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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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ich artig darum bitte.«
    Jennie hatte keine Gelegenheit zu antworten, weil die anderen ihr zuvorkamen.
    »Natürlich bekommst du Milch und Plätzchen, mein Schätzchen!«, antwortete Peg.
    »Komm her, und setz dich zu deiner Tante Liz, du kleiner Wonneproppen!«, rief Lizzie.
    »Wartet, bis ihr an der Reihe seid. Ich darf ihn als Erste haben«, protestierte Nancy.
    James ließ es kichernd zu, dass man ihn drückte, küsste, knuddelte und mit Plätzchen vollstopfte. Ihm war spielend gelungen, was Jennie nicht geschafft hatte – die Gedanken der Frauen vom Krieg, ihren abwesenden Männern und ihren Sorgen abzulenken.
    »Sieh dir bloß die Farbe seines Haars an. Und diese Augen!«, rief Nancy aus. »Er ist doch das reinste Ebenbild seiner Mutter.«
    Jennie zwang sich zu einem Lächeln. »Ja, das ist er«, sagte sie laut und fügte im Stillen hinzu: »Das seiner wirklichen Mutter, Josie Meadows.«
    Jeder, der sie und den dreijährigen James ansah, hätte sie für Mutter und Kind gehalten. Beide hatten blondes Haar, braune Augen und eine Porzellanhaut. Doch bei näherem Hinsehen hätte man Unterschiede bemerkt.
    Während die Frauen weiterschwatzten und großen Wirbel um ihn machten, musterte Jennie ihren Sohn und erkannte die Form von Josies Augen, die Form ihrer Nase und die Biegung ihres Mundes beim Lächeln. Und plötzlich erinnerte sie sich mit verblüffender Klarheit an den Tag, als der Brief aus Binsey eintraf – der Brief von Josie, in dem sie ihr mitteilte, dass sie das Baby bekommen, dass Dr. Cobb Geburtshilfe geleistet und Jennie Finnegans Name in die Geburtsurkunde eingetragen habe, denn als die hatte Josie sich ausgegeben. Als Dr. Cobb Josie fragte, wer der Vater sei, habe sie lächelnd geantwortet: »Mein Mann natürlich, Seamus Finnegan.«
    Jennie, die immer noch eine Schwangerschaft vortäuschte, war noch am gleichen Tag nach Binsey gefahren. Dort hatte sie Josie getroffen und ihren Sohn – James – kennengelernt.
    Josie hielt ihn fest und liebkoste ihn, aber sobald sie Jennie sah, legte sie ihr das Baby in den Arm. Dann zog sie ihre Jacke an.
    »Du willst doch nicht etwa schon gehen?«, fragte Jennie überrascht. »Ich bin doch gerade erst angekommen. Du musst noch bleiben. Wenigstens noch einen oder zwei Tage. Außerdem hast du gesagt, du fährst mit nach London. Und gibst dich als ein Mädchen aus dem Dorf aus.«
    Mit Tränen in den Augen schüttelte Josie den Kopf. »Tut mir leid, Jennie, das kann ich nicht. Es wird jede Sekunde schwerer für mich. Wenn ich nicht gleich gehe, schaffe ich es überhaupt nicht mehr.«
    Jennie sah ihrer Freundin in die Augen und begriff, was es sie kostete, das Kind aufzugeben. »Ich kann das nicht«, sagte sie. »Ich kann ihn dir nicht wegnehmen. Er ist dein Baby.«
    »Du musst ihn nehmen. Ich kann nicht hierbleiben. Das weißt du«, antwortete Josie. »Billy Madden vergisst und vergibt nicht. Er wird mich halb totprügeln und das Baby ins Waisenhaus stecken – und das auch nur, wenn er gerade gute Laune hat. Es ist das Beste, Jennie. Das Einzige.« Sie knöpfte ihre Jacke zu, setzte ihren Hut auf und nahm ihren Koffer. »Ich schreib dir. Unter falschem Namen. Sobald ich eine Wohnung habe und eingerichtet bin. Schreib mir zurück und sag mir, wie’s ihm geht. Und schick ab und zu ein Bild, wenn du kannst.«
    »Das werde ich. Er wird geliebt werden, Josie. Geliebt und umsorgt. Immer. Das verspreche ich.«
    »Das weiß ich«, erwiderte Jennie. Sie küsste das Baby und Jennie, dann ging sie mit dem Koffer in der Hand hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Jennie verbrachte eine seltsame, beängstigende und wundervolle Woche allein mit ihrem Sohn, dann nahm sie den Zug nach London zurück. Ihrem Vater, ihren Freunden und Seamie erzählte sie, das Baby sei ein bisschen früher gekommen. Man war etwas überrascht, und sie musste sich einigen Tadel anhören, weil sie so kurz vor der Niederkunft aufs Land gefahren war, aber hauptsächlich herrschte große Freude über das neue Leben in ihrer Mitte. Niemand verdächtigte sie, das Kind einer anderen Frau als ihr eigenes auszugeben – warum auch? Nur ihr Vater und Harriet wussten Bescheid über die Verletzungen durch den Unfall. Als gläubiger Mensch jedoch nahm der Reverend James’ Geburt als ein weiteres göttliches Wunder hin. Harriet Hatcher, die Wissenschaftlerin, stellte ein größeres Problem dar. Jennie umging es dadurch, indem sie ihr erklärte, sie verbringe so viel Zeit in Binsey und habe deswegen

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