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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Schönste in ihrem Leben.
    »Aua, Mumm! Du zerdrückst mich ja!«, kreischte er.
    Die Frauen lachten. Jennie küsste ihn noch einmal auf die Wange und ließ ihn dann los. Sie sah zu, wie er an der Hand seines Großvaters aus der Küche ging, und ein paar Sekunden lang übermannten sie ihre Gefühle für ihn. Hoffentlich würde er nie herausfinden, was sie getan hatte. Und sie dafür hassen. Allein der Gedanke löste eine tiefe und schreckliche Angst in ihr aus. Sie schloss die Augen und legte die Hand an die Schläfe.
    Lizzie bemerkte dies sofort. »Alles in Ordnung, Jennie?«, fragte sie.
    Jennie öffnete die Augen wieder, nickte und lächelte. »Mir geht’s gut. Ich bin nur ein bisschen müde, das ist alles.«
    Peg grinste hinterhältig. »Vielleicht bist du wieder schwanger?«
    »Peg McDonnell! Wie kannst du so was Gemeines sagen. Ihr Mann ist doch fort!«, tadelte Lizzie sie.
    »Ach, jetzt hab dich nicht so, ja? Ich hab doch bloß gescherzt«, entgegnete Peg.
    Jennie lächelte und gab vor, das Gekabbel der Frauen sei wahnsinnig lustig. Doch tief in ihrem Innern wusste sie, dass es keine Rolle spielte, ob Seamie hier war oder nicht, weil sie ohnehin nie ein Kind von ihm bekommen würde. Nie. Selbst wenn er noch mit ihr schlafen wollte, was nicht der Fall war, könnte sie ihm kein Kind schenken.
    »Wenigstens schreibt Jennies Mann. Ich hab von meinem Ronnie seit einer Woche nichts mehr gehört«, sagte Peg, und ihre gewöhnlich laute, durchdringende Stimme klang plötzlich ganz leise. Nun, da James fort war, kehrten wieder die angstvollen Gedanken zurück.
    Jennie glaubte, Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. Allie musste dies auch bemerkt haben. »Er hat nicht geschrieben«, sagte sie, »weil er dich wegen eines französischen Mädchens verlassen hat. Ihr Name ist Fifi LaBelle.«
    Alle Frauen kreischten vor Lachen. Peg wischte sich über die Augen und machte ein finsteres Gesicht. Allie zwinkerte ihr zu und stieß sie mit dem Ellbogen in die Rippen, um ihre trübe Stimmung zu vertreiben. Allie wusste, dass Peg sich keine Sorgen machte, ihr Ronnie hätte sich mit einer Französin eingelassen. Sie machte sich Sorgen, er sei getötet worden.
    »Fifi LaBelle hat Titten so groß wie Melonen und Federn im Haar, und sie trägt pinkfarbene Seidenschlüpfer mit Diamanten darauf«, fügte Allie hinzu.
    »Ich hab nichts dagegen«, seufzte Peg. »Fifi kommt ihm sicher ganz recht. Der Kerl ist immer scharf. Keine Minute lässt er mich in Ruhe. Ach, ich vermisse ihn so sehr.«
    Erneut gab es großes Gelächter, gefolgt von anzüglichen Bemerkungen. Jennie beobachtete und beneidete sie. Französische Mädchen waren nicht ihr Problem. Ihr Ehemann war in keine Französin verliebt. Er liebte ein englisches Mädchen, und zwar für immer.

   52   
    W illa saß, die nackten Füße diskret verhüllt, auf einem weichen Teppich in einem Bayt char – einem schwarzen Beduinenzelt, das aus Ziegenhaar gewebt war. Das Zelt war riesig und reich mit edlen Teppichen und Behängen geschmückt – alles Zeichen von Macht und Reichtum seines Besitzers, die Willa jedoch kaum wahrnahm. Ihre Aufmerksamkeit galt allein dem Glas mit Minze gewürztem, süßem Tee in ihrer Hand. Fünf Tage lang war sie mit Lawrence und Auda durch die Wüste geritten und hatte nichts zu sich genommen außer Wasser, Datteln und getrocknetem Ziegenfleisch. Der Tee schmeckte so köstlich und tat ihr so gut, dass sie sich mühsam ermahnen musste, ihn langsam in kleinen Schlucken zu trinken, statt ihn gierig hinunterzustürzen, denn sie wusste genau, dass die Beduinen großen Wert auf gutes Benehmen legten und niemanden bewirteten, den sie für grob und ungehobelt hielten.
    Lawrence hatte nach den Beni Sakhr, den Söhnen des Felsens, gesucht, einem Beduinenstamm, und ihrem Anführer Scheik Khalaf al Mor. Früher am Tag hatten sie sein Lager gefunden. Khalaf hatte einen Boten geschickt, um sie nach ihren Absichten zu fragen.
    »Salaam aleikum«, sagte Lawrence zu dem Mann und verbeugte sich leicht, die Hand aufs Herz gelegt. »Friede sei mit dir.«
    »Wa aleikum salaam«, antwortete der Mann. »Friede sei auch mit dir.« Dann sagte er ihnen, sein Name sei Fahed.
    »Ich bringe Grüße von Faisal ibn Hussein«, fuhr Lawrence auf Arabisch fort. »Ich möchte mit deinem Scheik sprechen. Ihn um Rat und Hilfe in unserem Krieg gegen die Türken bitten. Ich bin Lawrence aus England. Das ist Auda abu Taji, ein Führer der Howeitat. Und das ist Willa Alden, meine

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