhelmshaven, und hatte sich in Hannover nie richtig wohl gefühlt. Noch wohnte sie hier, und ihr Ehemann fuhr jeden Tag hinauf an die Küste, weil er dort als Kompagnon bei einem großen Architekturbüro eingestiegen war. Jetzt war das Ende dieser Strapazen in Sicht. Ein Bauplatz in einem neuen Wohngebiet am Rand von Wilhelmshaven war bereits gekauft.
    Trevisan, Kriminalhauptkommissar , hatte als Auftraggeber für die DNA-Analyse unterschrieben. War das ihr neuer Chef? Interessiert las sie den Bericht auf dem Untersuchungsprotokoll. Trevisan schrieb sachlich, verwendete kurze Sätze und drückte sich gekonnt und verständlich aus. Geradlinig eben. Sie malte sich aus, wie er wohl aussah. Seine Unterschrift war leserlich und in einem Zug geschrieben. Das T überragte die restlichen Buchstaben um mehr als das Doppelte. Das

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