Die Witwe
Lunge aus
dem Hals. Sie müssen mich gehört haben.«
»Tut mir leid«, sagte sie. »Es
muß der falsche Wagen — und die falsche Frau gewesen sein.«
»Quatsch!« sagte ich kurz. »Ich
würde diese weiße Continental-Limousine überall erkennen.«
Sie fuhr sich geistesabwesend
mit der Zunge über die Lippen. »Warten Sie mal. Wann war das?«
»Das wissen Sie doch genau, vor
etwa einer Stunde.«
Sie nickte. »Jetzt fange ich an
zu begreifen. Es war der richtige Wagen, aber der falsche Fahrer.«
»Ich habe heute
vormittag so viel windiges Geschwätz gehört, daß es mir für den Best
meines Lebens reicht«, sagte ich. »Fangen Sie nun nicht auch noch an.«
»Ich werde mich ganz einfach
ausdrücken«, sagte sie. »Aus irgendeinem Grund nahm Cornelius heute früh meinen
Wagen, als er wegfuhr. Sie haben also hinter Cornelius hergerufen und nicht
hinter mir.«
»Sie könnten sich was Besseres
einfallen lassen«, sagte ich.
»Sehen Sie doch selber noch
einmal genau hin«, sagte sie kalt.
Ich drehte langsam den Kopf.
Der Wagen, der auf der Zufahrt stand, war das Kabriolett, nicht die Limousine.
Ich hatte es viel zu eilig gehabt, um mir den Wagen bei meinem Weg zur Haustür
richtig anzusehen.
»Es tut mir leid«,
entschuldigte ich mich. »Es war ein Irrtum.«
»Schon gut«, sagte sie. »Sie
sehen erhitzt aus. Kommen Sie herein und trinken Sie einen Whisky.«
»Das ist der erste vernünftige
Vorschlag, den ich heute zu hören gekriegt habe«, sagte ich.
Ich folgte Stella ins Innere
des Hauses und ins Wohnzimmer. Dort setzte ich mich, während Stella die Gläser
eingoß, auf die Couch.
»Warum hat Cornelius Ihren
Wagen genommen, statt seinen eigenen?« fragte ich sie.
»Keine Ahnung«, sagte sie.
»Aber das Kabriolett gehört ihm ebensowenig . Es
gehört mir. Er kann es noch drei Wochen benutzen, und dann wird er wieder zu
Fuß gehen müssen.«
»Wieso?«
»Ich habe heute morgen mit
meinem Rechtsanwalt gesprochen«, sagte sie. »Die Scheidung wird in drei Wochen
zur Verhandlung kommen.«
Sie trat, die Gläser in der
Hand, an die Couch, setzte sich und reichte mir mein Glas. »Von mir aus kann
Cornelius die Wagen nach Leibeskräften ausnutzen, solange es noch geht.«
»Drei Wochen?« sagte ich. »Das
ist eine kurze Zeit, nicht wahr?«
»Nicht besonders, finde ich«,
sagte sie. »Die Scheidung ist vor etwas mehr als zwei Monaten eingereicht
worden. Mein Anwalt hat versucht, die Sache zu beschleunigen.«
»Sie lassen sich von Cornelius
scheiden?«
»Sind Sie überrascht, daß es nicht
umgekehrt ist? Sie schmeicheln mir nicht gerade, Al. Aber das haben Sie in den
paar Tagen, seit ich Sie kenne, ohnehin nie getan. Klar, ich lasse mich von
Cornelius scheiden. Die Sache war nicht leicht einzufädeln. Ein bestimmter
Freund meines Anwalts hat das Ganze in die Hand genommen. Fünfhundert Dollar
für ihn und zweihundert für das Mädchen. Das Mädchen hat Cornelius in einer Bar
aufgelesen, und am nächsten Tag bekam ich eine Serie perfekter Fotos. Dafür war
der Preis keineswegs hoch.«
»Es gibt die verschiedensten
Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu verdienen«, sagte ich.
»Also erhält Cornelius nichts«,
sagte Stella heftig. »Er kann wieder an seinen Strand zurückkehren und auf die
nächste Idiotin warten, die daherkommt — oder meinetwegen Hungers sterben. Oder
sich am besten unter einen Lastwagen werfen.«
»Sie müssen ein Gefühl
wohltuender Wärme für ihn empfinden«, sagte ich.
»Er bekommt das, was er
verdient«, sagte Stella.
»Weiß er von seinem Glück?«
Sie lächelte erneut und holte
tief Luft, so daß sich der dehnbare Stoff straff spannte. »Und ob er es weiß.
Ich gab ihm gleich am nächsten Tag Abzüge der Fotos. Ich wollte ihn in die Lage
versetzen, seine Position richtig einzuschätzen.«
»Wenn man es sich so überlegt«,
sagte ich, »-wenn Sie vor hundert Jahren auf den Fidji -Inseln
geboren worden wären, so wären Sie vielleicht etwas so Harmloses wie eine
Kannibalin geworden.«
»Sie sind ein Mann«, sagte sie.
»Deshalb stehen Sie auf Cornelius’ Seite. Aber Sie wissen nicht, was er mir
angetan hat.«
»Sicher«, sagte ich hastig.
»Aber lassen wir die Details beiseite. Warum, glauben Sie, war er heute morgen
auf dem Bald Mountain?«
»Ich kann mir für die meisten
Dinge, die er tut, keinen Grund denken«, sagte sie.
»Er muß aber irgendeinen Grund
gehabt haben«, beharrte ich.
Stella zuckte ungeduldig die
Schultern. »Warum fragen Sie ihn nicht selber?«
»Das
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