Die Wildkirsche. Erotischer Roman
hatte nicht nur die Frau in ihr zum Leben erweckt, sondern auch eine Gier, die sie nur schwer unter Kontrolle halten konnte. Nicht auszudenken, wenn ihr Vater von alldem wüsste! Für ihn war sie immer noch das kleine Mädchen.
Ein leises Wimmern drang aus Juliens Zimmer durch die offen stehende Tür zu ihr vor. Offenbar hatte das Schlafmittel seine Wirkung dieses Mal recht schnell verloren. Lorraine wollte nach dem Rechten sehen und erschrak, als sie das Zimmer betrat und Blut bemerkte, dass unter den Seilen an seinen Hand- und Fußgelenken hervorquoll.
Julien blickte ihr aus gequälten Augen entgegen. Er musste starke Schmerzen haben. Lorraine legte beruhigend die Hand auf seine Stirn und merkte, dass sie warm war, vermutlich hatte er erhöhte Temperatur.
Sie wusste, dass sich die Wunden stärker entzünden würden, wenn sie ihn nicht von den Fesseln befreite! Es blieb ihr keine andere Wahl, als ihn loszubinden. Mit geschickten Fingern knotete sie ein Seil nach dem anderen auf. Die Haut darunter war gerötet und angeschwollen. Die Stricke hatten sich tief in sein Fleisch gefressen.
»Du musst dringend verarztet werden, daran führt kein Weg vorbei.«
Julien rollte sich auf dem Bett zusammen wie ein Kätzchen, das Schutz suchte, leckte die wunden Stellen und verzog jedes Mal schmerzerfüllt das Gesicht, wenn seine Zunge die Verletzungen streifte. Lorraine wusste nicht recht, was sie tun sollte. Konnte sie es wagen, ihn allein lassen, um zur Apotheke zu gehen und Wundsalbe zu besorgen? Es war nicht abzusehen, wann ihr Vater heimkehren würde. Madame Alan würde ihn sicherlich eine Weile für sich beanspruchen.
»Ich hoffe sehr, du stellst keinen Unsinn an, während ich weg bin. Ich beeile mich und komme so schnell wie eben möglich zurück.«
5. KAPITEL
Niemand war in der Offizin, als Lorraine die kleine Apotheke am Ende der Straße betrat. »Monsieur und Madame Poméroy? Etienne? Ist jemand hier?«, rief sie in die Stille hinein. Niemand antwortete.
Auf dem Ladentisch entdeckte sie ein kleines Glöckchen. Rasch lief sie zur Theke, um es zu läuten. Vermutlich war Jacques Poméroy im Labor und mischte Salben. Die Herstellung von Medizin erforderte Ruhe und Konzentration, die man am besten in der Abgeschiedenheit fand. Auf das Läuten der Glocke reagierte niemand. Wie merkwürdig. Hatte die Apotheke etwa geschlossen? Das war unmöglich. Die Tür hatte offen gestanden. Es sah dem alten Poméroy gar nicht ähnlich, sein Geschäft am helllichten Tag unbeaufsichtigt zu lassen. Wenn er einen Hausbesuch machte, um einer alten Dame ihre Medikamente zu liefern, ließ er zumindest Etienne in der Offizin zurück, damit er die Kunden bediente. Schließlich konnte es jederzeit einen Notfall geben. Lorraine ging an den Regalen mit Salbenschüsseln, Phiolen und Gewürzbeuteln vorbei, blieb an der Treppe stehen, die in den Keller der Apotheke führte, und lauschte. Bildete sie es sich nur ein oder hörte sie tatsächlich ein leises Stöhnen dort unten? Vielleicht war der alte Poméroy gestürzt und hatte sich verletzt?
Beherzt griff sie nach einer Kerze und stieg die Treppe ins Dunkel hinab. Die Stufen knarrten gespenstisch bei jedem Schritt.
»Monsieur Poméroy?«, flüsterte sie aufgeregt.
Zu ihrer Überraschung vernahm sie nun auch eine weibliche Stimme, die angestrengt keuchte. Misstrauisch hockte sie sich auf die unterste Stufe und lugte um die Ecke in den Raum hinein. Nur wenige Kerzen beleuchteten die Szenerie. Aber das Licht genügte, um Lorraine zu offenbaren, was tatsächlich im Labor der Apotheke vor sich ging. Eine nackte Frau saß auf einem kleinen Tisch, umgeben von zahlreichen Apparaturen, und ließ vergnügt die Beine baumeln. Ihre Haut glänzte ölig. Vor ihr stand Etienne, der abgesehen von seinen Schnallenschuhen, den langen Kniestrümpfen und der Puderperücke ebenfalls nichts am Leibe trug. Er tauchte seine Hand in eine kleine Schale, die auf einem Regal stand, und rieb seine Gespielin mit einer öligen Flüssigkeit ein, die sich wie eine zweite Haut über ihren Körper legte.
»Dieses Öl stammt aus China. Vater hat es auf einem Markt in Paris erworben«, erklärte er.
»Es riecht betörend.« Ein Gurren drang aus ihrer Kehle. Ihr Leib wand sich unter seinen Berührungen wie eine Schlange. Dann wanderten ihre Hände über seinen Bauch. »Soll ich dich vielleicht auch damit einreiben?«
Etienne presste seine Stirn gegen ihre. »Wenn es dir gut gefällt?«
»Oh ja, das würde es.«
Langsam
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