Die Wildkirsche. Erotischer Roman
dachte schon, du hättest mit einer anderen Frau geschlafen.«
»Ach, Lorraine. Wieso reagiert ihr Frauen nur immer auf diese Weise? Gott hat uns unterschiedlich gemacht. Ihr werdet von romantischen Gefühlen getrieben. Mit uns Männern ist es anders. Wir können den Verlockungen des Weibes nur schwer widerstehen. Ich kann den Körper einer Frau begehren, ohne ihr Herz besitzen zu wollen.«
Lorraines Stirn legte sich in Falten. Waren Gefühl und Körperlichkeit nicht untrennbar miteinander verbunden? Wieso hatten nur Männer die Fähigkeit, beides voneinander zu trennen?
Das Geschrei von Kindern schreckte sie plötzlich aus ihren Gedanken.
»Was ist denn vor eurem Haus los?«, wunderte sich Etienne und schritt zum Fenster, um den Vorhang zur Seite zu ziehen.
»Pass auf, dass dich niemand sieht«, beschwor Lorraine ihn und spähte neugierig über seine Schulter.
Vor dem Garten hatten sich die Kinder der Nachbarschaft um Beaumont und Giffard gesammelt. Die beiden Männer hatten Schwierigkeiten, an ihnen vorbei zum Gartentor zu gelangen. Was hatte dieser Andrang zu bedeuten? Ihr Vater war zwar bei den Kindern sehr beliebt, da er sich gern um sie kümmerte, ihnen Geschenke machte und sie manchmal unterrichtete. Doch nie war es zu einem derartigen Ansturm gekommen. Hastig zog sie Etienne vom Fenster weg, aus Sorge, ihr Vater könne ihn zufällig erblicken.
»Wer ist denn dieser merkwürdige Mann neben deinem Vater?«
»Das war Giffard. Du kennst ihn doch.«
»Nein, es war noch jemand bei ihm. Merkwürdig, ich könnte schwören, er lief gebückt.«
»Gebückt? Bist du dir sicher?«
»Ich habe ihn doch mit eigenen Augen gesehen.«
»Vielleicht ist er ein Patient, der einen Hexenschuss hat?«
»Das klingt einleuchtend.«
Lorraine streifte sich eilig ihr Kleid über und band die Haare zu einem Knoten. »Vater darf dich hier nicht sehen. Am besten kletterst du aus dem Fenster, sobald er das Haus betreten hat.«
»Lieber nicht. Die Kinder werden mich sehen, und dann ist unser Geheimnis im Nu Stadtgespräch!«
Nachdenklich fuhr sie sich mit dem Zeigefinger über das Kinn. »Das stimmt. Dann lenke ich Vater und Giffard ab, damit du dich aus der Hintertür hinausschleichen kannst.«
»Viel lieber würde ich noch ein Weilchen bei dir bleiben, ma chère.«
»Oh Etienne!« Sie seufzte glücklich. »Das würde mir auch sehr gefallen.«
»Wie soll ich die Zeit ohne dich nur überstehen? Heh, ich habe eine Idee!« Seine Hände legten sich auf ihre Wangen. »Geh heute Abend früh zu Bett und warte auf mein Zeichen.«
Verwirrt blickte sie zu ihm auf.
»Ein heimliches Treffen, heute Nacht«, erklärte er. Lorraine war begeistert! Überglücklich schlug sie die Hände zusammen.
Ihre Lippen wollten sich gerade sinnlich berühren, als ein Poltern von der Treppe zu ihnen heraufdrang. Erschrocken wichen sie auseinander.
»Was war das?«, flüsterte Lorraine.
Ehe Etienne antworten konnte, vernahmen sie das Knurren eines Tieres.
»Leila«, sagte Etienne erleichtert, doch Lorraine schüttelte den Kopf. Die zierliche Hündin, die sie einst aus einem Bach gefischt hatte und zu einer treuen Gefährtin geworden war, klang anders. Sie hatte ein viel helleres Stimmchen. »Soll ich nach dem Rechten sehen?«, fragte er.
»Warte einen Augenblick.« Sie legte das Ohr an die Tür und lauschte. Auf der anderen Seite meinte sie ein Grollen zu hören, das sie keinem Tier zuordnen konnte. Fast zeitgleich erklang die Stimme ihres Vaters.
»Hier entlang, so ist es gut, immer einen Schritt vor den anderen.«
»Ich habe dir gesagt, dass das niemals gut gehen wird«, sagte Giffard. »Du hättest die Finger von ihm lassen sollen, Beaumont.«
»Er ist nur aufgeregt. Die Kinder, die neue Umgebung, das alles macht ihn nervös.« Die Stimmen entfernten sich, dann schlug eine Tür zu, und Ruhe kehrte ein.
»Sie sind im Gästezimmer«, sagte Lorraine und drehte sich zu Etienne um, der die Arme um ihre Taille legte und sie näher an sich heranzog.
Tief blickte er ihr in die Augen und senkte sein Haupt.
Sie stellte sich mit klopfendem Herzen auf die Zehenspitzen und bot ihm ihre Lippen dar. »Ich freue mich auf heute Abend«, flüsterte sie, bevor er ihren Mund mit einem Kuss verschloss.
Dann schritt er zur Tür und legte ebenfalls sein Ohr an die Tür. »Meinst du, ich kann es jetzt wagen?«
»Lass mich vorgehen.«
Sie öffnete die Tür einen kleinen Spalt, schlüpfte hindurch und winkte ihn die Treppe herunter. Danach dirigierte sie ihn in
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