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Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Titel: Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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tot sind.
     
    Eine uralte Feindschaft: Jäger und Wölfe
    Aber nicht nur bei den Ranchern werden Wölfe mit unverdientem Hass überschüttet. Auch bei den Jägern und Outfittern, die zahlende Kunden mit auf die Jagd nehmen, sind sie Staatsfeind Nummer Eins, weil sie fressen, was sie nun einmal fressen: Wildtiere. Und so müssen die großen Kaniden nicht nur ihr Territorium mit Autos, Wanderern, Schneemobilfahrern und Jägern teilen, sie müssen auch noch ihre Beute teilen.
    Da Hirsche ihre Hauptnahrungsquelle sind, liegen Wölfe im Wettstreit mit den Jägern. Zwar sorgen die Beutegreifer durch ihre selektive Jagd dafür, dass die Hirschherden stärker, gesünder und dadurch auch größer werden, und unterstützen damit ironischerweise indirekt ihren größten zweibeinigen Feind. Aber diese Lösung scheint nicht bis in die Köpfe der Jäger vorzudringen.
    »Wölfe sind blutrünstige Killer, sie vernichten unsere Hirschherden«, entrüstet sich Ron Gillette, ein Outfitter und Motelbesitzer. Er gibt viertelseitige Anzeigen in Zeitschriften auf, in denen er verlangt, dass alle Wölfe getötet werden. Sie seien »grausame, gefährliche Landpiranhas und Wildtierterroristen«. Und Tim Sundles aus Carmen, Idaho, gibt im Internet auf seiner Website sogar praktische Tipps zum Vergiften von Wölfen.
    Das Argument, dass Wölfe alle großen Beutetiere komplett vernichten, hängt wie ein Damoklesschwert über Canis lupus. Es ist richtig, dass die Hirschzahlen in Montana in den letzten Jahren zurückgegangen sind. Grund hierfür ist jedoch nicht der Wolf, sondern überwiegend die jahrelang anhaltende Dürre. Wenn es nicht genügend Wasser oder Schnee gibt, wachsen Gras und Büsche nicht mehr, die die Hirsche zum Überleben brauchen. Dann verhungern die Tiere.
    Außerdem töten die Jäger selbst jährlich mehr Hirsche in jedem einzelnen der Staaten Idaho, Montana und Wyoming als alle Wolfsrudel in den drei Staaten zusammen.
    Nach einer Studie von Doug Smith töten die Wölfe in den Sommermonaten in Yellowstone weniger Hirsche, während im Winter, wenn die Beute am schwächsten ist, der Höhepunkt ihrer Jagdzeit ist. Bei perfekten Wetter- und Umweltbedingungen könnte jeder Wolf durchschnittlich 2,2 Hirsche pro Monat erlegen. Bei 563 Wölfen (Stand 2001) wären die Beutegreifer dann für insgesamt 15.000 tote Hirsche in allen drei Staaten zusammen verantwortlich. Vergleicht man dies mit den rund 61.000 Hirschen, die die Jäger im selben Gebiet und zur gleichen Zeit töten, dann erübrigt sich ein Kommentar zum Thema »Ausrotten ganzer Herden«.
    Die Jagd ist ein großer wirtschaftlicher Faktor im Mittleren Westen. Montana steht am unteren Ende der Einkommensskala in Amerika. Der Staat ist daher, ebenso wie die örtliche Wirtschaft und die Menschen, auf die Dollars der Jäger angewiesen.
    Die Hirschherde nördlich von Yellowstone ist vermutlich die größte Wanderhirschherde der Welt. In Montana gibt es zwei Jagdzeiten, eine im Herbst und eine im Januar und Februar, wo an insgesamt 24 Tagen gejagt werden darf.
    Ein Hirsch, der von einem Jäger getötet wird, muss bei einer Kontrollstation durch Beamte der Fisch- und Wildbehörde überprüft werden. Dabei werden die wichtigsten Daten des Tieres, wie Geschlecht, Alter, eventuelle Trächtigkeit und Ähnliches notiert. So lassen sich konkrete Angaben über die von Jägern getöteten Hirsche vergleichen mit der Beute, die die Wölfe machen. Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Wölfe eher schwache, kranke oder alte Tiere töten und den meisten Erfolg bei Kälbern im Alter von acht bis neun Monaten sowie bei Tieren über zehn Jahren haben (das durchschnittliche Alter einer von Wölfen getöteten Hirschkuh ist 14 Jahre). Jäger dagegen bevorzugen die größten und schönsten Hirsche, entweder als Nahrung oder als Trophäe.
    Im Gebiet, das im Norden an Yellowstone grenzt, schossen Jäger in den Jahren 1996 bis 2001 1.590 Hirsche, während die Wölfe im gleichen Gebiet 77 Hirsche töteten.
    Der Hirsch, den die Jäger nicht zwingend zum Überleben brauchen, ist für die Wölfe lebensnotwendig. Aber die Jagd gefährdet auch das Leben der Wölfe auf fatale Weise. Zahlreiche Tiere wurden seit der Wiederansiedlung illegal und absichtlich gejagt und getötet. Wölfe dagegen jagen keine Menschen; sie haben Angst vor ihnen – zu Recht. Nur in ganz wenigen Fällen haben sie sich so an Menschen gewöhnt, dass sie ein Problem werden. Den tollwütigen, menschenfressenden Wolf, der geifernd

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