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Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)

Titel: Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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managed, hat beobachtet, wie das Rudel mitten zwischen den Rindern schlief und fand Rinderspuren in der Nähe der Wolfshöhle. Bisher wurden nur zwei Kälber vom Absaroka-Rudel getötet.
    Wenn Wölfe also Rinder töten, warum töten sie dann nicht viel mehr von ihnen? Nach Auffassung der Rancher haben Wölfe bei Rindern nur eines im Sinn: sich den Bauch vollzuschlagen. Aber Wölfe sehen Kühe nicht als Beute. Zum einen haben sie in der Wildnis nie den Geschmack von Rindfleisch kennengelernt. Zum anderen fallen Rinder nicht unter das Beuteschema, weil sie sich nicht wie Beute verhalten. Wenn ein großes Tier wie zum Beispiel ein Hirsch stehen bleibt, sobald sich ein Wolf nähert, dann sind die Chancen für einen Angriff sehr gering. Wenn die Wölfe nicht bereits Erfahrung darin haben, dieses Tier zu töten, dann neigen sie dazu, es zu ignorieren, besonders wenn es auf ihre Anwesenheit nicht reagiert.
    Rinder verhalten sich nicht wie Beute. Kühe reagieren nicht auf Wölfe: Sie bleiben stehen. Wölfe interessieren sich normalerweise nur für Tiere, die vor ihnen davonrennen. So versuchen sie, Hirsche zum Rennen zu bringen, um die Tiere auszusuchen, die angreifbar oder verletzlich aussehen.
    Jimenez konnte beobachten, wie Wölfe auf eine Kuh zuliefen. Die Kuh tat nichts, außer sie nur anzustarren. »Der typisch starre Kuhblick.« Die Wölfe zogen weiter. »Außerdem«, so vermutet Jimenez, »riechen Rinder auch merkwürdig. Sie sind voller Antibiotika und anderer Chemikalien«. Hinzu kommt, dass die Wölfe nicht wissen, wo sie ein Rind packen sollen, weil Rinder so fett sind. Im Gegensatz zu Hirschen sind ihre Beine und ihr Hals zu dick. Bei den wenigen Fällen, wo eine ausgewachsene Kuh getötet wurde, bissen die Wölfe an Bauch und Beinen in die Haut und die Muskeln. Sie rissen so lange daran, bis die Kuh hinfiel. Diese Methode ist ineffizient und blutig – genau das, was die wolfshassenden Rancher in ihrer Meinung bestätigt.
    Rinder stehen also nicht an oberster Stelle auf der Speisekarte der Wölfe und die Verluste der Rancher durch die Beutegreifer sind minimal.
    Sehr viel größere Verluste entstehen den Ranchern jährlich durch andere Beutegreifer und durch natürliche Todesursachen. Um dennoch geschädigte Rancher zu unterstützen, hat die amerikanische Naturschutzorganisation Defenders of Wildlife schon 1987 ein Programm geschaffen, das Entschädigungen für getötete Nutztiere zahlt. Damit will die Organisation die »wirtschaftliche Verantwortung für die Wiederansiedlung vom einzelnen Rancher auf die Millionen Tierfreunde verlagern, die Wölfe haben wollen«. Dies soll auch im Interesse der Rancher sein, denn wenn sie allein die Kosten für die Rückkehr der Wölfe tragen müssen, verstärkt dies ihren Hass auf den Wolf.
    Wenngleich das Entschädigungsprogramm mit besten Absichten geschaffen wurde, so ist es für viele Rancher zu schwierig, zu realisieren und in Anspruch zu nehmen. Um eine Kompensation zu erhalten, müssen Mitarbeiter von Defenders bestätigen, dass das Tier durch einen Wolf getötet worden ist. Oft jedoch findet ein Rancher ein totes Tier erst, wenn fast nichts mehr von ihm übrig ist. Kojoten und Wölfe fressen die Beweisstücke und es lässt sich im Nachhinein nicht mehr feststellen, ob ein Wolf das Kalb gerissen oder nur davon gefressen hat. Steve Pilcher, Vizepräsident der Montana Stockgrowers Association, dem größten Viehzuchtverband des Staates, schätzt, dass es für jedes entschädigte Nutztier vier bis sechs getötete Tiere gibt, die nicht entschädigt werden können, weil es keine Beweise gibt.
    Jedoch zahlt Defenders nach eigenen Angaben auch, wenn nicht eindeutig festgestellt werden kann, ob das Tier durch einen Wolf getötet worden ist. Die Entschädigungssumme beträgt dann aber nur den halben Marktwert.
    Gleichwohl ist durch die Einführung der Entschädigungszahlungen die Toleranz der Rancher um einiges gestiegen. Zwei von drei Ranchern, mit denen ich gesprochen habe, erzählten mir, dass es ihnen nichts ausmacht, wenn Wölfe in der Nähe sind, solange sie nicht den wirtschaftlichen Schaden tragen müssen. Ein Rancher sagte: »Ich mag die Wölfe. Ich will sie nur nicht mit einem 10 000 Dollar Zuchtpferd füttern.«
    Aber Defenders will nicht nur zahlen, sondern die Rancher auch dazu bringen, selbst etwas zum Schutz ihrer Tiere zu tun. Die Organisation unterstützt verstärkt Projekte, die gemeinsam mit Nutztierhaltern entworfen werden, um Tötungen durch Bären oder

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