Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
meine Zweifel, und deshalb habe ich dich hierher geholt.« Er griff unter seinen Umhang und zog eine Kette hervor, an der mehrere Blätter hingen. Carath stockte, als ihm die Welle der Energie entgegen schlug, die von ihnen ausging. Sie waren so grün, als wären sie gerade erst von ihrem Baum gerissen worden.
Die Energiespeicher eines Utera.
Der Mann warf sie in hohem Bogen zu ihm hinüber und sie landeten im Schnee zu Caraths Füßen. Er zögerte einen Moment, ehe er sich bückte und sie aufhob. So viel Macht … Selbst Arkanura konnte ihm nicht so viel Energie geben, wie in diesen wenigen Blättern steckte.
»Wo hast du die her?«, fragte er den Menschen misstrauisch. Utera waren nicht die klügsten Wesen, aber er traute keinem von ihnen zu, so dumm zu sein, derart energiegeladene Blätter ihres Lebensbaumes einem Sterblichen anzuvertrauen.
»Stell keine Fragen, sondern mach etwas daraus, Welpe. Der Großmeister der Magie ist nicht dumm, er spürt die Gefahr, die auf ihn lauert. Die unbestimmte Angst zerfrisst ihn und macht ihn krank. Du musst bald handeln. Ich zähle auf dich.«
»Was ist mit meinem Wolf?«, knurrte Carath.
»Ich halte meine Versprechen. Du siehst ihn wieder, wenn der Großmeister tot ist. Dir bleibt nichts anderes übrig, als mir zu gehorchen und zu hoffen, dass ich die Wahrheit spreche.« Der Mann lächelte. »Das, was du tust, dient einem höheren Zweck, als du dir vorstellen kannst, Galdana. Du wirst dich noch geehrt fühlen, dass ich dich mit dieser Aufgabe betraut habe. Und nun geh und tu, was dir aufgetragen wurde.«
Kapitel 11
Seran erwartete sie bereits, als sie das Häuschen verließ. Er stand einige Schritte abseits und blickte in den Wald hinein.
»Gehen wir.« Ohne auf Serrashil zu warten, schlug er den Weg ein, den sie mit Rinartin gekommen war. Sie beeilte sich, zu dem Utera aufzuholen.
»Was genau ist geschehen?«
»Wie ich bereits sagte, wurde mir mitgeteilt, dass sich Carath nicht auf eurem Zimmer befindet. Da der Welpe Ärger machen könnte, habe ich beschlossen, den Schulleiter davon in Kenntnis zu setzen.«
Serrashil musste fast laufen, um mit den langen Schritten des Großmeisters mithalten zu können. »Als ich mich von ihm verabschiedet habe, um Rinartins Ruf zu folgen, ist er in den Wohnturm verschwunden …«
»Die logische Schlussfolgerung daraus ist, liebe Serrashil, dass er den Wohnturm wieder verlassen hat, nachdem du gegangen bist.«
Sie öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Warum nur beschlich sie das Gefühl, von Seran nicht ernst genommen zu werden? »Wo sollen wir nach ihm suchen?« Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie wenig sie über den Galdana wusste. Sie hatten ihn bereitwillig in ihren kleinen Freundeskreis aufgenommen und seine Anwesenheit wie selbstverständlich hingenommen, doch Serrashil war nicht auf den Gedanken gekommen, mehr über seine Beweggründe in Erfahrung bringen zu wollen. Warum war er nach Jadestadt gekommen? Was suchte er hier? Sie wusste es nicht. Ebenso wenig konnte sie sagen, wohin Carath gegangen sein mochte. Vielleicht sah er sich nur um. Aber … Mitten in der Nacht? Oder er hatte nicht schlafen können und vertrat sich die Beine. Wusste er überhaupt um die Regelung, dass sie sich nach dem Gongschlag um Mitternacht nicht mehr außerhalb ihrer Wohntürme aufzuhalten hatten? Sie konnte sich nicht erinnern, es ihm gesagt zu haben. Bestimmt war er einfach nur spazieren gegangen.
»Gute Frage.«
Sie stiegen in das Boot und ließen sich ans andere Ufer bringen.
»Und die Antwort darauf?«, hakte sie vorsichtig nach, als von dem Großmeister nichts mehr zu erwarten war.
»Entweder, wir suchen das Schulgelände, die Stadt und die umliegenden Wiesen, Felder und Wälder ab, oder wir warten ab, ob er von selbst zurückkehrt.« Er gähnte ausgiebig. »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin hundemüde. Wie wäre es mit letzterer Möglichkeit?«
Serrashil starrte den Utera fassungslos an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein! »Wir können doch nicht tatenlos abwarten, was passiert! Am Ende stößt ihm noch etwas zu, er kennt sich hier überhaupt nicht aus!«
»Ich bin Lehrer und kein Welpensitter für kleine, verlaufene Galdana.« Mit einer Handbewegung scheuchte Seran die Leuchtkäfer davon, die ihn neugierig umschwirrt hatten. »Lästige Biester. Eines Tages wird Yua noch den halben Großen Wald hier hereinschleppen.«
Bedauernd beobachtete Serrashil, wie sich die Käfer nach
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