Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
Merrill wie einen
nassen Sack von der Türschwelle.
»Zucker will
der Süße«, witzelte der Polizist. »Er will Zucker haben!«
»Er ist
Diabetiker«, sagte Trumper zu einer Hure, die neben ihm stand, und beugte sich
vor, um Merrills zerknitterte Hand zu berühren. »Hallo Merrill, alter Junge«,
sagte Bogus, ehe einer der beiden Begleitpolizisten, der die Bewegung auf
Overturf zu offensichtlich falsch verstanden hatte, Trumper den Ellbogen in den
Solarplexus stieß. Der taumelte in eine weiche, nach Moschus duftende Dame, die
diesen unerwarteten Angreifer fest in den [323] Nacken biß. Bogus war außer Atem, gestikulierte wild und
versuchte, mit den Händen zu reden, doch die beiden Polizisten preßten ihn
gegen das Geländer und drückten ihm den Kopf nach hinten, bis er, verkehrt
herum, die untere Treppe sah. In dieser Stellung sah Bogus, wie Merrill
hinunter ins Foyer getragen wurde. Beim Quietschen der Foyertür stieß Merrill
mit schwacher Stimme hervor: »Ich bin nicht betrunken!« Dann ging die Foyertür
zu und erstickte seinen dünnen, brüchigen Schrei.
Trumper holte
tief Luft und setzte zu einer Erklärung an. Doch er konnte nur grunzen: »Er ist
nicht betrunken. Lassen Sie mich mit ihm gehen«, und schon hielt ihm einer der
Polizisten den Mund zu, knetete seine Lippen wie Brotteig.
Bogus schloß
die Augen und hörte eine Hure sagen: »Er hat Diabetes.« Einer der Polizisten
raunte ihm ins Ohr: »So, und du willst also mit ihm gehen, ja? Warum willst du
denn Hand an ihn legen?« Als Trumper versuchte, den Kopf zu schütteln und durch
seinen zusammengekneteten Mund zu erklären, daß er Merrill nur anfassen wollte,
weil er ein Freund von ihm war, wiederholte die Hure: »Er ist Diabetiker,
lassen Sie ihn los.«
»Diabetiker?«
fragte einer der Polizisten. Bogus spürte seinen Puls hinter den Augen hämmern.
»Diabetiker, wie?« wiederholte der Polizist. Dann zog er Bogus’ Kopf wieder
nach oben und nahm die Hand von seinem Mund. »Du bist Diabetiker?« wollte einer
der Polizisten wissen; die beiden standen mißtrauisch vor ihm, bereit, sich
sofort wieder auf ihn zu stürzen.
»Nein«, sagte
Bogus, befühlte seinen stechenden Mund, sagte dann nochmals »nein«, um
sicherzugehen, daß sie ihn auch verstanden, denn sein Mund war voller Blut.
»Nein, ich bin kein Diabetiker«, sagte er jetzt etwas deutlicher.
Also packten
sie ihn wieder. »Ich wußte gleich, daß er keiner ist«, sagte der eine Polizist.
Als sie ihn nach unten zerrten, durch das Foyer und hinaus an die eisige Luft,
hörte Bogus, wie ihnen die Hure mit schwacher, müder Stimme nachrief: »Nein,
nein… [324] Mein Gott. Der hat
keinen Diabetes. Meine Güte, ich wollte Ihnen nur sagen, daß er mir erzählt
hat, der andere hat Diabetes…« Dann fiel die Tür
zum Foyer zu, und Bogus wurde von den beiden Polizisten fortgeschleppt.
»Wohin gehen
wir?« wollte Bogus wissen. »Mein Paß ist in meinem Zimmer. Verdammt noch mal,
so muß ich mich nicht behandeln lassen! Ich hab den Typ nicht angegriffen, er
ist verdammt noch mal ein Freund von mir! Und er hat Diabetes. Bringen Sie mich
zu ihm…« Doch sie zerrten ihn in ein grünes Polizeiauto, knallten sein
Schienbein gegen die Halterung des Sicherheitsgurtes, drehten ihn hin und her,
bis er so auf dem Rücksitz saß, wie sie es haben wollten. Sie legten ihm
Handschellen an und machten sie an einer kleinen Öse am Boden fest, so daß er
die Fahrt mit dem Kopf zwischen den Knien ertragen mußte. »Sie müssen verrückt
sein«, erklärte er. »Sie hören mir überhaupt nicht zu.« Er drehte den Kopf
herum. Durch die Lücke zwischen seinem Unterschenkel und dem Rücksitz konnte er
den Polizisten sehen, der neben ihm saß. »Sie sind ein Anus!« sagte Bogus. »Und
der andere auch.« Er stieß mit dem Kopf von hinten gegen den Fahrersitz,
provozierte damit einen herzhaften Fluch.
Der Polizist
neben ihm sagte: »Nun mach mal halblang, ja?«
»Du blödes
Arschloch!« sagte Trumper, doch der Polizist beugte sich nur vor, fast höflich-interessiert,
als hätte er nicht richtig verstanden. »Du hast Syphilis im Hirn!« sagte
Trumper, und der Polizist zuckte mit den Schultern.
Der Polizist
auf dem Fahrersitz fragte: »Kann der kein Deutsch? Er hat doch vorhin deutsch
gesprochen; ich hab’s genau gehört. Sag ihm, er soll deutsch sprechen.«
Bogus spürte,
wie es ihm so eiskalt den Rücken hinablief, daß seine zitternden Hände die
Handschellen klirren ließen. Ich hätte schwören können, daß
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