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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Teisha. Du setzt alles auf einen einzigen Knochenwurf.«
    Sie zuckte die Achseln. »Es bleibt mir nichts anderes übrig.«
    Er drückte ihre Schultern fest und küsste sie auf beide Wangen.
    »Dann geh rasch, und möge Macha über dich wachen.« Seine Stimme klang noch rauer als sonst, als er ihr Finns Zügel in die Hände legte.
    »Papa, bitte geh mit Mama und den anderen fort, bevor es zu spät ist. Versprich es mir.«
    »Du hast mein Wort. Und jetzt musst du aufbrechen.«
    Etliche Clanangehörige hatten sich bereits in der Versammlungshöhle eingefunden, als Teia diese erreichte. Sie alle, vom kleinsten Kind auf den Armen seiner Mutter bis zum ältesten Greis, hatten sich der erhöhten Plattform zugewandt, auf der Ytha mit Drwyn stand. Die Sprecherin hielt sich sehr gerade, und ihre Wangen waren noch von der Kälte draußen gerötet. Ihre rechte Hand ruhte auf der Schulter eines gewaltigen Hundes. Ein anderer lag zu ihren Füßen.
    »Die Mutter möge uns beschützen«, keuchte Teia.
    Sie spürte, wie sie kopfüber in einen wirbelnden Strudel aus Licht und Finsternis stürzte. Das war ihr Traum, ihre Vision, genauso, wie sie sie gesehen hatte.
    Blind streckte sie die Hand aus und wollte sich abstützen, aber Teir war nicht mehr da. Er war zur Kriegerschar zurückgekehrt, damit niemand ihn vermisste, und nur der kalte Stein der Höhlenwand hielt sie aufrecht.
    »Volk der Crainnh!«, sagte Ytha laut und deutlich. Die Wände der Höhle verstärkten ihre Stimme, sodass alle sie hören konnten. Triumph bebte in jedem ihrer Worte.
    »Wie ihr sehen könnt, hat Maegern, die dunkle Göttin, uns mit zweien ihrer Hunde bedacht. Das ist ihre Hilfe, so wie sie es uns versprochen hat. Sie befinden sich hier vor euch als ein Zeichen dafür, dass sie ihr Wort hält. Mit der Wilden Jagd an unserer Seite können wir uns des Sieges gewiss sein. Wir werden dort Erfolg haben, wo Gwlach unterlag, und die Eindringlinge für alle Zeiten aus unserem Land vertreiben. Wir werden die Ehre unseres Volkes mit dem Blut der Südländer zurückkaufen!«
    Die Kriegerschar brüllte zustimmend. Speere trommelten zu dem Jubel auf den Boden.
    Teia war noch immer benommen, doch sie stieß sich von der Wand ab. Sie musste weitergehen und den Vorteil der Ablenkung ausnutzen, solange es noch möglich war. Eine weitere Gelegenheit würde sie nicht erhalten. Mit einem raschen Zerren an Finns Zügeln machte sie sich daran, die Menge entlang der Höhlenwand zu umrunden.
    Sie kam nur langsam voran. Die große Höhle war so überfüllt, dass es kaum Platz für ihr schwer beladenes Pferd gab. Sie musste Ellbogen beiseiteschieben und gegen Rücken drücken, um sich einen Weg zu bahnen. Die meisten Leute machten Platz, ohne einen Blick nach hinten zu werfen, denn sie waren von Ythas Rede und ihren gewaltigen Hunden ganz gebannt und schenkten dem, was hinter ihnen geschah, nicht die geringste Aufmerksamkeit, doch Teia spürte trotzdem einen oder zwei neugierige Blicke. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ihre Hände schwitzten, aber ihr Mund war so trocken, dass sie nicht einmal genug Speichel zum Schlucken hatte.
    Nun dünnte die Menge ein wenig aus. Jedermann beobachtete die Sprecherin und ihre ungeheuerlichen Verbündeten, während sie vom kommenden Ruhm sprach und die Zuhörer zu noch wilderem Jubel anstachelte. Finns Hufgeklapper ging in diesem Lärm unter.
    Unter ihren Stiefeln spürte Teia eine leichte Steigung. Sie hatte es bis zur Rampe geschafft, und nun kam der gefährlichste Teil. Um den Gang zu erreichen, der nach draußen führte, musste sie die Rampe emporsteigen, bis sie auf gleicher Höhe mit der Sprecherin und für die gesamte Menge deutlich sichtbar war. Sicherlich würde irgendjemand ihr zurufen und sie dadurch verraten.
    Finns Kopf ragte schon über die Menge hinaus. Sie duckte sich und ging auf seiner anderen Seite, sodass seine Masse sie verdeckte. Nun tauchte auch sein Hals auf, gefolgt vom Sattelknauf. Krank vor Angst ging Teia weiter. Während die Rampe anstieg, beschrieb sie eine Kurve hinter Ytha, sodass die Sprecherin Teia unweigerlich sehen musste, falls sie sich einmal umdrehte. Aber es war nicht mehr weit. Nur noch ein paar Schritte, und sie war in Sicherheit.
    Jemand in der Menge keuchte auf, und Teia spürte ein grässliches Prickeln im Rückgrat, als ob Feuerameisen unter ihrem Kleid krabbelten. Ythas Gegenwart platzte in ihre Gedanken wie ein Eissturm.
    Ich sehe dich, Teia .
    Sie blieb stehen; ihre Füße waren plötzlich so schwer

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