Die Wiege des Windes

Titel: Die Wiege des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner

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aufgesucht und sogar vernommen«, berichtete der Kollege lächelnd. »Ich glaube, Perestroika und Glasnost haben da drüben wirklich etwas bewirkt.«
    Kirners Gesicht blieb starr. »Und die Antwort?«
    »Ich wollte schon heute früh anrufen, aber es war laufend besetzt«, rechtfertigte sich Köster. »Dieser Sers, der lettische Autokäufer, gibt an, dass ihm der Peugeot auf dem Transport durch Polen mitsamt dem Anhänger gestohlen worden ist. Das war Ende November, irgendwo um Warschau herum.«
    »Hat er in Polen Anzeige erstattet?«, fragte Kirner.
    Köster schüttelte den Kopf und nahm die gefüllte Kaffeetasse.
    »Dann kann es eine reine Schutzbehauptung sein.«
    »Nein, das ist es ja gerade«, erwiderte Köster. »Die Kollegen haben das überprüft und sich die Einfuhrpapiere zeigen lassen. Tatsächlich ist das Auto nie über die Grenze gekommen.«
    Kirner lächelte. »Wenn man denen da drüben glauben kann.«
    Köster schlürfte am heißen Kaffee. »Auf irgendwas wird man sich doch wohl verlassen können. Und bei der Einfuhr von Fahrzeugen verdient der Staat mit, ich glaube nicht, dass daran etwas faul ist.«
    Kirner öffnete die Tür zu seinem Büro. »Vielleicht haben Sie recht, auf irgendetwas wird man sich hoffentlich noch verlassen können.«
    *
    Rike war eingeschlafen. Onno Behrend schaute ihr gedankenverloren ins Gesicht. Zum ersten Mal, seitdem sie angekommen war, schien sie entspannt zu schlafen. Auf dem Boden neben dem Papierkorb türmten sich mittlerweile die zerknüllten Blätter. Sie stammten von den vergeblichen Versuchen, Licht in das Gewirr von Zahlen und Tabellen auf der CD zu bringen. Onno war überzeugt, dass es sich um Maßangaben handelte, die mit dem Roten Sand zu tun hatten. Unzählige Quadratkilometer an Wasser, Sand und Schlick lagen da draußen vor der Küste und die Maße könnten zu jeder x-beliebigen Stelle innerhalb der Untiefe passen. Wenn ihm nur gelänge, sie in eine logische Beziehung zu bringen, ihre Verknüpfung zu enträtseln, dann wäre er einen großen Schritt weiter. Zwar war es dann noch immer fraglich, weshalb diese Tabelle erstellt wurde, weshalb Vermessungen durchgeführt worden waren, doch vielleicht ließe sich wenigstens ein neuer Ansatz erkennen. Doch wie sollte es ihm gelingen, wenn er den Nullpunkt, den Ausgangspunkt, die Basis der Kalkulation nicht lokalisieren konnte?
    Er hatte Rike vorgeschlagen, bei seiner früheren Arbeitsstelle, der Schifffahrtsdirektion, anzufragen, ob irgendwelche Arbeiten vor der Küste durchgeführt wurden, aber Rike hatte ihn gebeten, es nicht zu tun. Sie traute den staatlichen Einrichtungen nicht mehr. Polizei, Bezirksregierung, Naturschutzbehörden. Vielleicht würde der Anruf Verdacht erregen. So wäre am Ende nicht nur sie, sondern auch Onno in Gefahr. Sie hatte ihn gebeten, gebettelt und ihn schließlich angefleht. Er hatte den Telefonhörer wieder zurückgelegt und ihren Wunsch respektiert. Er mochte das Mädchen. Sie war gut vierzig Jahre jünger und es war kein Verlangen, keine Leidenschaft, die ihn erfasst hatte, es war wie die Liebe zu einer Tochter, die er nie gehabt hatte. Also versuchte er weiter mit seinen bescheidenen Mitteln, das Rätsel der CD zu lösen, zeichnete Karten und versuchte, sie den offiziellen Seekarten anzupassen, die Tiefen und Höhenmaße in ein Verhältnis zu setzen und in Übereinstimmung zu bringen. Doch die Versuche misslangen. Die Gegend war einfach zu riesig. Trotzdem ließ er nicht davon ab, zerknüllte den Fehlversuch und riss das nächste Blatt Papier vom Block, um erneut den Bleistift anzusetzen. Ab und zu warf er einen zärtlichen Blick zu Rike. Wenn er ihr nur helfen könnte! Erneut hatte er einen Plan gezeichnet, verglichen und zerknüllt, als ein leiser Ton am PC zu hören war. Das ICQ-Signal. Snoozer hatte sich gemeldet. Onno erhob sich und ging hinüber zum Bildschirm. hallo du insulaner, hab nicht gedacht, dass es klappt, habe alle register gezogen. musste sogar bis nach moskau kommunizieren. Ist ein ganz alter standard der roten armee. betriebssystem ist Vorläufer von linux, ocp-format. Programm nennt sich tarunik und ist für ortung und peilung programmiert. habe die daten mit einer uralten dos-emulation ausgelesen. der programmcode lautet: ta-run-ik–link to 476497-deta-sat O5CD-Code. was das natürlich bedeutet habe ich keinen Schimmer, da guggst du selbst. hab jetzt aber was gut bei dir …. mfg snoozer datareplay … ip 276.330.33x
    Onno setzte sich, sicherte die Mail und