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Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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sprach für ein selbstbewusstes Auftreten, wusste sie. Doch zu mehr taugte die Schriftprobe nicht.
    Immerhin, nun konnte sie sogar vor ihrer Versetzung bereits ihrer neuen Dienststelle behilflich sein.
    Monika Sanders Aufgabe war es, die analysierten und verschlüsselten DNA-Daten in die Datenbanken einzugeben. Das Programm hatte sich im Erfassungsmodus befunden und ihr gemeldet, dass sie zwei identische Muster unter verschiedenen Registriernummern einzugeben versuchte. Offenbar hatten die Kollegen aus Wilhelmshaven und das Dezernat Staatsschutz hier im eigenen Haus die gleichen Proben eingesandt. Aber während Kriminaloberrat Kirner mit der DNA-Probe einen Briefbombenanschlag auf einen Kommunalpolitiker zu klären versuchte, war Trevisan auf der Suche nach der Identität eines Toten. Noch einmal überprüfte sie die beiden Erfassungsbögen. Kein Zweifel: Kirner und Trevisan suchten die gleiche Person. Sie schaute zur Uhr. Es war kurz nach acht. Sie griff nach ihrem Telefon und wählte die Vorwahl von Wilhelmshaven.

15
    Noch bevor die Molly den Fischereihafen im Südwesten der Insel Norderney erreicht hatte, brach das Unwetter los. Regen ergoss sich in Strömen über das Land und die Nordsee. Der Wind peitschte die Wellen auf die Küste zu und die Molly schwankte bedrohlich, als sie querab zu den Wellen lief. Corde umfasste das Ruder mit eisernem Griff. Seine Handknöchel verfärbten sich. Rike saß in der Ecke des Ruderhauses und hielt sich an der kleinen Bank fest. Nur noch eine Stunde bis zur Ebbe. Dann würde die Molly unweigerlich auf Grund laufen.
    Corde warf einen Blick auf Rike. »Wir werden es schon schaffen. Die Fahrrinne liegt nur eine halbe Meile voraus.«
    Rike nickte. »Glaubst du, Larsen ist etwas zugestoßen?«
    Corde fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Der Junge ist nicht schlecht, aber er weiß oft nicht, was er tut. Er bringt sich ständig in Gefahr.«
    »… und wer sich in die Gefahr begibt, der kommt darin um«, sprach Rike den Gedanken des Alten laut zu Ende.
    »Verdammt, ich hätte mich mehr um ihn kümmern müssen«, fluchte Corde.
    »Er hat immer nur das getan, was er selbst für richtig hielt.«
    »Aber ist es richtig, einen Menschen zu töten?«, erwiderte Corde.
    »Du meinst die Briefbombe?«
    Erneut richtete sich der Kutter in einem Brecher auf, bis er schaukelnd und vibrierend ins Wellental stürzte.
    »Dieser verdammte Sturm«, schrie Rike gegen das Brausen und Tosen an.
    »Das ist nur die Natur«, entgegnete Corde. »Es ist die See. Die Wiege des Windes. Ungezähmte Kraft.«
    »Es ist ein Unwetter«, widersprach Rike.
    »Trotzdem ist die See ehrlicher als die Menschen. Launisch zwar, aber ehrlicher und nicht verschlagen und heimtückisch. Wer die Zeichen deuten kann, der weiß, was ihn erwartet.«
    »Wer ist eigentlich Onno Behrend?«
    »Oh, Onno ist ein alter Freund.« Corde drehte den Kutter in den Wind. »Wir kennen uns bestimmt schon dreißig Jahre. Er arbeitete bei der Schifffahrtsdirektion. Am Ende leitete er die kartographische Abteilung. Vor einiger Zeit hat er im Nordosten der Insel ein kleines Haus am Stadtrand gekauft. Ihr werdet euch gut verstehen. Er geht oft zu seinen gefiederten Freunden hinaus. Das ist sein einziges Hobby. Ich hab ihn schon oft im Frühjahr auf die Inseln gefahren. Nach Mellum oder auch raus zum Knechtsand ins Vogelschutzgebiet.«
    »Er ist Ornithologe?«
    »Schon seit ich ihn kenne«, erwiderte Corde. »Zu seiner Arbeit gehörte auch der Schutz unserer Küste und der Brutkolonien. Er hat schließlich festgelegt, welche Routen ausgebaut und welche stillgelegt werden sollten.«
    Die Molly hatte die Hafeneinfahrt erreicht. Im Schatten der Inselstadt verloren sich langsam die Wellen und der Sturm ebbte ab. Corde schaute auf die Uhr. Kurz nach vier. Er hatte es geschafft, aber es war knapp geworden. Der Kiel des Kutters war dem Meeresboden bereits bedrohlich nahe gekommen. Erst als sie vor Minuten in die Fahrrinne eingebogen waren, waren sie sicher gewesen, nicht auf Grund zu laufen.
    Das Wasser im Fischereihafen von Norderney lag nahezu still. Die vom Wind abgewandte Seite schützte vor den kräftigen Wellen. Trotzdem war das Anlegemanöver nicht ungefährlich.
    Rike war weder ängstlich, noch war sie schwach. Mit einem Satz sprang sie von Bord und legte das schwere Tau um den Polder. Erst als auch das Heck des Kutters gesichert war, stoppte Corde die Maschine.
    Wenig später stand auch er in dickem

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