Die Wildrose
stieß sie hervor und legte die Hand auf die Brust.
Max lächelte, aber seine Augen waren kalt. »Was machst du hier, Maud?«, fragte er.
Maud hatte Todesangst, durfte sich aber nichts anmerken lassen. Sie musste sich ein bisschen verwirrt geben und daraus Vorteil schlagen. Es war ihre einzige Chance.
»Nun, wenn du es unbedingt wissen willst, ich wollte dich überraschen. Du hast doch morgen Geburtstag. Ich wollte dir gerade eine Nachricht schreiben, fand aber leider kein Papier.«
»Du wolltest mich überraschen?«
»Ja. Aber wie’s aussieht, ist mir das völlig misslungen.« Sie deutete aufs Bett. »Da!«, sagte sie. »Na los, mach’s schon auf.«
Max sah an ihr vorbei und lächelte. Diesmal aufrichtig, warm und gewinnend.
»Ich kann’s gar nicht erwarten zu erfahren, was es ist«, antwortete er. »Aber lass uns doch richtig feiern. Warte … bleib, wo du bist. Ich hole uns eine Flasche Wein.«
Er verschwand in ein anderes Zimmer, und Maud atmete erleichtert auf. Kurz darauf hörte sie, wie er die Flasche entkorkte. Sie hatte ihn ausgetrickst, dessen war sie sich sicher. Warum sollte er ihr nicht glauben? Das Geschenk lag auf dem Kopfkissen. Gleich würde er es aufmachen und ihr danken, und sie würde vorschlagen, zum Essen auszugehen. Sobald sie unten in der Lobby wäre, würde sie sagen, sie habe etwas in seinem Zimmer vergessen, ob er so nett sein könnte, es zu holen. Sobald er fort war, würde sie fliehen.
»Hier«, sagte er und kam mit zwei Gläsern Rotwein zurück. Er reichte ihr eines. »Ein Pomerol 1894. Erst gestern Abend habe ich den gleichen getrunken. Ein wunderbarer Wein.«
Sie stieß mit ihm an. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Liebling«, sagte sie und küsste ihn sicherheitshalber. Um sich Mut anzutrinken, nahm sie einen großen Schluck und leckte sich über die Lippen. »Du hast recht. Er ist wirklich köstlich.«
»Freut mich, dass er dir schmeckt. Trink aus. Ich hab noch mehr.«
Sie trank noch einen Schluck und sagte: »Also los. Mach dein Geschenk auf.«
»Alles, was ich wirklich will, bist du«, antwortete er und setzte sich aufs Bett.
»Du hast mich doch schon«, erwiderte sie lachend und trank noch mehr Wein. Um ihre Nerven zu beruhigen. Damit er nicht sah, wie ihre Hände zitterten. »Los, mach dein Geschenk auf«, wiederholte sie und setzte sich neben ihn.
»Na schön, also gut.« Er griff nach der Tasche.
Während Maud zusah, wie er die Schließen öffnete, wurde ihr schwindlig. Sie sah plötzlich zwei Taschen auf seinem Schoß. Dann wieder nur eine. In ihrem Ohr war ein tiefer Brummton. Sie wandte sich von Max ab und starrte auf den Boden, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Aber es funktionierte nicht. Der Schwindel nahm zu. War sie betrunken? Von einem Glas Wein?
»Max, Liebling … ich fühle mich nicht besonders wohl«, sagte sie und stellte ihr Weinglas ab.
Sie sah ihn an. Er hatte die Tasche abgestellt und beobachtete sie.
Als sie aufstehen wollte, gaben ihre Beine nach, und sie fiel zu Boden. Sie schloss die Augen und versuchte, tief durchzuatmen. Als sie die Augen wieder öffnete, stand Max über sie gebeugt.
»Tut mir leid, Maud«, sagte er ruhig.
»Nein, Max«, antwortete sie, obwohl ihr das Sprechen schwerfiel. »Es ist … meine Schuld. Zu viel Wein, denke ich. Kannst du … kannst du mir helfen? Ich kann nicht …«
»Kämpf nicht dagegen an. Es ist leichter, wenn du einfach loslässt.«
Loslassen? Was loslassen? Hatte sie das Weinglas nicht schon abgestellt?
Das Weinglas. Er hatte etwas in den Wein gemischt.
Erneut versuchte sie, sich hochzurappeln, aber ihre Arme und Beine fühlten sich an wie Blei. Der Raum drehte sich um sie. Ihre Sehkraft ließ nach.
»Max, bitte …«, sagte sie und streckte die Hand aus.
Er blickte auf sie hinab, machte aber keine Anstalten, ihr zu helfen. Auf seinem Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck. Maud konnte ihn zuerst nicht deuten, aber plötzlich begriff sie, was er ausdrückte. Es war Trauer.
»Lass los«, flüsterte er.
»O Gott«, flehte sie. »Hilfe … bitte … Hilfe …«
32
E ntschuldigen Sie, Madam«, sagte Mr Foster und trat in Fionas Arbeitszimmer. »Es tut mir schrecklich leid, Sie zu stören. Ich habe geklopft.«
Fiona sah von den Plänen auf, die sie gerade studierte – Baupläne eines neuen Teesalons, der in Sidney gebaut werden sollte. Sie war so vertieft in sie gewesen, dass sie das Klopfen überhört hatte.
»Was ist denn jetzt wieder, Mr Foster?«, fragte sie.
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