Die Wilden Hühner
Jungs.«
»Stimmt. Weil sie alle blöd sind.«
Frieda seufzte. »Mensch, du bist schon fast so giftig wie deine Oma. Färbt das ab oder so?«
Das saß. Zwei Stufen lang kaute Sprotte sprachlos auf ihrer Lippe herum. Wenn jemand anders so was zu ihr gesagt hätte, dann hätte sie sich auf der Stelle umgedreht und wäre weggegangen. Aber Frieda war schließlich ihre beste Freundin. Und Frieda konnte ziemlich beleidigt sein, wenn man sie einfach stehen ließ. Einmal hatte sie eine Woche lang kein Wort mit Sprotte gesprochen. Eine Woche!
Deshalb murmelte Sprotte nur: »Immer nimmst du deinen Bruder in Schutz.«
»Stimmt gar nicht«, sagte Frieda. »Aber er ist schließlich mein Bruder. Das verstehst du nicht, weil du eben keinen hast.« »Na, zum Glück«, sagte Sprotte. »Darauf kann ich wirklich gut verzichten!« Wer war schon so blöd, sich einen Bruder zu wünschen? Sie jedenfalls nicht.
Das Mittagessen verlief erst ganz friedlich. Es gab Spagetti, extra für Sprotte, und Friedas Vater erzählte einen Witz nach dem andern, bis Sprotte vor Lachen keinen Bissen mehr runterbekam. Titus, Friedas älterer Bruder, war zum Glück so mit seinen Spagetti beschäftigt, dass er gar nichts sagte.
Aber dann, als Sprotte sich gerade den köstlichen Nachtisch auf der Zunge zergehen ließ, sagte Friedas Mutter: »Ich bin heute Nachmittag zum Kaffee eingeladen, Frieda. Spätestens um sechs bin ich zurück. Vielleicht hat Sprotte ja Lust, dir Gesellschaft zu leisten, und ihr passt zusammen auf Luki auf, ja?«
Friedas Löffel blieb in der Luft hängen und Sprotte verschluckte sich.
»Aber wir haben heute Nachmittag was Wichtiges vor!«, sagte Frieda.
»Was denn?«, fragte ihr Vater. »Irgendwas für die Schule?« Sprotte und Frieda schüttelten den Kopf.
»Na, dann könnt ihr das doch bestimmt auf morgen verschieben, oder?«
»Kann Titus nicht mal aufpassen?«, fragte Frieda.
»Ich muss zum Fußball!«, sagte Titus mit vollem Mund.
»Also, Frieda, bitte!«, sagte ihre Mutter.
Frieda sah auf ihren Teller und schwieg.
Sprotte stieß sie unter dem Tisch an. Aber Frieda sagte immer noch nichts.
Titus schmatzte seelenruhig weiter, als hätte die ganze Sache nicht das Geringste mit ihm zu tun. Sprotte hätte vor Wut platzen können. Verzweifelt sah sie Friedas Mutter an.
»Es ist wirklich unheimlich wichtig«, sagte sie. »Frieda muss dabei sein. Unbedingt.«
Friedas Mutter lachte verlegen. »Was ist das denn nur für eine Sache? Nun rückt schon mit der Sprache heraus. Frieda.«
Frieda schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Es ist geheim«, sagte sie.
»Hört euch die an.« Titus schüttelte kichernd den Kopf. »Schluss jetzt«, sagte Friedas Vater, »lasst uns endlich in Ruhe essen. Schließlich kann nicht alles nach der Nase der Kinder gehen.«
»Titus muss bloß nicht aufpassen, weil er ein Junge ist«, sagte Sprotte leise. »Nur weil er ein blöder Junge ist.«
Erstaunt sahen Friedas Eltern sie an. Frieda sagte immer noch nichts. Sie wurde nur ganz weiß um die Nase.
»Aber das - das ist doch Unsinn, Charlotte«, sagte Friedas Mutter.
»Was geht dich das überhaupt an?«, knurrte Titus über den Tisch.
»Sei du bloß ruhig, du blöde Sportskanone!«, fauchte Sprotte. »Hört auf!«, sagte Friedas Vater ärgerlich. »Nächstes Mal passt Titus auf, aber heute übernimmt Frieda die Sache noch mal. Und jetzt will ich nichts mehr hören.«
»Einverstanden?«, sagte Friedas Mutter und fasste nach Friedas Hand.
Frieda sah ihre Mutter an - und nickte.
Titus grinste Sprotte an und nahm sich noch eine Portion Spagetti.
Das war zu viel. Ohne ein Wort sprang Sprotte auf, lief in den Flur, packte ihre Schultasche und riss die Wohnungstür auf. »Bloß, weil er ein blöder Junge ist!«, rief sie zurück und dann knallte sie die Tür hinter sich zu.
Die Wilden Hühner hatten sich am Schrottplatz verabredet. Als Sprotte völlig außer Puste ankam, waren Melanie und Trude schon da. Trude verschlang gerade mit Heißhunger einen von ihren Lieblingsschokoriegeln.
»Wo ist Frieda?«, fragte Melanie überrascht.
»Wolltet ihr nicht zusammen kommen?«
»Frieda darf babysitten«, sagte Sprotte.
»Na, ein Glück, dass ich keinen kleinen Bruder hab«, seufzte
Melanie.
»Och, ich hätte gern einen«, sagte Trude. »Aber meine Eltern wollen nicht.«
»Unsre Fahrräder lassen wir am besten hier«, sagte Sprotte und stieß Melanie an. »Geh du voran. Du warst als Letzte hier.«
Der kleine Wald, in dem die Pygmäen
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