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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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bin, Mom.«
    »Na schön, na schön«, beruhigt sie mich. »Ich hab eine Überraschung für dich, aber die gibt’s drinnen.«
    In der Küche riecht es nach einem herzhaften Mahl. Meine Mutter hat für uns gekocht, und ich traue mich nicht, ihr zu sagen, dass wir unterwegs schon gegessen haben. Der Essensgeruch erinnert mich voller Wehmut an Sonntage im Kreis der Familie.
    Ich liebe die Küche meiner Mutter, auch wenn die verblichene Tapete, die gelbe Arbeitsfläche aus Laminat und der Linoleumboden furchtbar altbacken wirken. Dieser Ort birgt viele glückliche Kindheitserinnerungen, an lärmende Kartenspiele, bei denen meine Mutter alle Regeln brach, um nur ja nicht zu verlieren, an Onkel Ted, zu dessen Akkordeonspiel Tante Luce und Tante Sade um den Küchentisch herumtanzten. Meine Küche hat Edelstahlfronten und eine Arbeitsfläche aus Granit. Howie, Quentin und ich haben dort, soweit ich mich erinnere, vor Jahren zuletzt gemeinsam gegessen.
    »Ach, Quentin, Schatz, ich kann mich gar nicht beruhigen«, sagt Mom schon wieder, nachdem wir uns gesetzt und versucht haben, zum zweiten Mal zu essen. »Du bist so ein gut aussehender junger Mann, aber in dem Aufzug wirkst du, als würdest du von der Sozialhilfe leben. Deine Mutter wüsste gar nicht, wie sie eine Nadel führen soll, aber ich kann das flicken«, sagt sie mit Blick auf den Riss in seiner Jeans. Quentin hält schützend die Hand darüber, weil meine Mutter schon ihr Nähetui holt.
    »Das muss so sein«, sagt Quentin. »So was tragen Leute, die in diesem Jahrhundert geboren wurden.«
    »Quentin!«, schimpfe ich. Ich will ihn gerade darauf aufmerksam machen, dass wir alle im selben Jahrhundert geboren sind, doch meine Mutter winkt ab.
    »Schon okay«, sagt sie lächelnd und berauscht sich weiter am Anblick ihres Enkels. Sie hat ihn seit zwei Jahren nicht gesehen, und er hat sich wirklich sehr verändert. »Du wirst erwachsen«, sagt Mom und strahlt ihn an. »Bald schon sprießen dir ein Bart und Haare auf der Brust. Dabei kommt es mir wie gestern vor, dass du in Windeln zum Strand gerannt bist und gebrüllt hast, weil du Angst hattest, dir würde ein Krebs in die Zehen zwicken. Gott, was hast du damals rumgeheult.«
    Meine Mutter gluckst, aber Quentin ist nicht amüsiert. »Kann ich die Glotze anschalten?«, fragt er und steht auf, ohne meine Antwort abzuwarten. »Gibt’s hier überhaupt Kabel?« Damit verschwindet er im Wohnzimmer.
    Es macht mich nervös, dass Quentin nicht mehr im Raum ist. Jetzt wird mich meine Mutter bestimmt auf meine desaströse Ehe ansprechen, und ich will nicht darüber reden.
    »Immer noch ein Stück Zucker?«, fragt sie von der Spüle her, wo sie den Wasserkessel füllt.
    »Ja, gerne.« Auch Mom scheint sich ohne Quentin als Puffer unbehaglich zu fühlen. Was soll man auch zu all dem sagen? Sie füllt kochendes Wasser in zwei Tassen und hängt Teebeutel hinein. Sie kommt mit dem Tee an den Tisch, zündet sich eine Zigarette an, inhaliert tief und bläst einen grauen Rauchstrahl in die Luft.
    »Hast du’s noch nicht aufgegeben?« Das soll nicht wertend klingen, aber sie versteht es so.
    »Gott, geht das wieder los?«
    »Ich mach mir doch nur Sorgen um dich. Besonders, wo Dad nicht mehr lebt.«
    »Hätt ich mal das Glück«, sagt meine Mutter und verdreht die Augen. »Die Zigaretten werden mich bestimmt nicht umbringen. Deine Tante Fran ist an Lungenkrebs gestorben, und dabei hat sie nie geraucht. Bei ihr musste ich immer draußen rauchen, da hätte mir höchstens der Kältetod gedroht.«
    Ich ziehe eine Grimasse.
    »Jetzt reg dich ab. Ich rauche seit vierzig Jahren und bin noch immer gut in Schuss, oder nicht?«
    Ich nicke. Ihr zuzustimmen, ist besser. Einen Streit über das Thema Rauchen gewinne ich sowieso nicht. Mom findet an Zigaretten nichts auszusetzen, bis auf den Preis.
    »Also, was gibt’s Neues?«, frage ich, als wäre ich auf einem vergnüglichen Heimatbesuch.
    »Außer, dass dich dein Mann verlassen hat?«, fragt meine Mutter. »Na komm, Prissy, hier passiert doch nie was.« Sie inhaliert wieder tief. Ich würde das Gespräch gerne in eine weniger verstörende Richtung lenken.
    »Wie geht’s denn Lottie?« Ich habe so viele Nächte bei Lottie verbracht, wir haben wach nebeneinandergelegen, gekichert und gelacht, bis wir die Augen nicht länger aufhalten konnten. Lottie war für mich wie eine Schwester, und doch haben wir uns voneinander entfernt. Ich weiß kaum noch etwas über sie.
    »Lottie ist dick und unglücklich,

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