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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sagen –«
    »Hör zu, ich bin kein verdammter Grünschnabel, okay?«
    »Nicht doch, Ray.«
    »Nicht doch, was? Seit wir angefangen haben, hackst du auf mir herum. Dieser ganze herablassende Scheißdreck – wir wären hier nicht beim Fernsehen. Ich meine, für wen hältst du dich, Cecil B. DeMille?«
    »Schade, dass du so denkst, Ray.«
    »Hör zu, Kumpel. Ich weiß, dass du mich nicht wolltest –«
    »Das ist nicht –«
    »Ich weiß Bescheid, okay? Du könntest mir jedoch ein bisschen mehr Respekt entgegenbringen.«
    Inzwischen täuschte niemand mehr vor, nicht hinzusehen. Die ganze Truppe starrte. Ray fühlte sich wie auf der Highschool. Redfield drehte sich um und rief leise Joel Davis herbei, den ersten Regieassistenten.
    »Joel, wir ziehen die Mittagspause vor.«
    »Jawohl, Sir.«
    Joel rief zur Pause und sagte, alle sollten in einer Stunde wieder am Set erscheinen.
    »Wir beide beruhigen uns jetzt und reden später weiter«, sagte Redfield.
    »Wie du meinst.«
    »Ray, vertraue mir. Es wird gut.«
    »Ja, sicher.«
    Redfield ging fort, Ray stand einen Moment lang da, starrte |245| auf seine Stiefel und seinen Schatten im roten Staubsand. Dann trat er mit dem Fuß einen Stein beiseite.
    In seinem Wohnwagen war es höllisch heiß. Er zog sein Hemd aus, warf sich rücklings auf die Couch und starrte an die Decke. Eines der Cateringmädchen klopfte an die offene Tür und brachte das übliche Steak, Salat und ein Glas Orangensaft. Ray bedankte sich und sagte, sie solle es abstellen, er sei nicht hungrig.
    Vielleicht sollte er alles hinschmeißen, sagen, er höre auf. Er hatte über all die Jahre mit einer Reihe von Regisseuren gearbeitet, manch gutem, manch schlechtem. Mit fast allen war er klargekommen. Er war nicht, was die Menschen als
schwierig
umschrieben. Er konnte Regieanweisungen folgen. Er war für Vorschläge immer offen, nahm gute Ratschläge gerne an. Aber noch nie in all den Jahren hatte jemand sein Talent in Frage gestellt, wie dieser kleine Wichser es sich herausnahm.
    Es steckte etwas anderes dahinter. Was, das konnte Ray nicht sagen. Vielleicht hatte es mit Diane zu tun. Alle waren sie hinter ihr her, die Cowboys, die kleine Schwuchtel Grayling, der letzte Nacht seine Hände nicht bei sich behalten konnte. Sogar Herb Kanter. Jeder Einzelne. Ihre Zungen hingen ihnen aus den Mäulern, wenn sie an ihnen vorbeihuschte. Vielleicht hatte Redfield das im Sinn. Regisseure wollten immer die Schauspielerinnen vögeln, und oft vögelten sie sie auch, wenn der Hauptdarsteller nicht schon schneller war. Der kleine Arsch dachte vielleicht, wenn er Ray das Leben so schwer wie möglich machte, hätte er bei Diane eine Chance. Nun ja, zur Hölle mit ihm. Aufgeben? Einen Teufel würde er tun.
    »Ray?«
    Tommy stand an der Tür.
    »Hi, mein Sohn. Komm rein.«
    Ray schwang die Beine von der Couch und setzte sich auf. Der Junge war braungebrannt. Ray klopfte auf den Platz neben sich, und Tommy kam herein und setzte sich.
    |246| »Wie geht es dir? Hast du die Pferde versorgt?«
    »Ja.«
    »Wie macht sich denn Leanne?«
    »Sie ist in Ordnung.«
    »Wenn du den ganzen Tag mit Cal verbringst, hat sie nicht viel zu tun.«
    »Ist wohl so. Alles in Ordnung?«
    »Ja, sicher! Wieso?«
    »Ich weiß nicht. Du siehst nicht gerade zufrieden aus. Mit Mr. Redfield.«
    »Ach, mir geht es gut, Kumpel. Manchmal haben Menschen unterschiedliche Ansichten, und dann sind sie gereizt. Das regelt sich von selber. Wo ist denn deine Mom?«
    »Sie isst mit Mr. Redfield zu Mittag. Sie bat mich, dir zu sagen, sie käme in einer Minute.«
    »Oh. Danke.«
    Einen Moment lang schwiegen sie. Tommy starrte ins Nichts, klopfte mit den Absätzen seiner neuen Cowboystiefel gegen die Couch. Ray hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen. Seit Tagen hatte er dem Kind zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
    »Wie wär’s, wenn wir drei heute Nachmittag einen Ausflug machen?«
    »Cal und ich wollen in die Berge und uns die Felsmalereien ansehen.«
    »Oh, okay.«
    »Er hätte sicher nichts dagegen, wenn du mitkämst.«
    »Mal sehen.«
    Der Junge ging, und Ray stand auf, streckte sich und stellte sich vor den großen Spiegel am Kleiderschrank. Er wischte sich den Schweiß von der Brust. Er wirkte müde und angespannt. Gott, er fing an, alt auszusehen. Er drehte sich zur Seite und versuchte, in seine Rolle zu schlüpfen. Sich um den Sattel kümmern. Helen nähert sich, ohne dass er es bemerkt.
Du musst
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Harry sein.
Er blickt sich um, sieht sich im Spiegel.

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