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Die wilden Jahre

Die wilden Jahre

Titel: Die wilden Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Frühstück brachte. »Aber wenn du auch ein Offizier bist«, er deutete auf die Exkremente der Nacht, »so eine Schweinerei darfst du nicht machen, Captain.«
    »Wasser!«
    »Oder Schnaps, Captain?« erwiderte Bob, stellte eine neue Flasche auf den Tisch und kicherte wie der alte Lessing.
    »Frische Wäsche«, bat Felix.
    »Nee, Captain – solange du nicht stubenrein bist, mußt du schon …«
    Sie haben mich hereingelegt, dachte Felix, und es geschieht mir ganz recht. Entweder waren es die Tabletten oder vergällter Whisky; jetzt wollen sie mich so lange vergiften, bis ich immun bin. Gar nicht so dumm, diese Kur, nur – er blickte um sich – recht unappetitlich …
    Schließlich schlummerte er ein, verschlief den ganzen Vormittag und wurde dann vom Gestank geweckt. Er erhielt keine Seife, keine Zahnbürste, keine saubere Bettwäsche; sie verabfolgten ihm nichts außer dem vergällten Whisky.
    Felix trank weiter und übergab sich. Er lag mit zerrissenem Hemd im Schmutz. Es ekelte ihn vor seiner Haut. Er hatte den Geschmack fauler Äpfel im Mund, in einem Mund, der Susanne geküßt hatte und der sie nie wieder berühren durfte.
    Dreckschwein! beschimpfte er sich und stürzte sich aus dem Fenster. Er fiel und fiel, schlug auf, hörte die Sirenen und den Arzt, der sich über ihn beugte. »Der Mann ist so gut wie tot – aber schafft ihn zur Ambulanz«, sagte er. Er warf Felix eine Decke über den Kopf. »Der Kerl wäre sowieso vor die Hunde gegangen«, kam die Stimme aus dem Dunkel.
    Sie legten Felix auf den Operationstisch. »Da bin ich doch gar nicht zuständig«, sagte der Chirurg wütend. »Holt die Leichenfrau!« Geschafft, dachte Felix, endlich erlöst, als etwas Weißes auf ihn zukam. Es war Martins Mutter, und sie hielt eine Schlange in der Hand, die Gift spie, einen großen starken Strahl, der auf sein Gesicht zielte. Felix lief an der Wand entlang, aber die Dompteuse jagte das Reptil hinter ihm her. Und die, dachte er, habe ich in ganz Europa suchenlassen.
    Endlich hoben sie ihn auf und warfen ihn in die Grube. Aber sie hatten auch Dr. Snyder bestochen. Er drang ein, brachte einen Vampir mit, legte ihn auf sein Herz und ließ ihn Blut saugen.
    »Bin doch schon tot, Doc«, wimmerte Felix.
    Mac zog ihm das Hemd über den Kopf.
    »Gleich vorbei, mein Junge«, sagte der Arzt beruhigend.
    »Bring mich ruhig um, Doc – ich bin auch bloß ein Mörder. Hörst du …?«
    Dr. Snyder legte den Vampir aus der Hand. Jetzt sah Felix, daß es nur ein Stethoskop war, und die giftspeiende Schlange erwies sich als ein gewöhnlicher Gartenschlauch, mit dem Bob den Unrat der Zelle hinweggeschwemmt hatte; schließlich merkte Felix, daß er nicht in einer Grube lag, sondern auf einem frischüberzogenen Bett.
    »Dein Herz ist zäh und tapfer, Bulle«, sagte der Arzt und strich Felix über die Haare. »Und jetzt möchte ich hören, wieso du ein Mörder bist …«
    Der Kranke drehte den Kopf beiseite und schwieg.
    »Bedrückt dich die Geschichte mit dem alten Ritt?«
    »Woher weißt du?« fragte Felix.
    »Ja oder nein?«
    »Ja«, antwortete Felix mit tiefer, dumpfer Stimme.
    »Du quälst dich also, weil du einen Verbrecher dorthin gebracht hast, wohin er schon längst …«
    »Ich bin nicht für den Strick«, erwiderte Felix langsam, »ich bin überhaupt gegen die Todesstrafe.« In seinem eingefallenen Gesicht spannte sich die fahlgelbe Haut. »Ich hatte es nur eine Zeitlang vergessen.«
    »Auch ich bin gegen die Todesstrafe«, sagte Dr. Snyder kalt, »vor allem dann, wenn sie an dir vollzogen werden soll.«
    »An mir?«
    »Hör zu, Felix – diese braunen Burschen haben ein paar Millionen von euch umgebracht, und du gehörst zu den wenigen, die ihnen zufällig entkommen sind. Aber wenn du so weitermachst: wenn du trinkst, weil du nicht vergessen willst, und nicht vergessen kannst, weil du trinkst – dann wirst du das letzte Opfer der Nazis sein. Willst du das?«
    Felix schwieg verbissen.
    »Wir haben sie besiegt«, fuhr der Arzt fort, »aber wenn du willst, kannst du dich von ihnen noch nachträglich umbringen lassen …«
    Über das Gesicht des Patienten zog ein sprödes, schmales Lächeln.
    »Manchmal frage ich mich, Doc«, erwiderte er, »ob ich bei der Abteilung für psychologische Kriegsführung war oder du.«
    »Ihr habt sicher bei dieser Abteilung eure Mätzchen gemacht«, entgegnete der Arzt, »aber verlaß dich darauf, mein Junge, was ich dir sagte, ist keins.«
    »Gibst du mir eine Chance?« fragte

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