Die Winterchroniken von Heratia 1 - Der Verfluchte (German Edition)
eine Falle war? Aber weshalb sollte Kerib sie hinauslocken wollen?
Serrashil schüttelte den Kopf. Es führte zu nichts, wenn sie stehen blieb und über die möglichen Szenarien nachgrübelte. Sie atmete tief durch und setzte sich dann entschlossen in Bewegung. Sie war keine schlechte Kampfkünstlerin, sie würde sich im Falle des Falles zu verteidigen wissen.
Sie trat um die nächste Ecke. Licht fiel durch ein weit geöffnetes Tor. Die Geräusche kamen von draußen. Serrashil trat zum Tor und spähte ins Freie.
Ein Innenhof lag dahinter, der Schnee aufgewühlt von zahlreichen Füßen und stellenweise völlig weggeschmolzen. In der Mitte stand ein Rushkro, das sich durch seine blaue Fellfarbe deutlich von der Umgebung abhob. Es fauchte und schlug mit seinen drei Ruten um sich, während es nach den umstehenden Menschen schnappte, wenn sie ihm zu nahe kamen.
Erschrocken erkannte Serrashil die Gestalt auf seinem Rücken: Kie! Das bedeutete, dass es sich um Delrens Rushkro handeln musste …
Die Männer und Frauen um das Tier herum trugen seltsam gekrümmte Schwerter und versuchten vergeblich, das Rushkro zu attackieren. Das Tier blutete bereits aus mehreren Schnittwunden, aber es schaffte es immer wieder, sie abzuschütteln. Zahlreiche leblose Körper lagen herum, viele davon zur Unerkenntlichkeit verkohlt.
Mit wild schlagendem Herzen suchte Serrashil den Hof nach Delren ab. Da die Krieger auf das Rushkro konzentriert waren, wagte sie es, den Kopf weiter zum Tor hinaus zu strecken.
Auf der anderen Seite des Platzes umkreisten fünf oder sechs weitere Krieger jemanden und schlugen mit den Schwertern auf ihn ein. Serrashil erkannte Mashdin, der mit dem Rücken zur Mauer stand und ihnen verbissen mit zwei ebenfalls gekrümmten Schwertern in der Hand Widerstand leistete. Dennoch war es abzusehen, dass er so vielen Gegnern früher oder später unterliegen würde.
Ohne lange nachzudenken lief Serrashil leichtfüßig, um die Aufmerksamkeit der Anderen nicht auf sich zu ziehen, zu ihm hinüber. Noch während des Laufes machte sie einen Sprung nach vorne, wirbelte um ihre eigene Achse und hob dabei das Bein, um den ersten Gegner mit einem gezielten Kick an die Schläfe außer Gefecht zu setzen. Wie ein Sack Kartoffeln fiel er in sich zusammen. Dadurch wurden seine Gefährten auf Serrashil aufmerksam. Zwei von ihnen ließen von Mashdin ab, um sich mit gezückten Krummschwertern ihr zuzuwenden. Auf den Ruf eines der Krieger eilten drei weitere herbei.
»Lauf zum Rushkro!«, rief Mashdin Serrashil in ihrer arkanischen Muttersprache zu. Beinahe hätte sie verblüfft inne gehalten, so lange hatte sie die vertrauten Klänge nicht mehr vernommen. Sie besann sich jedoch eines Besseren und suchte aus den Augenwinkeln den besten Weg auf den Rücken des Tieres, während sie immerzu herumtänzelte, um nicht von den Klingen ihrer Gegner getroffen zu werden. Die Lage schien aussichtslos. Schweißperlen rannen Serrashil übers Gesicht. Zwischen ihr und Delrens Reittier befanden sich mindestens zehn der Krieger. Außerdem schlug das Rushkro immer noch wild um sich. Sie sah keine Chance, auf seinen Rücken zu gelangen.
»Lauf!«, drang Mashdins Stimme erneut zu ihr durch. »Lauf einfach!«
Serrashil zögerte noch einen Moment. Was hatte der Utera vor? Sie konnte nur darauf vertrauen, dass Mashdin einen Plan hatte – und dieser auch gelang. Sie täuschte einen Ausfallschritt nach links an, auf den ihre Gegner hereinfielen, und sprang blitzschnell zwischen zweien von ihnen hindurch. Hinter ihr sausten Krummschwerter ins Leere. Serrashil rannte so schnell sie konnte. Die Krieger, die mit dem Rushkro beschäftigt waren, hatten glücklicherweise kein Auge für sie, weshalb sie nicht von ihnen bemerkt wurde. Zumindest bis ihre Gefährten, die gegen Serrashil hätten kämpfen sollen, durch Rufe auf sie aufmerksam machten. An der ersten Reihe der Krieger kam sie noch unbemerkt vorbei, doch die nächsten wandten sich bereits mit gezückten Schwertern um. Serrashil stoppte, um ihnen nicht in die Klingen zu laufen. Ihr Herz stockte. Wohin jetzt? Überall um sie herum waren feindliche Gesichter, noch einen Augenblick länger und sie …
Einer der Ruten des Rushkron fegte durch die Krieger und mähte sie der Reihe nach um. Serrashil zögerte nicht lange, sondern nutzte ihre Chance und setzte über die Gefallenen hinweg. Jetzt lag nur noch eine Hürde vor ihr: Wie sollte sie auf den Rücken des tobenden Tieres gelangen?
Etwas packte sie von
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