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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Gefühle gegenüber hilflosen Fischen und seine
stocksteife Sitzpose waren zum Teil auf diesen Anruf zurückzuführen.
    Der Anruf war
von Ralph Packer gekommen. Obwohl Bogus und Tulpen soeben zu Bett gegangen
waren, wollte Ralph sofort zu ihnen kommen, mit Kent und seiner mehrere tausend
Dollar teuren Filmausrüstung. Er wollte ein paar Meter filmen, wie Tulpen und
Bogus ins Bett gingen.
    »Mein Gott, Ralph«,
sagte Trumper.
    »Nein, nein!«
antwortete Ralph beschwichtigend. »Nur, wie ihr ins Bett geht, Thump-Thump. Das
übliche, weißt du, Zähneputzen, Kleider ausziehen, einen Gutenachtkuß, all so
’n Scheiß, weißt du…«
    »Gute Nacht,
Ralph!«
    »Thump-Thump,
es dauert nicht mal eine halbe Stunde!«
    Trumper legte
auf und drehte sich zu Tulpen um. »Ich kann [315]  nicht verstehen«, brüllte er, »wie du je mit
ihm ins Bett gehen konntest!«
    Das brachte
eine Menge Dinge in Gang.
    »Es war
interessant«, sagte Tulpen. »Es hat mich interessiert, was er machte.«
    »Im Bett?«
    »Leck mich,
Trumper!«
    »Nein, im
Ernst!« schrie er sie an. »Ich will es wissen! Hat es dir Spaß gemacht, mit ihm
zu schlafen?«
    »Es macht mir
viel mehr Spaß, mit dir zu schlafen«, antwortete sie. »Jedenfalls hab ich
diesbezüglich kein Interesse mehr an Ralph.«
    Ihre Stimme
klang eisig, doch das schien Trumper nicht zu stören. »Du hast also gemerkt,
daß es ein Fehler war«, bohrte er weiter.
    »Nein«, gab sie
zur Antwort, »ich hatte nur keine Lust, es weiter zu tun. Es war kein Fehler.
Ich kannte sonst niemanden, damals…«
    »Und dann hast
du mich kennengelernt?«
    »Ich hab schon
aufgehört mit Ralph zu schlafen, ehe ich dich kennengelernt habe.«
    »Warum hast du
damit aufgehört?«
    Sie drehte sich
um und kehrte ihm den Rücken zu.
    »Mir ist die
Möse rausgefallen«, sagte sie zur Aquariumscheibe.
    Trumper
erwiderte nichts; genau in dem Augenblick fiel er in Trance.
    »Hör mal zu«,
sagte Tulpen ein paar Minuten später. »Was ist denn los? Ich hab einfach in
dieser Hinsicht nicht viel für Ralph empfunden. Aber ich mochte ihn und mag ihn
noch immer. Nur eben nicht so …«
    »Hast du schon
mal daran gedacht, wieder mit ihm zu schlafen?«
    »Nein.«
    [316]  »Also, er denkt daran, wieder mit dir zu
schlafen.«
    »Woher weißt du
das?«
    »Interessiert
dich das?« gab er zurück. Sie fluchte leise und rückte von ihm ab. Er spürte,
wie er zu Stein wurde.
    »Trumper?«
fragte sie ihn später; er hatte eine ganze Weile keinen Laut von sich gegeben.
»Warum magst du Ralph nicht, Trumper? Ist es wegen dem Film?«
    Doch das war es
eigentlich nicht. Schließlich hätte er einfach nein sagen können; er hätte
sagen können, daß ihm das alles zu nahe ging. Aber das tat es nicht, und er
mußte zugeben, daß ihn das Projekt irgendwie interessierte. Doch es war kein
therapeutisches Interesse; er wußte, im Grunde hatte er einfach Spaß an so was,
und es gefiel ihm, sich selbst in einem Kinofilm sehen zu können.
    »Nicht, daß ich
Ralph nicht mag«, meinte er. Sie drehte sich herum, berührte seinen hölzernen
Schenkel und sagte etwas, das er nicht verstand. Dann… dachte er daran, die
Fische umzubringen, und als das Telefon von neuem klingelte, hätte er jeden
erschlagen, der den Hörer abnahm.
    Er hatte einen
Krampf im Rücken, weil er so lange kerzengerade dagesessen hatte, und Tulpen
ließ ihn eine Zeitlang in Ruhe, ehe sie einen neuen Versuch startete. »Trumper?
Du schläfst nicht oft genug mit mir. Bei weitem nicht.«
    Er dachte
darüber nach. Dann dachte er an seine bevorstehende Operation, an Dr. Vigneron
und an die Wassermethode.
    »Es liegt an
meinem Schwanz«, sagte er schließlich. »Ich laß ihn reparieren, und dann bin
ich so gut wie neu.«
    Doch es gefiel
ihm sehr, mit Tulpen zu schlafen, und was sie gesagt hatte, beunruhigte ihn. Er
dachte daran, jetzt gleich mit ihr zu schlafen, doch er mußte aufstehen und pinkeln
gehen.
    Im Bad
betrachtete er sich eingehend im Spiegel und beobachtete, wie sich Angst in
seine Gesichtszüge schlich, als er seinen Penis zwicken mußte, damit er sich
öffnete. Es wurde schlimmer. [317]  Vigneron
hatte wieder recht gehabt, manchmal mußte man wirklich mehrere Wochen auf einen
kleinen chirurgischen Eingriff warten.
    Es erschien ihm
überaus wichtig, auf der Stelle mit Tulpen zu schlafen, doch dann – vielleicht
weil ihm etwas Bestimmtes in seinem Gesichtsausdruck im Spiegel aufgefallen war – dachte er an Merrill Overturf und pinkelte so stark, daß ihm die Tränen

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