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Die Wohlgesinnten

Die Wohlgesinnten

Titel: Die Wohlgesinnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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von Kattowitz. Doch für diese Sonderzüge haben sie uns einen Amtsrat geschickt.« Er zog mich aus dem Bahnhof hinaus und zeigte mir ein Stück weiter unten am Gleis eine Baracke. »Da hat er sich eingerichtet.« Ich ging hin und trat ein, ohne anzuklopfen. Ein Mann in Zivil, fett, unrasiert, saß zusammengesunken hinter einem Schreibtisch voller Papiere. Zwei Eisenbahner wärmtensich an einem Ofen. »Sind Sie der Amtsrat aus Kattowitz?«, fuhr ich ihn an. Er hob den Kopf: »Das bin ich, der Amtsrat aus Kattowitz. Kehrling, zu Ihren Diensten.« Eine unerträgliche Schnapsfahne schlug mir aus seinem Mund entgegen. Ich wies auf die Gleise: »Sind Sie für diese Schweinerei verantwortlich?« – »Was für eine Schweinerei meinen Sie genau? Davon haben wir nämlich im Augenblick eine ganze Menge.« Mühsam bezähmte ich mich: »Die Züge, die offenen Güterwagen für die KL-Häftlinge.« – »Ach, die Schweinerei. Nein, das sind Ihre Kameraden. Ich stelle die Züge zusammen, das ist alles.« – »Dann sind Sie also für diese Waggons verantwortlich.« Er wühlte in seinen Papieren. »Ich werde es Ihnen erklären. Setzen Sie sich, mein Lieber. Hier. Diese Sonderzüge werden von der Generalbetriebsleitung Ost in Berlin eingesetzt. Die Waggons müssen wir an Ort und Stelle besorgen, aus dem verfügbaren rollenden Material. Aber Sie haben vielleicht bemerkt«, er wies nach draußen, »dass es hier zurzeit ein ziemlicher Saustall ist. Die offenen Wagen sind die einzigen, die noch da sind. Der Gauleiter hat alle geschlossenen Waggons für die Evakuierung der Zivilpersonen oder Wehrmachtsangehörigen beschlagnahmt. Wenn Sie nicht zufrieden sind, decken Sie sie doch mit einer Plane ab.« Ich hatte mir seine Erklärung stehend angehört: »Und wo soll ich Planen herbekommen?« – »Nicht mein Problem.« – »Könnten Sie die Waggons nicht wenigstens säubern lassen!« Er seufzte: »Hören Sie, mein Lieber, im Augenblick muss ich zwanzig, fünfundzwanzig Sonderzüge pro Tag zusammenstellen. Meine Männer haben kaum die Zeit, die Waggons anzukoppeln.« – »Und die Verpflegung?« – »Nicht meine Aufgabe. Aber wenn es Sie interessiert, da gibt es irgendwo einen Obersturmführer, der sich um das alles kümmern soll.« Ich ging hinaus und knallte die Tür zu. Bei den Zügen stieß ich auf einen Oberwachtmeister der Schutzpolizei: »Ah ja, ich habe einen Obersturmführer gesehen, derhier rumkommandiert hat. Der ist bestimmt von der Sipo.« In der Dienststelle wurde mir mitgeteilt, dass es tatsächlich einen Obersturmführer aus Auschwitz gebe, der die Evakuierung der Häftlinge koordiniere, der aber jetzt zum Essen sei. Ich ließ nach ihm schicken. Als er verärgert kam, zeigte ich ihm Schmausers Befehle und stauchte ihn wegen des Zustands der Transporte zusammen. Er hatte Haltung angenommen und hörte mich, rot wie eine Tomate, an; als ich fertig war, stammelte er: »Hören Sie, Obersturmbannführer, es ist nicht meine Schuld, Obersturmbannführer. Ich habe nichts, überhaupt keine Mittel. Die Reichsbahn verweigert mir geschlossene Waggons, Verpflegung gibt es nicht, gar nichts. Ständig wird bei mir angefragt, warum die Züge nicht schneller abgefertigt werden. Ich tue mein Bestes.« – »Was denn, gibt es etwa in ganz Gleiwitz keine Lebensmittelvorräte, die Sie beschlagnahmen können? Keine Planen? Keine Schaufeln, um die Waggons zu säubern? Diese Häftlinge sind ein Aktivposten des Reichs, Obersturmführer! Bringt man den SS-Offizieren nicht mehr bei, Eigeninitiative zu entwickeln?« – »Ich weiß nicht, Obersturmbannführer. Ich kann mich erkundigen.« Ich zog die Augenbrauen hoch: »Na, dann erkundigen Sie sich mal. Ich erwarte morgen anständige Transportbedingungen. Verstanden?« – »Zu Befehl, Obersturmbannführer.« Er grüßte und ging. Ich setzte mich und ließ mir von einer Ordonnanz Tee bringen. Während ich in die heiße Tasse blies, kam ein Spieß herein: »Entschuldigen Sie, Obersturmbannführer. Sind Sie vom Stab des Reichsführers?« – »Ja.« – »Da sind zwei Herren von der Kripo, die nach einem Obersturmbannführer vom Persönlichen Stab fragen. Das sind Sie dann ja wohl?« Ich folgte ihm, und er ließ mich in ein Dienstzimmer eintreten: Clemens stützte sich mit beiden Ellenbogen auf einen Tisch; Weser hockte, die Hände in den Taschen, auf einem Stuhl, den er gegen die Wand gekippt hatte. Ich lächelte und lehnte mich an den Türrahmen,die dampfende Teetasse noch immer in der Hand. »Schau

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