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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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echt? Lebe ich noch? Und dann, als ob jemand den Abspielknopf gedrückt hätte, kehrten alle wieder ins Leben zurück. Schreie und Flüche, jeder rief jeden beim Namen. Und dann das Gebrabbel über Funk, Fragen, was vorgefallen war, Position angeben, Unterstützung anfordern.«
    Danny sah Tom ernst an, als sei ihm wirklich daran gelegen, dass er die Situation begriff.
    »Es ist keine Panik, eher eine Art unkontrollierbarer Rausch, verstehst du? Jeder weiß, was zu tun ist. Dafür ist man trainiert. Aber man steht unter Schock und ist vollgepumpt mit Adrenalin. Alles ist noch verschwommen, und du hast das Klingeln im Kopf von der Explosion. Es dauert einen Moment, bis du dich durchgekämpft hast und dich erinnerst. Das ist der gefährliche Moment. Obwohl du immer noch wie benommen bist und eins und eins zusammenzuzählen versuchst, fangen die Drecksäue, die die Bombe gelegt und sich den Spaß angesehen haben, an loszuballern.«
    Genau das sei passiert, sagte Danny. Als sie aus den anderen zwei Humvees herauskletterten (klettern sei vielleicht nicht das richtige Wort, sagte Danny, wenn man einhundert Pfund Ausrüstung, Waffen und Körperpanzerung aus Kevlar mit sich herumschleppte), |208| hätten sie das Knattern und die Querschläger des feindlichen Feuers gehört. Dann Granaten.
    Glücklicherweise, sagte Danny, wüssten die Aufständischen meistens nicht, wie man mit einem Granatwerfer akkurat ziele. Wie viele Gegner das Feuer auf sie eröffnet hatten, war schwer zu sagen. Sie schienen irgendwo hinter dichtem Schilf zu liegen, das sich am Kanal etwa zweihundert Meter weiter weg quer durch die Plantage zog. Aber nicht lange. Die Kanoniere auf den zwei intakten Humvees schwangen herum und schossen aus ihren 50 Kalibern und alle auf dem Boden aus ihren M16, sie webten einen Teppich aus Unterstützungsfeuer und verzierten die Nacht mit Leuchtspurmunition.
    »Binnen Minuten war das Schilfrohr zerschreddert, und die Bäume auf der Plantage waren zerschossen. Alles zerfetzt und zersplittert. Und die Schweinehunde waren entweder tot oder schissen sich in die Hose oder rannten um ihr Leben, denn das Gegenfeuer hörte auf.«
    Der Fahrer des bombardierten Humvee war tot und hatte wahrscheinlich nichts mitbekommen. Beide Beine waren weggerissen. Zwei andere Kameraden waren schwer verletzt. Einer war Dannys bester Freund Ricky Peters. Er war aus Pasadena, gerade zwanzig Jahre alt geworden. Er sei der witzigste Mensch, sagte Danny, den alle liebten.
    Als Danny endlich auf die andere Seite der Straße robben konnte und hinter dem Wrack des Humvee Deckung suchte, hatte jemand schon eine Infusion angelegt. Ricky driftete in eine Morphinwolke. Ein gezacktes Stahlteil hatte sich in seine Leistengegend gebohrt; seine Beine waren blutig, wie abgeschlachtet.
    »Er hatte dieses merkwürdige Lächeln im Gesicht«, sagte Danny leise. »Er wollte etwas sagen, aber ich konnte ihn nicht verstehen. Irgendeinen blöden Witz über seine Eier. Ich konnte ihn nur halten und die Stirn streicheln.«
    |209| Danny schluckte und starrte in den Sand. Das ist mein Sohn, dachte Tom, mein Junge. Unvorstellbar, dass er diese Gräuel hatte mitansehen müssen. Tom legte eine Hand auf Dannys Schulter. Danny sammelte sich und sprach weiter.
    Innerhalb von Minuten landete der Rettungshubschrauber. Sie streiften alle umher und fanden ein Bein des Fahrers, das andere nicht. Den Hinterbliebenen zuliebe, erklärte Danny, würden die Leichen immer so vollständig wie möglich nach Hause geschickt. Die Sanitäter sollten nur die Verwundeten mitnehmen, nicht die Toten, aber diesmal machten sie es, und als sie fertig waren, hob der Hubschrauber ab und flog über den Mond.
    Dannys Einheit gruppierte sich neu. Jetzt sollten sie die Wichser finden, die das getan hatten. Straßenbomben wurden oft per Handy gezündet, aber diese nicht. Einer der Anführer der Eingreiftruppe, ein Sergeant namens Marty Delgado, befahl Danny, mit ihm zu kommen. Sie gingen zusammen im Mondlicht den Drähten nach, die über die Plantage gespannt waren. Ein Apache-Hubschrauber kreuzte vor ihnen, suchte mit dem Schweinwerfer das Schilf und den Kanal ab.
    Danny und Delgado mochten sich nicht sonderlich. Oder nicht mehr. Alle Marineinfanteristen seien per Definition hartgesotten, aber Delgado sei nicht zu übertreffen, sagte Danny. Er war Titan-Hardcore und verpasste nie die Gelegenheit, es alle Welt wissen zu lassen.
    »Nur Muskeln und Tätowierungen«, sagte Danny. »Betrachtet sich dauernd im

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