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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zuspitzten. Umhüllt oder verschleiert, denn Arme und Beine waren nicht zu sehen. Still heraufbeschworene Geister, die beobachteten und warteten. Diane erschauderte.
    Einer der Geister war größer als die anderen und schien Flügel zu haben. Tommy wollte von Cal wissen, was das bedeutete, aber er wusste es nicht. Vielleicht war es ein Adlergeist oder ein Schamane, sagte Cal. Solche Figuren hatte er einmal in einem Canyon in Utah einhundert Meilen weiter nördlich gesehen.
    |250| »Manche dieser Felsmalereien sind über eintausend Jahre alt«, sagte er.
    »Es ist, als ob sie uns sagen wollten, dass wir weggehen sollen«, sagte Tommy.
    »Dann sollten wir das vielleicht auch tun.«
    Sie kletterten aus der Schlucht und betrachteten von einer Steinbank die Schatten der Wolken, die über das sanfte Rot der Ebene unter ihnen dahintrieben. Tommy sagte, die Wolken sähen aus wie Eiscreme. Über den Bergen färbten sie sich leicht rosa. Dianes Pferd, eine untersetzte kastanienbraune Stute, war ein wenig gestreunt, Tommy ging sie holen. Cal und Diane waren allein. Schweigend blickten sie auf die Berge.
    »Cal, wie lange kennst du Ray schon?«
    »Zehn, zwölf Jahre vielleicht.«
    »Hast du ihn je so erlebt?«
    Cal zögerte mit der Antwort. Er nahm einen Salbeizweig und zupfte die Blätter ab.
    »Tut mir leid. Es geht mich nichts an.«
    »Nein, ist schon okay. Er macht eine schwere Zeit durch, und dieser Film bedeutet ihm mehr als alles, was er je gemacht hat. Wie du schon sagtest: Manchmal ist Ray sich selbst der ärgste Feind. Vergisst, wer seine Freunde sind.«
    »Er scheint gar keine Freunde zu haben.«
    »Er ist ein Eigenbrötler.«
    Cal wollte weitersprechen, schien sich aber eines Besseren zu besinnen.
    »Was wolltest du sagen?«
    »Nichts. Nur wenn bei meiner Arbeit etwas schiefgeht, dann kann man es beim nächsten Mal besser machen. Bei der Schauspielerei darf man sich keine Fehler erlauben. Man ist auf sich selbst gestellt. Wenn man etwas falsch macht, dann trifft es einen gleich persönlich. Sorry, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.«
    |251| »Ich verstehe schon.«
    »Ich sage ja nicht, dass nicht auch Fähigkeit und Technik notwendig sind, man darf die Markierungen nicht verfehlen, man muss wissen, was die Kamera sieht, all das. Am Ende ist es nur der Schauspieler und was er ist. Und wenn jemand das ablehnt und sagt, man sei nicht gut, lehnt er nicht die Arbeit ab, sondern die Person. Das ist nicht leicht zu ertragen. Für Schauspieler ist es noch schwerer, weil … Verdammt, ich sollte nicht so reden.«
    »Nein, sprich weiter«, bat Diane.
    »Na ja, weil sie meistens so verdammt unsicher sind. Sie brauchen Anerkennung. Sie wollen geliebt werden. Das wollen wir alle, aber bei manchen Schauspielern ist es wie eine Gier. Und wenn sie das nicht bekommen, dann zerbrechen sie.«
    »Oh, Cal, man kann sich auch auf schwerere Weise seinen Lebensunterhalt verdienen.«
    »Bloß wird dabei das Selbstbewusstsein eines Mannes nicht derart strapaziert. Bitte versteh mich nicht falsch. Was ihr vermögt, ist eine Art Zauber. Besonders du! Ich habe dir zugesehen. Du hast eine große Gabe.«
    Tommy stapfte auf sie zu, Dianes Pferd hielt er am Zügel. Cal erhob sich.
    »Gute Arbeit, Tom. Wir machen uns besser auf den Weg. Es wird bald dunkel.«
    Auf dem Weg zurück sprachen die drei kaum ein Wort miteinander. Diane lauschte dem Geräusch der Hufe und wegrutschender Steine. Sie atmete den Duft von Salbei, Pinyonkiefern und Wacholder ein und sah, wie sich die Wolken erst rot, dann lila färbten und sich die Dunkelheit über die Ebene legte und in der Stadt ein Licht nach dem anderen zu flimmern begann. Und sie dachte an das, was Cal gesagt hatte, und an das Leben, das sie für sich und ihren Sohn Tommy ausgesucht hatte, dieses aufblühende Kind, das zwischen ihnen ritt. Und sie dachte an die wachsamen Gestalten an den Felswänden.

|252| EINUNDZWANZIG
    Es war Karens Idee, Troop zu kontaktieren. Sie konnte den Mann zwar nicht ausstehen, von seinen Machobüchern ganz zu schweigen, fand aber, dass es Sinn ergebe. Troop hatte eine Menge Kontakte beim Militär und eine bessere Position als sie alle, um einen guten Verteidiger für Danny zu finden. Sie musste bei Tom jedoch Überzeugungsarbeit leisten. Er hasste es, selbst Freunde um einen Gefallen zu bitten, und Troop war mit Sicherheit der Letzte auf seiner Liste.
    »Der Typ kann in vielerlei Hinsicht nützlich sein«, sagte Karen. »Ich habe ihn gegoogelt. Er ist der beliebteste

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