Die Wohltäter: Roman (German Edition)
sein, und es war sehr wichtig, dass sie nicht im Auftrag der Polizei handelten. Aus diesem Grund durfte Ninos den dänischen Polizisten, zu dem sie unterwegs waren, zwar interviewen, ihm aber keinesfalls als Gegenleistung für die Information etwas anbieten.
»Du musst versprechen, vorsichtig zu sein, auf keinen Fall darfst du dich auf irgendeine Weise mit ihm verbünden. Journalisten müssen unabhängig bleiben.«
Ninos versicherte ihr, dass er verstanden habe, obwohl das nicht wirklich der Wahrheit entsprach.
Sie waren an dem Haus angekommen; ein kleines, rotes, einstöckiges Backsteinhaus mit einem Garten, der aussah, als wären alle Pflanzen bereits vor dem ersten Frost eingegangen.
»Komm, wir klingeln und sehen, was passiert«, begann Ninos.
»Nein, ich bleibe im Auto. Ich habe so ein Gefühl, dass du irgendwelche Grenzen überschreiten könntest, und es ist mir lieber, wenn ich davon nichts mitbekomme«, antwortete Ingrid.
»Sollen wir dann nicht wenigstens wieder die von-Mobil-zu-Mobiltelefon-Sache durchziehen?«
»Nein, diesmal nicht. Ehrlich gesagt, möchte ich nicht mehr hören als das, was du berichtest, wenn du zurückkommst.«
Plötzlich verstand Ninos. »Du hast Angst, dass er dich wiedererkennt, oder?«
Ingrid nickte. »Das auch.«
Ninos ging allein zur Haustür.
Flemming Kragerup öffnete die Tür in einem gestreiften Morgenrock und mit einem weißen Bart, der wohl schon länger nicht mehr gestutzt worden war. Umso sorgfältiger achtete er darauf, was er zum Frühstück aß, wie sich bald herausstellte.
Nachdem Ninos sich als Journalist aus Schweden vorgestellt hatte, wurde er sofort hereingelassen und an einem kleinen, klapprigen Küchentisch mit einem zweiten Frühstück versorgt. Ninos war ausnahmsweise ziemlich satt, stocherte aber dennoch zwischen dem gebratenen Speck und den getoasteten englischen Muffins herum, während Kragerup weiter Hemden bügelte. Im Fenster hingen die gebügelten Exemplare auf Holzbügeln – damit sie eine zusätzliche Chance hatten, den Duft von handgedrehten Zigarillos aufzunehmen, der schwer über dem ganzen Haus hing, dachte Ninos.
»Ich bügle alles selbst«, erklärte Flemming stolz, als wäre dies eine außerordentliche Beschäftigung. Dann hielt er eine Sprayflasche in die Luft. »Die beste Stärke, die es gibt. Habe ich von einem Freund, der eine chemische Reinigung betreibt.«
Ninos nickte. Er wusste genau, um welches Mittel es sich handelte und dass die meisten Kleidungsstücke damit fast von allein gehen lernen konnten; insbesondere solch stramme, weiße Hemden, wie sie der alte Polizist zu bevorzugen schien.
Er sah sich um und überlegte, ob die Möbel wohl die dänische Ästhetik vor dreißig Jahren repräsentierten. Die Küche war von oben bis unten gelbbraun gekachelt, die Sessel und Stühle waren entweder mit Cordsamt oder einem anderen groben Stoff in gedämpften Farben bezogen. Nachdem Ninos sein Interesse für die Ausbilder erklärt hatte, zeigte Kragerup sich willig, seine Geschichte ohne weitere Umschweife zu erzählen. Der Polizist war schon seit einiger Zeit pensioniert, aber es war ihm nicht gelungen, den unabgeschlossenen Fall um die Ausbilder in Dänemark zu vergessen. Er wiederholte im Großen und Ganzen, was Ingrid bereits berichtet hatte: Nachdem man die Mitglieder der Bewegung zunächst als idealistische Neudenker gefeiert hatte, begannen bereits Ende der siebziger Jahre die ersten Journalisten, über die Bewegung zu recherchieren. Mithilfe von Aussteigern wurden detaillierte Geschichten über die Methoden und Führer der Sekte veröffentlicht, die Abscheu und Faszination zugleich bei der Allgemeinheit weckten. Aber sie waren auch auf harten Widerstand gestoßen, berichtete Kragerup.
»Die scheuen keine Mittel und Wege, ihre Kritiker zu stoppen. Mich haben sie beschuldigt, eine Verleumdungskampagne zu betreiben, und schüchterten damit sowohl meinen Vorgesetzten als auch den Staatsanwalt ein. Und das, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Aussteiger gefunden hatten, die bereit waren, als Zeugen auszusagen.
Ich glaube, es stimmt, was ein Journalist einmal geschrieben hat – dass Møller von höherer Stelle geschützt wird, von Ministeriumsseite aus. «
»Aber Sie müssen doch auch noch andere Beweise gehabt haben als die Aussagen von Aussteigern. Hatten Sie denn keine Dokumente ? «
»Ich war sicher, dass wir etwas finden würden, wenn wir mehrere ihrer Standorte durchsuchten. Aber man hatte sie gewarnt. Sowohl
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