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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf die Kante, er nahm neben ihr Platz und schwieg, während sie in seinen Armen weinte.
    Als Diane ihre Sprache wiedergefunden hatte, stand er Rede und Antwort auf all ihre Fragen zu seiner Ehe und beschwor, wie leid es ihm tue, dass er nicht ehrlich gewesen war. Der einzige Grund dafür sei seine Angst gewesen, das zu verlieren, was für ihn die größte Liebe seines Lebens sei.
    |185| Eine Stunde später führte er sie die Treppe hinauf ins Schlafzimmer, zog sie aus und küsste ihren Nacken und ihre Brüste. Diane war wie versteinert und stolz und verwirrt zugleich. Sie konnte ihm immer noch nicht verzeihen. Was dann folgte, in den dunkelsten Stunden der Nacht, war ihre Strafe für seine Lügen.
    Ihrer körperlichen Liebe haftete etwas Brachiales an, als sei sie eine schlafende Kreatur, deren Kraft und Beherrschung sie beide erregte. In jener Nacht öffnete Diane den Käfig. Sie schlug Ray und grub ihre Nägel in seine Haut, bis er blutete, sie riss an seinem Haar und packte seinen Penis so heftig, dass er vor Schmerz aufschrie. Die schlafende Kreatur, die sie schließlich verschlingen würde, war geweckt und auf Beute aus.

|186| FÜNFZEHN
    Ray wartete seit über einer halben Stunde, er war wütend wie eine gereizte Klapperschlange. Seit zwei Jahren hatte er nicht mehr unter vier Augen mit dem Colonel gesprochen, und er konnte sich nicht erlauben, sich diese Chance zu verderben, bloß weil er die Fassung verlor. Er sollte sich eingeschüchtert fühlen, als sei er ein Nichts, das steckte dahinter. Es war also das Beste, einen kühlen Kopf zu bewahren und so zu tun, als kümmere es ihn einen Dreck.
    Die aufgeblasene Grandezza, mit der sich diese Studiobosse umgaben, hätte beängstigend sein können, wäre sie nicht so lächerlich gewesen. Die beeindruckende runde Auffahrt, die imposanten Bäume und der Rasen, das herrschaftliche Treppenhaus, der gigantische Empfangsbereich, wo in untertäniger Stille ein Drachen in einem Anzug, mit Gouvernantenbrille und strenger Frisur hinter einem Schreibtisch Wache schob. Jack Warner zu besuchen war, als bitte man bei Mussolini um eine Audienz.
    Ray saß auf einem der großen Sofas, blätterte ein Filmmagazin durch und versuchte, entspannt zu wirken. Ab und an summte die Gegensprechanlage auf dem Tisch des Drachens, sie hob ab und sagte:
Ja, Mr. Warner, natürlich, Mr. Warner
. Hin und wieder öffnete sich die Tür zum Allerheiligsten, und heraus trippelte eine der lasziven Sekretärinnen in einem eng anliegenden Rock und reichte dem Drachen ein Päckchen. Eine Blonde mit großen Titten, die der Alte mit Sicherheit schon begrapscht hatte, bedachte Ray mit einem Lächeln, bevor sie wieder verschwand. Jack Warner ging auf die siebzig zu, jagte aber noch |187| immer jedem Rock hinterher. Es wurde gemunkelt, dass es eine Geheimtür und eine Treppe zu seinem Büro gebe, damit aufstrebende junge Schauspielerinnen diskreter aufstreben konnten.
    Der Summer erklang erneut, der Drachen nahm den Hörer ab.
    »Ja. Mr. Warner, ich richte es ihm aus.«
    Sie erhob sich und näherte sich Ray.
    »Mr. Warner lässt sich entschuldigen, aber seine Zehn-Uhr-Verabredung dauert noch etwas. Darf ich Ihnen noch einen Kaffee anbieten?«
    »Nein danke. Schöne Brille.«
    »Danke.«
    Ray warf seine Zeitung auf den Couchtisch und nahm den Bildband zur Hand, den er bisher absichtlich ignoriert hatte. Ganzseitige Fotos von Warner-Brothers-Stars, Bogart und Bergman, Jimmy Cagney, Errol Flynn, Henry Fonda, sogar solche, mit denen das Studio über Kreuz war und die es am liebsten hätte umbringen lassen wie Bette Davis. Weiter hinten waren einige Fotos von Fernsehstars, zwei pro Seite, Clint Walker, James Garner, Ty
Bronco
Hardin, Will Hutchins aus
Sugarfoot
. Ray blätterte, sein Magen verkrampfte sich. Die Scheißkerle hatten ihn übergangen. Aber nein, da war er, ganz hinten, nach Rin Tin Tin.
    Er schlug das Buch zu und schleuderte es auf den Tisch. Dann stand er auf und ging zur Herrentoilette. Sein Gemächt tat ihm immer noch weh. Er wusch sich die Hände und blickte sich im Spiegel an. Glücklicherweise war von den Verheerungen, die Diane ihm zugefügt hatte, fast nichts zu sehen, nur ein Kratzer über seinem Kragen. Was für eine Nacht! Er begab sich zurück in die Lobby und wartete weiter.
    Er hatte sie nicht belügen wollen. Jedenfalls nicht mehr als irgendjemand anderen. Es war eben zu seiner zweiten Natur geworden. Er hatte so lange gelogen und so oft, dass es ihm gar nicht mehr auffiel.
    |188| Für

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