Die Wölfe vom Rock Creek - Alaska Wilderness ; 2
böse?«
»Unsinn.«
Sie blickten einander an, und jeder schien darauf zu warten, dass der andere den ersten Schritt machte und zu einem Versöhnungskuss ansetzte, aber keiner wagte es, den anderen vor Carol und Ranger Erhart zu umarmen.
»Bis bald, Julie.«
»Bis bald.«
Julie wartete, bis Josh mit seinem Schlitten zwischen den Bäumen verschwunden war, und kehrte zu Carol und Ranger Erhart zurück. Weder Erhart noch Carol grinsten oder schnitten Grimassen. »Ich konnte ihn doch nicht laufen lassen«, sagte sie beinahe schuldbewusst. »Er hatte keine Erlaubnis dabei.«
»Sie haben vollkommen richtig gehandelt, Julie«, erwiderte Erhart. »Wussten Sie, dass Wyatt Earp mal seinen besten Freund verhaften musste? Sie wissen schon, der bekannte Marshal aus Dodge City, und Doc Holliday, der schießende Zahnarzt … die beiden, die im OK Corral gegen die Clantons antraten … der berühmteste Revolverkampf in der Geschichte des Westens … «
»Stimmt, da war mal was im Fernsehen.«
Erhart nickte, er kannte fast alle Westernfilme auswendig. »Wahrscheinlich der Film mit Kevin Costner. Oder war’s der alte mit Burt Lancaster und Kirk Douglas? Der Kampf im OK Corral ist hundert Mal verfilmt worden.«
»Keine Ahnung«, räumte Julie ein.
»Also, Wyatt Earp und Doc Holliday hatten sich gerade kennengelernt, damals in Dodge City, und Wyatt erwischte Doc dabei, wie er einen Handelsvertreter mit dem Colt bedrohte und ihm hundert Dollar aus seiner Brieftasche entwendete. Er sperrte ihn ins Gefängnis, bis ein Saloonwirt aus Ellsworth auftauchte und eine eidesstattliche Erklärung abgab, in der er beschwor, dass Doc Holliday die Summe beim Pokern gewonnen hatte und der Handelsvertreter bei Nacht und Nebel aus der Stadt verschwunden sei. Dem Handelsvertreter blieb nichts anderes übrig, als zuzugeben … « Er sah, wie Julie und Carol die Augen verdrehten, und hielt inne. »Aber ich rede schon wieder zu viel. Ich denke, wir machen Schluss für heute. Wir sehen uns morgen.«
Julie und Carol fuhren im Gänsemarsch zu den Headquarters zurück. Sie versorgten die Hunde, bedankten sich bei ihren Leithunden für die gute Arbeit und gingen mit den Vorratssäcken zu ihrer Blockhütte. Wie immer, wenn sie von einem aufregenden Einsatz zurückkamen, konnten sie nicht sofort schlafen und ließen den Tag bei heißem Tee und Schokokeksen ausklingen.
»Du hast richtig gehandelt«, sagte Carol, als sie Julies betrübte Miene sah. »Es war sogar deine Pflicht, ihn anzuhalten. Ich hätte es zumindest in deiner Beurteilung erwähnen müssen, wenn du ihn nicht aufgehalten hättest. Selbst als fest angestellte Rangerin hättest du ihn nicht laufen lassen können, denn wenn herausgekommen wäre, dass er dein Freund ist, wäre ein schaler Beigeschmack dabei gewesen.« Sie gab etwas Süßstoff in ihren Tee, rührte um und nippte daran. »Er ist doch dein Freund? Oder warst du so nervös, weil dir John im Kopf herumschwirrt?«
»Nein … doch … « Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. »Ich weiß es nicht, Carol. Josh kommt mir manchmal wie ein großer Bruder oder guter Kumpel vor.« Sie lachte nervös. »Oder wie ein kleiner Bruder. Klar … ich fühle mich wohl bei ihm und lasse mich gerne von ihm küssen, aber bei John ist es irgendwie anders … da spüre ich die berühmten Schmetterlinge im Bauch. Dabei kenne ich ihn doch kaum.« Sie winkte ab. »Wahrscheinlich nur Einbildung. Ich war wohl beeindruckt, weil sich ein Doktor für mich interessiert. Am besten vergesse ich beide und konzentriere mich ganz auf meine Arbeit.«
Carol pustete in ihren Teebecher. »Als Rangerin brauchst du nicht wie eine Nonne zu leben. Zwei Freunde sind natürlich ein bisschen viel und es wäre vielleicht besser, du würdest dich für einen entscheiden … « Sie tauchte einen Keks in den Tee und kaute genüsslich. »Da fällt mir ein, vor ein paar Jahren hatte ich auch mal zwei Freunde auf einmal.« Sie grinste. »Meinen Freund vom College, mit dem ich schon zwei Jahre zusammen war, und einen Musiker, einen Gitarristen, der mit seinen Songs inzwischen in den Top Ten steht. Ich blieb damals bei meinem Collegefreund … bis ihn mir eine ehemalige Cheerleaderin vor der Nase wegschnappte. Und der Gitarrist, er heißt Teddy, zog mit der Managerin der Band zusammen. War eine aufregende Zeit damals.« Sie blickte über ihren Teebecher hinweg aus dem Fenster. »Danach hatte ich von Männern erst mal die Nase voll und bin heute doppelt vorsichtig. Drum prüfe, wer
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