Die wilde Jagd - Roman
ergriffe. Lange habe ich davon geträumt .
»Hilf uns, die Besatzer zurück aufs Meer zu treiben, über das sie gekommen sind, und das Land wird dir gehören.«
Die Stille dehnte sich immer weiter aus.
Ich habe eine Prüfung für euch. Wenn ihr euch würdig erweist, werde ich euch helfen .
Etwas wie ein Seufzen entfuhr den Sprecherinnen und ihren Häuptlingen. Niemand bewegte sich, niemand sprach ein Wort, aber die Spannung ließ spürbar nach; es war wie ein langsames Ausatmen, nachdem man lange den Atem angehalten hatte.
»Nenne deine Prüfung!«, jubelte Ytha. Ihre Augen leuchteten im Schein der Kohlenpfanne. »Wir warten auf deinen Befehl.«
Findet den Schlüssel, mit dem ich in meinem Gefängnis eingesperrt wurde. Das, was verschlossen ist, kann wieder geöffnet werden. Beweist mir eure Treue, und wir werden einen Pakt miteinander eingehen .
»Wir werden dein Exil beenden, Große, aber wonach müssen wir suchen? Und wo sollen wir es finden?«
Ihr werdet es in der Stadt der sieben Türme finden, bewacht von sieben Kriegern. Es hat die ganze Zeit über in meinen Träumen gebrannt, und ich spüre es noch immer. Seit mein Gefängnis verschlossen wurde, hat sich der Schlüssel nicht bewegt . Sie deutete mit ihrem Speer auf die fernen Berge, wo gerade die Monde untergingen. Dort hinten liegt er. Ich werde euch meine Hunde zur Begleitung geben, aber der Rest ist eure Sache .
Sie hob die Hand, hielt sie an ihre Lippen und stieß einen durchdringenden Pfiff aus. Er kreischte an Teias Nerven entlang, und sie schluchzte laut auf und hielt sich die Ohren noch fester zu. In den tiefsten Tiefen ihres Geistes spürte sie einen Ort der vollkommenen Schwärze, an dem sich plötzlich heißer Atem und stinkendes Fell regten.
Eure Macht nimmt ab, kleine Frauen , sagte Maegern verächtlich zu ihnen. Ihr seid schwach .
Auf Ythas Wangen zeigten sich hektische rote Flecken, als sie dem Blick der Göttin begegnete. »Wir sind stark genug, deinen Schlüssel zu finden, Große. Das schwöre ich.«
Maegerns Lippen kräuselten sich. Wir werden es sehen .
Mit einer ausholenden Armbewegung setzte sie ihren Helm wieder auf, drehte sich um und löste sich in der flammenden Wolke auf. Die Kohlenpfanne erlosch, und Teias Gedanken wurden damit ebenfalls erstickt.
8
Wenn etwa zweihundert Nordmänner feierten, war das eine lärmende Angelegenheit. Bierhörner und -humpen wurden auf Tischplatten geknallt. In Felle gekleidete Männer mit gewaltigen Bärten brüllten einander an, wobei sich kaum sagen ließ, ob sie sich stritten oder in ihrer gutturalen, kaum verständlichen Sprache Witze erzählten. Feuer loderten in den drei Gruben und trugen zur allgemeinen Hitze und zum Gestank in der Halle bei, und ein ganzes Heer von Dienern stellte Schüsseln voller halbverbrannter, noch blutiger Fleischstücke hart auf den Tischen ab, ohne darauf zu achten, was dabei verspritzt wurde oder aus den Behältnissen heraushüpfte.
All das verursachte Savin Kopfschmerzen.
Er rieb an einem Soßenfleck auf seinem granatfarbenen Seidenärmel und runzelte die Stirn. Der Gedanke, die Kultiviertheit eines Wüstenhofes für das hier aufgegeben zu haben, entsetzte ihn.
»Du trinkst ja gar nicht!«, brüllte Renngald vom Thronsitz aus. Dieser Prunkstuhl war eine Monstrosität aus Eiche, die kaum die in Pelz gewandete massige Gestalt des Mannes aufzunehmen vermochte.
»Ich bin nicht durstig«, sagte Savin und nahm etwas Brot. Er hatte sich schon vor einer Stunde satt gegessen, aber der Appetit der Nordländer auf Speise und Trank schien unstillbar zu sein.
Sein Gastgeber sah ihn finster an und schob sich die Eisenkrone aus der Stirn, wo sie auf seinen buschigen Brauen geruht hatte. »Das hier is’ doch ’n Fest. Du solltest trinken, Mann! Bier!«, schrie er und hob ruckartig sein Trinkhorn. »Bier für unsern Gast!«
Als ob es ein Trinkspruch gewesen wäre, hoben einige Dutzend Männer an den unteren Tischen ihre Becher in die rauchgeschwängerte Luft und brüllten so laut, dass es fast die Deckenbalken anhob. Vermutlich waren sie so betrunken, dass sie nicht wussten, was und warum sie brüllten.
Savin hatte in seiner Zeit bei den Nordmännern begriffen, dass sie ihre freudlose Existenz auf den dunklen Inseln damit aufhellten, dass sie den geringsten Anlass zur Ausrichtung eines Festes nutzten. Eine gute Ernte war ein Fest wert. Wenn Renngalds Preisschwein ferkelte, gab es ein Fest. Wenn die Sonne nach dem Regen wieder herauskam, ebenfalls. Savin mied so
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