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Die Witwe

Die Witwe

Titel: Die Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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und die Seele der Fruchtbarkeitsriten seien.«
    Die Röte auf ihren Wangen nahm
zu. »Hat er das erzählt?«
    »Ja. Wo nehmen Sie denn nach heute abend eine neue Hütte — und einen neuen Freund her?«
    »Ich weiß nicht, was Sie damit
meinen, Lieutenant«, sagte sie ungeduldig.
    »Beim Sonnenuntergang vereint
sich der Prophet doch mit dem Sonnengott, nicht wahr?« sagte ich. »Das
bedeutet, daß er morgen nicht mehr da sein wird. Natürlich verwandelt er sich vielleicht
in einen kleinen Sonnenstrahl, aber das wird für Sie an den langen
Winterabenden kein Trost sein.«
    »Ich werde schon irgendwie
durchkommen«, sagte sie leichthin.
    »Haben Sie irgendwelche Pläne?«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Vielleicht glauben Sie gar nicht,
daß der Prophet verschwinden wird?«
    »Aber ganz gewiß«, antwortete
sie. »Wenn er sagt, er vereine sich mit dem Sonnengott, dann wird er das tun.«
    »Als ich zuerst hier
heraufkam«, sagte ich, »dachte ich, alle anderen Leute seien verrückt. Jetzt
fange ich an, mich davon zu überzeugen, daß nur ich es bin.«
    »Wahrscheinlich haben Sie
recht, Lieutenant«, sagte sie liebenswürdig.
    Ich blickte sie erneut an. »Sie
sind die Magd des Propheten. Glauben Sie nicht, Sie werden aufgefordert, sich
gleichzeitig mit dem Sonnengott zu vereinen?«
    »Nein, das glaube ich kaum«,
erwiderte sie. »Sonst hätte mir der Prophet das mitgeteilt.«
    »Und er hat es Ihnen nicht
vorgeschlagen — nicht einmal vertraulich und unter vier Augen?«
    »Nein.«
    »Na gut«, sagte ich. »In Ihrem
Interesse hoffe ich, daß wir einen milden Winter haben werden.«
    »Ganz sicher«, sagte sie
zuversichtlich. »Ich bin im Lebenskampf in vieler Beziehung im Vorteil,
Lieutenant.«
    »Und dieser Bikini ist genau
die geeignete Rüstung«, sagte ich anerkennend. »Wir sehen uns bei
Sonnenuntergang wieder.«
    »Werden Sie auch da sein,
Lieutenant?«
    »Die Vereinigung des Propheten
mit dem Sonnengott mit anzusehen ist etwas, das ich mir selber um alle Starlets
Hollywoods nicht entgehen ließe«, sagte ich.
    Ich verließ die Hütte und
machte mich auf den Weg zum Healey. Ich war noch etwa fünf Meter weit von ihm
entfernt, als plötzlich in der Reihe der parkenden Autos ein Wagen anfuhr und
auf die Straße hinausbog.
    Ich konnte nicht umhin, die
weiße Continental-Limousine zu erkennen. »He!« schrie ich. »Stella! Warten Sie
einen Augenblick!« Der Continental fuhr weiter. Ich begann, hinter ihm
herzurennen, aber seine Fahrt beschleunigte sich und er schnitt einem kleinen
Volkswagen, der soeben aus der Reihe herausfuhr, den Weg ab.
    Ich hörte auf zu rennen und
beobachtete, wie der Continental die Bergstraße hinunterfegte. Der Fahrer des
Volkswagens fluchte noch geläufig vor sich hin, als ich zum Healey
zurückkehrte. Ich werde sie eingeholt haben, bevor sie unten am Berg angelangt
ist, dachte ich, während ich in den Wagen stieg, und das einzige, was bei
diesem Einfall nicht hinhaute, war, daß es mir nicht gelang, sie einzuholen.
Nach ungefähr einem Viertel der Strecke wurde der Verkehr in beiden Richtungen
so dicht, daß die Wagen, wie zuvor auf dem Weg auf den Berg hinauf, Kotflügel
an Kotflügel fuhren. Es bestand für mich keine Hoffnung, den Continental
einzuholen. Ich hatte noch nicht einmal die Möglichkeit, den nächsten vor mir
fahrenden Wagen zu überholen.
    Schließlich geriet ich wieder
auf eine zivilisierte Fernstraße und rollte dann durch die Stadt auf das Gibbsche Heim zu. Ich war ärgerlich auf Stella. Sie mußte
verdammt gut gehört haben, als ich sie gerufen hatte. Wenn sie gehalten hätte,
so hätte sie mir eine Stunde Fahrzeit erspart.
    Ich bog mit dem Healey in die
Zufahrt ein und hielt hinter dem Continental. Dann stieg ich aus, ging zur
Haustür und drückte auf den Klingelknopf. Ungeduldig lauschte ich auf das
Glockengeläute, und dann öffnete Stella die Tür.
    Sie trug ein dunkelblaues Hemd,
das sie wie das Supermodell für eine französische Postkarte aussehen ließ. Sie
betrachtete mich mit Kälte.
    »Ich bin in der Nacht nach der
charmanten Szene mit Cornelius nicht zum Selbstmord gestrieben worden«, sagte sie. »Enttäuscht Sie das?«
    »Eigentlich nicht«, sagte ich.
»Warum, zum Kuckuck, haben Sie nicht gehalten, als ich Sie rief?«
    Sie starrte mich verdutzt an.
»Wovon reden Sie eigentlich?«
    »Sie wissen verdammt gut, wovon
ich rede«, sagte ich. »Sie fuhren oben auf dem Berg mit Ihrem Wagen aus dem
Parkplatz heraus. Ich war unmittelbar hinter Ihnen und schrie mir die

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