Die Wildkirsche. Erotischer Roman
verfing sich ihr Fuß im Stoff ihres Kleides, und Lorraine stürzte. Ein gewaltiger Rums erschütterte den Kellerraum. Die Kerze fiel zu Boden und erlosch.
»Was war das? Ist dein Vater heimgekehrt?«, erklang die aufgeregte Stimme Isabelles.
»Das ist unmöglich. Bleib hier, ich sehe nach.«
Keinen Wimpernschlag später bestieg Etienne die Treppe. Notdürftig hatte er sich die Breeches übergestreift. In der Hand hielt er eine in einen Halter gefasste Kerze, deren Lichtkegel Lorraines Gesicht traf.
»Was ... machst du denn hier?«, stammelte Etienne aufgelöst, als er sie erkannte.
Lorraine richtete sich stöhnend auf, die Hand an die schmerzende Stirn gepresst. »Ich ... brauche ... ich wollte nur ...« Herrje, was sollte sie sagen?
»Hast du mich etwa heimlich beobachtet?«, entfuhr es ihm. Wütend stemmte er die Hand in die Seiten.
»Nein ... ja ... ich ...«
»Lorraine! Wie konntest du nur?«
Da stieg Wut in ihr hoch. Er wagte es tatsächlich, ihr Vorwürfe zu machen, obwohl er es war, der sie betrogen hatte!
»Hör zu, mein Lieber, so geht das nicht! Ich kann nichts dafür, wenn ihr so laut stöhnt, dass man es im ganzen Haus hört. Ich bin nur gekommen, weil ich Wundsalbe brauche. Hätte ich geahnt, dass du dich hier mit einer Hure vergnügst, hätte ich besser darauf verzichtet.«
»Ich werde gehen«, sagte Isabelle und huschte an Etienne und Lorraine vorbei die Treppe hinauf. Es war erstaunlich, wie schnell sie sich angekleidet hatte.
»Isabelle!«, rief Etienne ihr nach, aber sie drehte sich nicht nach ihm um.
»Lauf ihr doch nach«, knurrte Lorraine. »Offenbar ist sie es, der dein Herz gehört.«
»Bitte, mach mir jetzt keine Szene. Niemand ist mir wichtiger als du.«
»Das sah für mich anders aus.«
Etienne riss sich die Perücke vom Kopf und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. »Es ist zum verrückt werden. Ich hatte dir schon einmal erklärt, dass ich Liebe und Leidenschaft strikt voneinander trenne. Du bist die Frau, die ich liebe und die ich heiraten will. Isabelle könnte niemals deinen Platz einnehmen.«
Seine Worte besänftigten ihren Zorn nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie fragte sich, ob sie überhaupt einen Mann lieben konnte, der die körperliche Nähe einer anderen Frau vorzog. Es mochte in höheren Kreisen üblich sein, sich Favoriten und Maîtressen zu halten. Für Lorraine war die Vorstellung einer ständigen Rivalin unerträglich.
»Isabelle ist wirklich nicht mehr als ...«
»Lass es gut sein! Nun weiß ich, warum du mich in den Weinbergen verführtest. Du wolltest in ihrer Nähe sein.«
Etienne schüttelte den Kopf. »Das ist nicht wahr. Sie kam hierher, um Duft- und Badeöle zu kaufen.«
»Und du hast sie ihr bei der Gelegenheit vorgeführt.«
»Es war ein Fehler, es tut mir leid. Bitte, vergib mir, Lorraine. Es kommt nicht mehr vor.«
Sie atmete tief durch. Die Situation überforderte sie. Etienne schien nicht zu verstehen, wie sehr es sie verletzte, ihn in den Armen einer anderen zu sehen. Sie fühlte sich gedemütigt, hintergangen. Womöglich war Isabelle nicht die einzige, der er Avancen machte? Wie viele Maîtressen mochte er noch haben? Ihr Vater hatte sie stets vor jenen Männern gewarnt, die den Hals nie voll bekamen. Es gab reisende Händler, auf die an jedem Ort der Welt ein anderes Mädchen wartete. Gehörte Etienne zu dieser Sorte Mann?
Lorraine erhob sich, raffte ihre Röcke und eilte die Treppe hinauf in die Offizin.
»So warte doch, Lorraine!«
»Ich brauche Wundsalbe. Hast du welche im Haus oder nicht?«
Sie wollte keine Zeit verlieren. Julien war allein zu Hause. Wer wusste, was er in der Zwischenzeit angestellt hatte. Noch dazu war er verletzt. Sie wollte sich beeilen, statt den verlogenen Worten Etiennes zu lauschen.
»Natürlich.«
Er ging zu einem Regal, nahm eine kleine Schüssel und tunkte sie in einen Kübel mit einer cremigen, zähen Flüssigkeit. »Trage sie auf die Verletzung auf und lege einen Verband um die angegriffene Stelle. Für wen ist die Salbe eigentlich?«
Sie nahm die Schale entgegen und bezahlte. »Du kennst ihn nicht.«
»Ihn?« Etienne runzelte die Stirn.
»Ja, ihn. Leb wohl, Etienne.«
»Lorraine, du kannst doch nicht einfach gehen. Was wird aus uns? Wann sehen wir uns wieder?«
Er wollte sie aufhalten, da betrat eine junge Frau mit verweintem Gesicht die Apotheke.
»Etienne, ich muss mit dir reden«, brachte sie schluchzend hervor.
»Jacqueline, das ist gerade ein schlechter Zeitpunkt.« Er
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