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Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Kellner mir eigentlich hinterherlaufen und rufen sollen, er habe mir zu wenig Wechselgeld herausgegeben, und dabei hätte er mir einen Zettel mit Anweisungen in die Hand drücken sollen, wie ich meinen Kontakt treffen kann. Aber stattdessen haben mir ein paar Kultisten einige Straßen weiter einen Hinterhalt gestellt. Ich fürchte, deine Deckung ist aufgeflogen, Kanonikus«, sagte Alderan und klang nun sehr ernst. »Der Drachen-Jihad ist verraten worden.«
    Eine ganze Minute lang sagte Kanonikus nichts, dann fiel die Anspannung von ihm ab, und er ließ sich auf der Bank neben ihm nieder.
    »Das wissen wir.« Er schob sich den Kaif vom Kopf und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Plötzlich wirkte er sehr müde – und sehr jung. »Vielleicht sollte ich besser sagen, dass wir es nach dem, was Uril letztes Jahr zugestoßen ist, vermutet haben. Wir befanden uns auf dem Weg zum Teehaus, um Nachforschungen anzustellen. Durch reinen Zufall haben wir eine Abkürzung durch die Gasse hinter dem Weinhändler genommen, die sich die Kultisten offenbar zu ihrem Arbeitsgebiet erkoren hatten, und so haben wir dich gefunden.«
    »Dafür bin ich euch dankbar.« Alderan neigte den Kopf.
    »Danke Terz, denn es war ihre Idee. Manchmal glaube ich, sie schleicht nur um des Schleichens willen durch die finstersten Gassen.«
    Terz streckte ihrem Bruder die Zunge heraus. Auch sie nahm ihren Kaif ab und schüttelte das üppige schwarz Haar aus, das sich in Wellen auf ihre Schultern legte. Die silberne Klinge blitzte ein letztes Mal zwischen ihren geschickten Fingern auf, dann ließ sie den Dolch wieder hinter ihrer Schärpe verschwinden. Es war einer von zweien, bemerkte Gair zu seinem Verdruss. Sie erkannte, dass er es gesehen hatte, und grinste.
    Er versuchte, ihr nicht zu zeigen, wie sehr sie ihn verunsichert hatte, und fragte: »Was soll denn jetzt geschehen? Auf uns wartet hier noch viel Arbeit, Alderan.«
    Der alte Mann sah Kanonikus nachdenklich an; dieser saß am Tisch und hatte den Kopf in die Hände gestützt. »Ich habe nach dem Jihad gesucht, weil ich wissen wollte, wie schlimm die Dinge hier stehen. Die Frage scheint sich bereits selbst beantwortet zu haben, also können wir uns vielleicht gegenseitig helfen.«
    »Wir hegen keine große Zuneigung zum Reich, alter Mann.« Terz stellte die Füße zu beiden Seiten der Bank auf den Boden und schien bereit, jederzeit aufzuspringen. »Und wir brauchen keine Hilfe.«
    »Im Norden haben wir ein Sprichwort«, sagte Alderan. »Wenn ein Nagel eingeschlagen werden muss, ist dazu jeder Hammer geeignet.«
    »Wir haben viele Hämmer in unserer Stadt«, sagte Terz und murmelte noch etwas auf Gimraeli. Dann drehte sie sich zu Kanonikus um. »Heute Nacht sind zu viele Kultisten auf der Straße. Wir sollten gehen.«
    Ihr Bruder stützte das Kinn in die Hand. »Sag mir, woher du die Passwörter wusstest.«
    »Sagt mir, woher ihr wusstet, dass ihr Alderan hierherbringen musstet«, warf Gair ein, dessen Geduld am Ende war.
    Kanonikus hob die Hand. »Bitte, Sayyar. Meine Frage ist von größerer Wichtigkeit, glaube ich. Es hängen viele Leben davon ab.«
    Alderan tupfte sich mit dem Spültuch noch mehr Blut von der Nase. »Ich kannte Uril. Er hat mir gesagt, welche Fragen ich in dem Teehaus stellen soll, falls es für mich jemals notwendig werden sollte, die Jihadi zu finden.«
    »Dann weißt du also auch, dass Uril tot ist?«
    »Ja.« Der alte Mann nickte. »N’ril hat es mir gesagt.«
    N’ril hat etwas mit den Jihadi zu tun? Gair runzelte die Stirn. »Verzeihung, aber wer war Uril?«
    Es war Terz, die darauf antwortete. »Das solltest du eigentlich wissen, Reichsjunge«, knurrte sie. »Du trägst sein Schwert.«
    N’rils Bruder. Natürlich! Die Ähnlichkeit der Namen hätte es ihm verraten müssen.
    Mit eisiger Stimme fügte Terz hinzu: »Ich würde wirklich gern wissen, wie du daran gekommen bist.«
    »Ich kenne N’ril. Er hat vorgeschlagen, dass ich während meiner Zeit in diesem Land dieses Schwert trage.«
    Sie verzog die Lippen. »Dann sorge dafür, dass du es nicht entehrst.«
    »Terz«, sagte Kanonikus mit der müden Geduld eines Vaters, der seinem eigensinnigen Kind gegenüber eine Anweisung wiederholen muss. Dann setzte er seinen Bericht fort. »Seit seinem Tod haben wir sechs Zellen verloren. Neunzehn Personen – einschließlich Uril – sind wie die Tiere abgeschlachtet worden.«
    »Viel schlimmer als Tiere«, knurrte Terz. »Tieren schlitzt man wenigstens die Kehle auf, bevor

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