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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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versunken war, doch diese Spanne wurde jeden Tag einige Minuten kürzer, während der Dreimond näher rückte. In weniger als drei Monaten würde Lumiel die größeren, langsameren Geschwister eingeholt haben. Dann würden alle drei Monde gemeinsam am Morgenhimmel stehen, und überall würden die Schiffe tiefere Gewässer aufsuchen. Nicht einmal die Seeelfen würden unter dem Dreimond eine Landung wagen, wenn die Tide wütete.
    In den Geschichten, die er als Kind verschlungen hatte, war der Dreimond immer ein Vorzeichen für schlimme Ereignisse gewesen: für den Aufstieg eines Tyrannen oder eine katastrophale Flut wie die, in der Al-Amar untergegangen war. Er hatte nicht viel für Aberglauben übrig, aber da nun der Schleier schwächer wurde und der Dreimond bevorstand … Es war ein bemerkenswerter Zufall.
    Der Kessel blubberte, und Gair sah wieder hinaus auf den Vorhof. »Komm schon, alter Mann. Wir müssen von hier verschwinden.«
    Noch immer war nichts von ihm zu sehen. Gair wollte sich gerade abwenden, als eine Bewegung seine Aufmerksamkeit erregte. Ein dunkler Umriss veränderte die Silhouette der Mauer neben dem Tor – vielleicht eine weitere Katze, die auf ihrer nächtlichen Patrouille über die Mauerkrone lief. Doch dann sprang die Gestalt in den Hof hinunter, und Gair erkannte, dass es keine Katze war – es sei denn, es gab Katzen von der Größe eines kleinen Mannes.
    Mit einem kurzen Gedanken löschte er den Glimm. Jemand, der auf diese Weise über eine Mauer kletterte, konnte nur Ärger bedeuten.
    Er nahm den Qatan vom Tisch und sprang zur Tür der Gästehalle. Die butterweichen Sohlen der Stiefel aus Gimrael verursachten kaum einen Laut auf den Fliesen des Bodens. Er drückte den Rücken gegen die Wand neben der Tür und lauschte. Da. Ein leises Knirschen war zu hören, als ob ein Riegel irgendwo zurückgezogen wurde, doch dann übertönte das Jaulen des Kessels auf dem Feuer alle anderen Geräusche. Verdammt! Sein Puls wurde schneller, als er das Schwert aus der Scheide zog.
    Schweres Atmen und ein seltsames Schnüffeln drangen durch die Tür. Es waren also mindestens zwei Personen oder ein Mann und irgendein Tier. Vorsichtig legte Gair die Scheide auf den Boden, damit er eine Hand freihatte, und wartete.
    Die Klinke wurde niedergedrückt, und langsam schwang die Tür nach innen auf. Ein Schatten in Form eines Mannes in einem Barouk ergoss sich über den Boden. Die eine Hand, die er sehen konnte, hielt keine Waffe. Wo war der zweite Mann?
    Der Eindringling machte einige Schritte in die Gästehalle hinein, drehte den Kopf und sah sich um. Vom Kaif bis zu den Stiefeln war er in Schwarz gekleidet, und er war von durchschnittlicher Größe, was Gair einen Vorteil verschaffte, da er mindestens einen Kopf größer war.
    Nachdem der Fremde noch einen weiteren Schritt in den Raum hinein gemacht hatte, sprang Gair ihn an. Er legte dem Mann den linken Arm um den Hals, packte ihn mit dem rechten an der Schulter und drehte den Eindringling um. Der wehrte sich, und Gair drückte den Kopf des Gegners mit seinem Oberarm zurück, während er den Qatan an die Haut unter dem verschleierten Kinn hielt.
    »Keine Bewegung, oder ich schneide dir die Kehle durch«, sagte er.
    Die Gegenwehr erlahmte. Eine Hand glitt blitzschnell zwischen seine Schenkel und packte Gairs Hoden mit festem Griff. »Nicht, wenn ich dich vorher kastriere, Reichssohn.«
    Es war die Stimme einer Frau. Sie benutzte die gemeinsame Sprache, und in ihrer Stimme lag ein sinnliches Schnurren, das unter anderen Umständen außerordentlich erregend gewesen wäre – vor allem, da ihre Hand zwischen seinen Schenkeln steckte. Zwei weitere Gestalten erschienen in der Tür; die eine stützte die andere, die den Kopf gesenkt hielt und offenbar kurz vor dem Zusammenbruch stand.
    »Dieser Mann ist verletzt«, sagte der, der ihn stützte, durch zusammengebissene Zähne. »Ich versichere dir, dass unsere Absichten ehrenhaft sind.«
    »Wenn man ehrenhafte Absichten hat, klopft man vorher an. Bringt ihn herein.« Gair hob sein Schwert und ließ die Wüstenfrau los. Ihr Griff um seine Hoden lockerte sich, aber sie nahm die Hand nicht völlig weg. Er sah sie starr an. »Würde es dir etwas ausmachen …«
    Schlehendunkle Augen sahen ihn über den Sandschleier hinweg an und glitzerten, als würde sie lächeln. Sie drückte sich von seiner Brust ab, liebkoste seine Männlichkeit noch einmal provozierend und murmelte: »Es würde mir gar nichts ausmachen.«
    Erst als sie

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