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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zusammen.
    »Oh!«
    »Ich bitte um Entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    »Es ist meine eigene Schuld. Ich bin ein wenig abgelenkt.« Ihm entging der rasche Blick nicht, den sie in Richtung der Pferde warf, und sie verfluchte sich selbst. »Ich habe dich noch nicht nach deinem Namen gefragt. Ich bin Tanith, und das dort ist Ailric.«
    »Wahre Namen verleihen Macht«, sagte er streng, »sie sollten nicht leichtfertig genannt werden. Schließlich könnte man sie gegen euch verwenden.«
    Die Macht des Namens. Es war die älteste Magie, älter als die Hufeisen und Haselnusszweige und als die Trinksprüche auf ein Neugeborenes. So alt wie der Sang selbst.
    »Ich vertraue dir«, sagte Tanith und lächelte. Als der Waldbewohner weiterhin schwieg, fügte sie hinzu: »Wie soll ich dich denn nennen?«
    Lange sah er in den Wald hinein und machte eine verschlossene Miene.
    »Owyn«, sagte er schließlich und wandte sich zum Gehen. »Wir beginnen unsere Reise durch den Wildniswald nach dem Abendessen. Macht euch bereit.«
    Als die Sonne im Westen hinter den astolanischen Bergen unterging und ihre letzten Strahlen wie lange goldene Finger in den Wald griffen, brachen Tanith und Ailric das Lager ab und verwischten jede ihrer Spuren. Die Feuersteine wurden verstreut, die Asche vergraben und sogar das platte Laub, auf dem sie gesessen und geschlafen hatte, frisch durcheinandergewirbelt. Ailrics Miene verriet ihr, dass er nichts von alldem verstand, aber er folgte ihren Anweisungen, und als sie fertig waren, nickte ihr der Waldbewohner zufrieden zu.
    »Du hast aufmerksam gelesen«, sagte er.
    Als sie aufsaß, beugte sich Ailric in seinem Sattel vor. »Was hat er gemeint, als er gesagt hat, du habest aufmerksam gelesen?«
    »Vor meiner Abreise habe ich ein wenig über die Gebräuche der Bregoriner gelesen. Sie sehen es als ihre Pflicht an, sich um den Wald zu kümmern. Es gehört zum guten Ton, darin keine Spuren zu hinterlassen.«
    Owyn gab jedem von ihnen eine grüngoldene, dicke Eichel, die noch fest in ihrem Hütchen saß. »Behaltet diese dicht an eurem Körper«, sagte er. Die Eichel fühlte sich in Taniths Hand schwerer an, als sie es für möglich gehalten hätte, und ihre Haut prickelte. »Sie wird euch vor Unbillen schützen und dafür sorgen, dass ihr euch nicht verirrt. Ich werde dein Pferd führen, Herrin, und du führst das deines Gefährten. Weicht nicht vom Pfad ab, was immer ihr hören oder sehen mögt.«
    Aus seinem Stiefel zog er eine Holzflöte hervor und begann zu spielen. Es war eine elfengleiche, leichte kleine Melodie, die wie Blätter in einer Brise tanzte und schimmerte und sich niemals wiederholte. Tanith hörte in ihr Bruchstücke von Vogelrufen, fließendem Wasser und sogar Gelächter. Musikfäden durchwoben die Luft um sie herum, leuchteten auf und verschwanden wieder wie Spinnweben.
    Es ist, als würde ich den Sang in einem verwickelten Gewebe erkennen, aber es gibt weder Kette noch Schuss. Er folgt unserem Pfad – oder wir folgen ihm .
    Sie steckte die Eichel in eine ihrer Taschen und hob die Hand in die Musik. Helle Fäden wanden sich um ihre Finger, rissen sich wieder los und trieben in den dunkler werdenden Wald. Ein Schauer überlief sie.
    »Es ist wunderschön«, flüsterte sie.
    Owyn sah sie über die Schulter an, neigte dankend den Kopf und spielte weiter.
    Sie ritten tief in den Wald hinein, während der Tag schwand und sich die Schatten unter den Bäumen ausbreiteten. Die mächtigen Buchen erschufen große Säulenhallen, in denen Banner aus Abendlicht hingen. Sie ritten über neblige Wiesen und an stillen Teichen vorbei, bis sie eine Lichtung erreichten, auf der zwei verwitterte, wie Säulen aufragende Steine aus dem dunklen Laub hervorragten.
    Hier hielt Owyn an und senkte seine Flöte.
    »Wartet«, sagte er, ging langsam umher und hielt den Kopf schräg, als ob er auf ein Geräusch lauschte, dass nur er allein hören konnte. Nach einer Minute lenkte Ailric sein Pferd neben Tanith und schien etwas fragen zu wollen. Owyn hob die Hand, aber er drehte sich nicht um. »Wartet bitte.«
    Tanith streckte die Hand aus und berührte Ailric am Arm. »Er weiß, was er tut. Lass ihn in Ruhe.«
    Der Astolaner unternahm keinen Versuch, seine Verärgerung zu verbergen, aber er behielt seine Gedanken für sich.
    Nach einigen weiteren Augenblicken kam Owyn zu ihnen zurück und steckte seine Flöte weg. »Heute können wir nicht weiterziehen«, sagte er. »Ihr solltet euch ausruhen.«
    Obwohl er

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