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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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hereinkommt.
    »Hey, Georgia«, sagt Lottie. »Alles okay? Fred war heute Morgen bei Lawlor’s und sagt, dass du seit Tagen nicht auf dem Markt gewesen bist. Er hat mich gedrängt, nach Feierabend bei dir vorbeizuschauen. Aber Gott weiß, warum.« Als Lottie Prissy bemerkt, ändert sich ihr Benehmen schlagartig.
    »Na, wenn das nicht meine beste Freundin ist, die notorische Lügnerin«, sagt Lottie. »Und, was heckst du jetzt wieder aus?«
    Prissy blinzelt verwirrt, dann schaut sie Lottie an, als ginge ihr ein Licht auf. »Also, du warst das«, sagt Prissy ruhig und bedacht. »Durch dich hat Howie das mit der Todesanzeige erfahren.«
    Lottie bestätigt Prissys Vermutung mit einem bösen Lächeln. »Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als ich ihm von der Gedenkfeier erzählt hab.«
    »Ich kann nicht fassen, dass du mir so etwas angetan hast«, sagt Prissy und schüttelt ungläubig den Kopf. »Du hast mein Leben ruiniert.«
    »Du hast selbst dein Leben ruiniert«, giftet Lottie zurück.
    Allmählich ahne ich, was vorgefallen ist.
    »Warum hast du mich verraten?«, fragt Prissy mit der gleichen Inbrunst, mit der Jesus sich an Judas gewandt haben mag. »Ich dachte, wir wären Freundinnen.«
    »Warum hast du mich belogen, Prissy? Ich hab dir Makkaroni-Auflauf gemacht … aus frischen Zutaten«, fügt sie bedeutungssteigernd hinzu.
    »Und ich hab dir Lasagne gemacht.«
    »Mildred Peach hat die Lasagne gemacht, verdammt noch mal!«, kreischt Lottie, und Prissy gibt augenblicklich Ruhe.
    »Mom hat mir gesagt, sie hätte die Lasagne gemacht«, sagt Prissy kleinlaut.
    »Klar, deine Mutter macht ja ständig Lasagne«, erwidert Lottie sarkastisch. »Wenn ich daran denke, wie ich mit dir gelitten hab! Ich war total pleite und hab trotzdem für die Kanadische Krebshilfe gespendet! Du solltest dich schämen, Prissy. Ich hoffe, du bekommst zur Strafe selbst Krebs.«
    Auf einmal wirkt Prissy nicht mehr wie ein waidwundes Tier. So habe ich sie noch nie erlebt. Die Augen werden zu schmalen Visieren, die Lippen spitzen sich wütend, sie wird zur Jägerin, bereit, es Lottie mit gleicher Grausamkeit heimzuzahlen. Sie macht mir Angst. »Wenigstens hat sich mein Mann nicht umgebracht, weil er mich und unsere Ehe nicht mehr ertragen konnte!«
    Bevor der Streit ausartet, unterbreche ich ihn auf die einzige Weise, die mir einfällt – ich posaune mein entsetzliches Geheimnis heraus: »Ich habe vor vier Tagen mit Fred Bishop geschlafen.«
    Prissy und Lottie verstummen. Sie drehen sich zu mir, als würden sie erst jetzt bemerken, dass eine dritte Person im Raum ist.
    »Was? Warum?«, fragt Lottie. »Ich dachte, du hasst ihn.«
    »Tu ich auch.«
    »Und warum hattest du dann Sex mit ihm?«
    »Deine Schuld«, sage ich zu Lottie. »Ich hab im Radio gehört, wie du dich lang und breit über Witwen ausgelassen hast, und ich war so schockiert, dass du in der Sendung über mich gesprochen hast, dass ich von der Straße abgekommen bin. Irgendwann hat mich Fred entdeckt und nach Hause gefahren.«
    Prissy hat offensichtlich keine Ahnung, wovon ich spreche, doch Lottie scheint amüsiert. »Ist das eine Masche? Schläfst du immer nur mit Männern, die dich am Straßenrand aufgabeln?«
    Die Parallelen zwischen meiner Begegnung mit Fred und meinem ersten Treffen mit Joseph hatte ich bisher gar nicht wahrgenommen. Diese Erkenntnis wühlt mich noch mehr auf. Ich breche in Tränen aus. Erst jetzt bemerken Prissy und Lottie all die Dinge, die sie in ihrem Ärger übersehen hatten: die abgewetzte Brieftasche auf dem Tisch, den Hockeyschläger neben der Haustür, gleich neben Josephs Turnschuhen, und an mir das Sweatshirt mit dem Logo der Paradise-Bay-Mülldeponie.
    »Georgia, das ist gespenstisch«, sagt Lottie. »Joseph ist tot, du musst nach vorne schauen. Er ist tot, er kommt nicht wieder. Auch Ches ist tot und kommt nicht wieder.«
    Prissy sagt nichts, denn jetzt wissen wir ja, dass Howie nicht das gleiche Schicksal ereilt hat. Irgendwie finde ich das noch trauriger.
    Lottie beginnt damit, Josephs Sachen einzusammeln und in Kisten zu verpacken, während Prissy mir ein Bad einlässt. Ich will nicht, dass sie Josephs Sachen anfassen, aber ich sehe trotzdem schweigend zu, wie sich Lottie durchs Haus bewegt und mit sicherem Blick alle Dinge meines Mannes herauspickt. Sie ist so schnell und gründlich, als hätte sie das bereits geübt. Ob es in ihrem Haus noch irgendetwas von dem armen Ches gibt? Oder hat Lottie schon alle Spuren seiner Existenz

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