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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zeigen, und auch darin hatte sie versagt. Sie würde einen anderen Weg finden müssen, die Katastrophe abzuwenden.
    Nur eine einzige Macht hatte die Kriegerscharen schon einmal zurückgeschlagen, und diese befand sich im Süden. Sie betete, dass die Eisenmänner des Reiches auf sie hören würden, nachdem ihre eigene Sprecherin es nicht getan hatte.

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    Bei Aedons Eiern, dieses Mädchen hatte sie geschlagen. Wie konnte sie es wagen ?
    Ytha tupfte sich den Mund mit dem Handrücken ab und schmeckte Blut. Ihre Lippe stach, als ob sie statt bloßer Luft ein wirklicher Schlag getroffen hätte. Sie tastete die Stelle mit ihrer Zunge ab und spürte zerrissene Haut dort, wo sich ihre Zähne hineingegraben hatten. Das Mädchen hatte sie geschlagen .
    Wut brodelte in ihren Adern, erhitzte ihr Gesicht und rauschte in ihren Ohren. Die Versuchung, dem Mädchen nachzulaufen und es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen, war fast überwältigend. Niemand trotzte einer Sprecherin auf diese Weise. Niemand! Und Teia hatte vor dem versammelten Clan ihre Gabe dazu eingesetzt …
    Ytha ballte die Fäuste unter dem Mantel. Ich bin die Sprecherin der Crainnh, du unverschämte Cuinh !
    Sie holte tief Luft und beherrschte sich. Als Sprecherin durfte sie die Selbstkontrolle niemals verlieren, vor allem nicht als Sprecherin des Häuptlings der Häuptlinge. Sie durfte es sich nicht leisten, vor ihrem Volk Schwäche zu zeigen, denn dann würde sie die Macht über es für immer verlieren.
    Unter der vom Wasser geformten Erhöhung, auf der sie stand, regten sich die Männer und Frauen des Clans unsicher. Ein Gemurmel durchlief die Versammelten, verstohlen und ängstlich. Blicke schossen zwischen ihr und dem Tunnel hin und her, aus dem das Hufgeklapper noch zu hören war.
    Sie musste die Situation retten, und zwar schnell.
    »Volk der Crainnh!« Ihrer Stimme gelang es, die Aufmerksamkeit der Zuschauer wieder auf sie zu ziehen. »Lasst euch nicht von einem verängstigten Kind täuschen. Unser Weg ist der wahre, und wir werden siegreich sein. Vertraut auf die dunkle Göttin und euren Häuptling, und euch wird kein Leid geschehen.«
    Die Menge starrte sie an. Die Menschen waren nicht überzeugt; sie brauchten mehr.
    »Stimmt das, was sie gesagt hat?«, fragte jemand. »Wird sich die Wilde Jagd gegen uns wenden?«
    »Wessen Wort vertraust du?«, höhnte Ytha. »Dem eines dummen Mädchens oder dem Maegerns?«
    Gewisper erfasste die Menge, als sie die dunkle Göttin so beiläufig erwähnte. Sollten sie doch entsetzt sein; Ytha hatte keine Angst.
    Eine rundliche Frau schob sich ganz nach vorn, stand mit den Händen in den Hüften da und runzelte die Stirn. Es war Teias Mutter. Wie hieß sie noch gleich? Ana? »Meine Tochter ist nicht dumm, Sprecherin. Wenn sie sagt, sie hat das gesehen, dann glaube ich ihr.«
    Es musste Raum für Zweifel geben. Ytha reckte das Kinn und erwiderte kühl: »Das glaube ich gern. Ich wäre überrascht, wenn du als ihre Mutter etwas anderes sagen würdest. Aber ich habe ebenfalls ihre sogenannten Weissagungen gesehen und kann dir versichern, dass sie unrecht hat.«
    Nun legte sich Stille über die Höhle.
    »Ich habe einen Pakt mit der Göttin geschlossen, und sie hat uns ihre Hilfe versprochen, wenn wir ihr zuvor helfen. Sie hat uns diese Hunde geschickt«, sie legte die Hände auf die gewaltigen Hälse der Tiere, »als Beweis ihres guten Willens. Und welchen Beweis hat uns Teia gegeben? Nur Worte. Nur ihre Ängste.«
    Sie hielt inne, damit das Gesagte in die Köpfe der Clanangehörigen einsickern konnte. Wichtiger noch als ihre Worte war die Art und Weise, wie Ytha sie übermittelte. Mit der richtigen Betonung und dem richtigen Rhythmus würde sie die Leute davon überzeugen können, dass ihre Sichtweise die einzig Treffende war. Schon erkannte sie an der Art, wie sie sich ansahen, hier und da mit der Schulter zuckten oder gar nickten, wie sich allmählich Zweifel formten. Ja. Bald würden sie wieder ganz Ytha gehören.
    »Ich habe Teias Ängste ernst genommen. Ich habe ihr Blut ins Wasser gegossen und darin gelesen, was sie gesehen hat. Sie hat unseren Sieg erkannt. Sie hat gesehen, wie die Wilde Jagd entfesselt wird, uns zur Freiheit verhilft und uns zurückgibt, was uns vor so langer Zeit genommen wurde.«
    »Das stimmt nicht!«, platzte Ana heraus. Ihr Mann packte sie am Arm und versuchte sie zu beruhigen, aber sie schüttelte ihn ab. »Teia hat mir gesagt, dass Ihr Euch geweigert habt, ihren Visionen zu glauben!«
    »Sie

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