Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
sich Ole ein. »Und den kaputten Weidezaun!«
»Und Ihr Schorschi hat uns das Melken beigebracht!«, fügte Lilli rasch hinzu und zählte die Namen aller Kühe auf.
Zweifelnd betrachtete Alois seinen Neffen.
»Und gestern haben wir die ganzen alten Handtücher gewaschen!«, schwindelte Ole weiter und seine tiefblauen Augen strahlten dabei über Alois hinweg zu Lilli. »Und sogar die Vorhänge. Und morgen …« Ole stockte.
»Und morgen reparieren wir die morsche Ableitung vom Brunnen!«, sprang Lilli ihm schnell bei.
Jetzt klopfte auch Alois Gelatino auf die Schultern. »Guat, dass i mi auf di verlass’n konn, Schorschi.« Er drückte die Hand seines Neffen, lächelte ihn lange an und fügte dann mit leiser Stimme hinzu: »I hob a Heidenangst …« Er pochte sich mit gekrümmten Fingern an die Brust. »Angst, dass i aus der Narkose nimmer aufwach!« Er lächelte immer noch.
Gelatino schluckte. »So a Schmarrn!«, sagte er kehlig und wandte sich ein wenig überstürzt Richtung Tür. »Wir müssen jetzt aber los. Wir ham lauter Lebensmittel im Auto. Ned, dass uns noch d’Schoklad wegschmilzt!«
Eilig verabschiedeten sich alle drei von dem alten Mann und verließen schweigend die Klinik.
Am Kleinbus angekommen, klapperte Gelatino umständlich mit dem Autoschlüssel herum und schloss den Kofferraum auf. Er wühlte kurz in den Kartons mit den Einkäufen, holte eine Tafel Schokolade raus und riss die Verpackung auf. Er brach zwei große Stücke ab und gab sie Lilli und Ole. »Danke.« Er biss von der Schokolade ab. »Er wacht ganz g’wiss wieder auf.« Kauend lächelte er Lilli tapfer an. »Ganz g’wiss!«
Der Bus mit dem Giraffenmuster parkte wieder vor dem Staigerhof. Gelatino, Lilli und Ole packten sämtliche Einkäufe in die Lastenseilbahn, schickten sie per Knopfdruck nach oben und machten sich an den beschwerlichen Aufstieg.
Noch ein gutes Wegstück unterhalb der Bergstation der Lastenseilbahn fing Ole bereits an, sich per Funk bei den anderen zu melden. »Hier Ole, bitte alle zur Seilbahn kommen und tragen helfen!«
Im Lautsprecher seines Walkie-Talkies rauschte, knisterte und pfiff es, aber niemand meldete sich. Alle paar Schritte blieb Ole stehen und versuchte erneut, jemanden auf der Hadersdorfer-Alm zu erreichen. Vergeblich.
»Hoffentlich ist nichts passiert!«, keuchte Lilli und stieg über ein Rinnsal, das den steinigen Weg kreuzte.
Ole wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Wir können all die Einkäufe doch nicht allein zur Alm raufschleppen!«
Auch Gelatino, der den ganzen Marsch lang recht schweigsam gewesen war, schüttelte erschöpft den Kopf. »I dat sag’n, wir laden’s nur aus!« Er beschleunigte und erreichte mit ein paar Riesenschritten die Seilbahn. »Rauftragen soll’n’s dann die anderen!«
Zu dritt räumten sie die Seilbahn aus, stapelten die Einkäufe auf der Plattform, wickelten alles in eine der alten Planen aus der Hütte der Bergstation und wanderten weiter.
Erst dachte Lilli, es würde schneien. Aber was da vor der Hadersdorfer-Alm durch die Luft schwebte, waren keine Schneeflocken, sondern winzige weiße Daunen. Ab und an segelte auch eine etwas größere Feder zu Boden.
Die Kühe hatten sich ganz ans andere Ende der Koppel verzogen, die Ziegen standen aufgereiht wie die Orgelpfeifen am Zaun und beäugten neugierig das wilde Treiben.
Very und Mitch lieferten sich auf der Veranda eine Kissenschlacht.
»Nimm das und das und das!« Ein Kissen am Zipfel festhaltend, peitschte Very auf Mitch ein, der sich schützend die Arme über den Kopf hielt.
»Wo sind Enya und Erik?« Lillis Frage ging in Mitchs Kampfgeschrei unter, beantwortete sich aber sogleich von selbst. Aus einem der Giebelfenster sauste ein kleines Kissen heraus und trudelte um sich selbst. Ole folgte als Basketballer seinen Instinkten, fixierte das Flugobjekt rückwärtslaufend und fing es in einem sportlichen Sprung.
Durchs Fenster drang Eriks Stimme. »Nicht, Enya, nein … ich bin nicht kitzlig, nicht, ich …!« Wie um das Gegenteil seiner Worte zu beweisen, lachte er laut los. »Ich geb auf, Enya, ich ergebe mich!«
Unten auf dem Hof erschien Little neben dem Heustadel, dicht gefolgt von Bob. Zwei Kissen schwingend, jagte sie Little über den Vorplatz.
»Gib mir mein Kissen wieder …«, krächzte Little.
Bob holte mit beiden Armen weit aus und ließ die beiden Kissen so aufeinanderklatschen, dass Littles Kopf dazwischen verschwand. Man hörte ihn was Unverständliches
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