Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die wilde Jagd - Roman

Die wilde Jagd - Roman

Titel: Die wilde Jagd - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
benennen!«
    Plötzlich verlor Teia die Geduld. Sie wusste nicht, ob ihr Vater in Sicherheit war, sie war müde und hatte Angst und wollte das Getue der Männer nicht länger ertragen.
    »Wenn du mit dem Heldenspielen fertig bist, werde ich dir den Arm verbinden«, sagte sie gereizt, drehte sich auf dem Absatz um und ging weg.
    »Hört euch die mal an«, meinte einer der Männer.
    »Sie trägt noch nicht einmal dein Zeichen, und schon hat sie die Hosen an!«
    Das Lachen der Männer fachte ihre Wut nur noch mehr an. Dämliche Tölpel! Es geschähe ihnen allen recht, wenn dem Häuptling der Arm bis auf die Knochen verfaulte.
    »Genug!«, rief Drwyn, und sie hörte ein dumpfes Geräusch, das nur bedeuten konnte, dass der Kadaver des Wolfes zu Boden geschleudert worden war. »Häutet ihn.«
    Sie ging schneller, bahnte sich einen Weg durch die Menge. Bald ertönten Schritte hinter ihr, und kurz bevor sie das Gemach des Häuptlings erreicht hatte, packte sie eine Hand am Ellbogen und zerrte sie herum.
    Drwyn sah sie so finster an wie eine Gewitterwolke. »Du lässt mich nicht einfach stehen, Frau«, knurrte er. Er hob die gespreizte Hand.
    Jetzt reichte es ihr.
    Sie packte seinen verwundeten Unterarm und drückte heftig zu. Frisches Blut schoss durch die Fetzen der Bandage, und er stieß einen Fluch aus.
    Teia versetzte seinem Arm einen Stoß. »Das geschieht dir recht! Wenn du nicht auf meinen guten Rat hören willst, wird er eitern und dir eine Lektion erteilen!«
    Schockiertes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, angespannt wie der Augenblick zwischen Schlag und Schmerz. Sie dachte daran, dass seit dem Tod seiner Mutter vermutlich keine Frau mehr so mit ihm geredet hatte. Keine außer der Sprecherin, und Teia besaß nicht einmal einen Bruchteil ihrer Autorität. Mochte Macha ihr helfen!
    Jetzt , dachte sie, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Jetzt .
    Drwyn sah sie böse an. Er biss die Zähne zusammen – ob vor Überraschung oder vor Wut, vermochte sie nicht zu sagen –, und dann deutete er mit dem Kopf ruckartig auf den Vorhang, hinter dem sein Gemach lag. »Rein mit dir!«
    Tränen wallten in ihren Augen auf, aber sie war fest entschlossen, nicht zu weinen. Teia stieg die grob behauenen Stufen empor, die zu dem Vorhang führten. Sie spürte Drwyns Gegenwart und konnte nicht verhindern, dass sie die Schultern in Erwartung eines Schlages hochzog. Für ihren offenen Ungehorsam würde er sie auspeitschen oder unbarmherzig rammeln, um ihr zu zeigen, wo ihr Platz war, ob sie nun schwanger war oder nicht. Diese beiden Aussichten führten dazu, dass ihr vor Entsetzen die Zunge am Gaumen klebte.
    Er schloss den Vorhang hinter ihnen und stürzte so das Gemach in Finsternis, die nur von den glühenden Lampenaugen an den Wänden durchbrochen wurde. Teia wartete und hörte, wie er an seiner Kleidung herumnestelte. Sie erwartete, auf die Knie gestoßen zu werden.
    »Mach Licht, Frau.«
    Sie schloss die Augen und hatte die Finger in dem Stoff ihres Rockes verkrallt. »Warum? Damit du besser sehen kannst, wie du mich schlägst?«
    Etwas Weiches, Massiges flog an ihr vorbei auf das Nachtlager. Es war sein Mantel.
    »Kannst du dich etwa im Dunkeln um eine Wunde kümmern?«
    Macha sei gepriesen . Zitternd vor Erleichterung ging Teia zur nächsten Lampe und drehte an den Schrauben, mit denen sie die Helligkeit der drei Dochte einstellen konnte. Ihre Finger bebten so sehr, dass die Flammen tanzten, doch es gelang ihr, eine Lampe nach der anderen aufzudrehen, sodass das Gemach schließlich von goldenem Licht erfüllt war.
    »Endlich. Es sind schon Männer beim Warten verblutet«, brummte er. Sie drehte sich zu ihm um. Er saß auf einem Hocker in der Mitte des Gemachs und streckte den blutigen linken Arm aus.
    »Nur ein Kratzer, ja?«, meinte sie und biss sich auf die Lippe, als er sie mit einem finsteren Blick bedachte.
    Ohne ein weiteres Wort holte sie eine Schüssel mit Wasser sowie einige saubere Tücher und den Lederbeutel mit den Kräutern, deren Gebrauch ihre Mutter ihr gezeigt hatte. Sie kippte eine großzügige Dosis Bitterminze ins Wasser, die die Wunde säubern würde. Während sich das pulverisierte Kraut auflöste, kniete sie sich vor Drwyn und wollte seinen Verband aufknoten, doch der war so stark aufgequollen, dass es ihr nicht gelang. Sie würde den Stoff durchschneiden müssen.
    Teia sägte ihn mit ihrem Messer auf, wickelte das blutige Tuch auseinander und warf es beiseite. Später würde sie es verbrennen. Die

Weitere Kostenlose Bücher