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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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befand sich ein Eichenwäldchen. Die Blätter raschelten im lauen Wind, und manchmal erhaschte man den Blick auf die Wiesen im Tal am Fluss.
    Es war Ende Mai und wurde von Tag zu Tag heißer. In L. A. konnte sowieso nicht von
Witterung
die Rede sein, es war immer sonnig und warm. Beschwerden hörte man nur über den Smog.
    Tommy ritt wie immer auf Chester, dem trittsicheren gefleckten Pony. Cal ritt hinter ihm auf Amigo. Tommy war gern mit Cal allein unterwegs, obwohl es auch Spaß machte, wenn Diane sie begleitete. In letzter Zeit war sie öfter mit ihnen zusammen ausgeritten. Sie musste reiten lernen für den Film, in dem sie und Ray zusammen spielen würden, und dank Cal war sie schon ziemlich gut. Beinahe wäre sie auch mitgekommen, aber das Studio hatte angerufen, es standen letzte Frisur- und Maskenproben an.
    Nur noch drei Tage Schule und dann am Wochenende auf nach Arizona, wo die Dreharbeiten begannen. Tommy war so aufgeregt, dass er in den letzten Tagen kaum an etwas anderes denken, geschweige denn von etwas anderem reden konnte. Ganze zwei Monate würden sie am Drehort verbringen. Ray sagte, sie könnten Monument Valley besuchen, wo all die großartigen |227| John-Ford-Filme gedreht worden waren. Und Cal reiste auch mit. Er musste sich um die Pferde kümmern und war Rays Double.
    Plötzlich machte Chester eine seitliche Bewegung und scheute. Tommy gelang es im letzten Moment, das Sattelhorn zu umfassen, damit er nicht abgeworfen wurde. Cal ritt an seine Seite und beruhigte das Pferd.
    »Warum hat er das getan?«
    Cal zeigte auf den Hang. Tommy sah eine schwarzweiße Schlange zwischen den Felsen verschwinden.
    »Eine Klapperschlange?«
    »Eine kalifornische King Snake.«
    »Ist die giftig?«
    »Nein. Die Rassler sind die einzigen giftigen Schlangen hier. Hey, Tom, das hast du prima gemacht.«
    Tommy mochte es, wenn Cal ihn Tom nannte. Er mochte alles an Cal. Der kannte den Namen jeder Pflanze, jedes Vogels und aller Tiere. Tommy fragte ihn Löcher in den Bauch und versuchte, sich alles zu merken, was Cal ihm erzählte. Er wusste jetzt, dass es in Kalifornien sieben verschiedene Falkenarten gab, acht Echsenarten und achtzehn Arten von Schlangen, allerdings bekam man sie nur selten zu sehen. Er wünschte nur, er hätte nicht auf einem ihrer ersten Ausflüge damit geprahlt, mit seinem Luftgewehr in Rays Garten auf Vögel geschossen zu haben. Cal hatte die Stirn gerunzelt.
    »Tötest du die Vögel, um sie zu essen?«
    »Natürlich nicht.«
    »Warum willst du sie dann töten?«
    Tommy wusste keine Antwort. Beinahe hätte er Ray die Schuld gegeben, der ihm gezeigt hatte, wie man auf sie schoss. Doch das wäre unfair gewesen, denn in Wahrheit machte es ihm Spaß, auf der Lauer zu liegen und ein guter Schütze zu sein. Wally Freeman machte auch gerne mit, wenn er manchmal |228| nach der Schule mitkam. Die beiden verkleideten sich und gaben vor, als Hawkeye und Chingachgook im Wald zu jagen.
    Tommy schämte sich vor Cal. Nach längerem Nachdenken musste er zugeben, dass er nur neugierig war. Die Vögel waren frei und so schnell, dass er nicht einmal in ihre Nähe kam. Aber wenn man auf sie schoss, dann konnte man sie berühren und sehen, wie schön sie waren. Sobald das Jagdfieber verflogen war und er den leblosen kleinen Körper in den Händen hielt, plagte ihn das schlechte Gewissen. Nach der Unterhaltung mit Cal hatte er sich geschworen, nie wieder auf ein Lebewesen zu schießen.
    Cal sagte, es habe früher in den Hügeln viel mehr wildlebende Tiere gegeben, doch die Stadt breite sich immer weiter aus und vertreibe die Tiere. Erst letzte Woche waren sie auf einen Hügel geritten und hatten von ihren Pferden die Bulldozer beobachtet, die das Land für eine Autobahn ebneten und dabei riesige Staubwolken aufwirbelten. Cal sagte, Mr. Maxwell, dem die Ranch gehörte, sei von einer Immobilienfirma, die auf seinem Land bauen wollte, viel Geld geboten worden. Immer wenn er sie abweise, böten sie mehr. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis er verkaufe.
    An jenem Tag sahen sie Maultierhirsche, Erdhörnchen und Kojoten. Am aufregendsten aber war, dass sie an einer Stelle im getrockneten Lehm neben dem Flüsschen auf die Spur eines Berglöwen stießen. Cal sagte, es gebe hier eine Menge Berglöwen, aber man sehe sie nur selten, es sei denn, einer sprang von einem Baum und biss einem den Kopf ab – ihre bevorzugte Angriffstaktik. Seither suchte Tommy jeden Baum ab, unter dem sie hindurchritten. Cal sagte, zu Hause in Montana

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