Die Wohltäter: Roman (German Edition)
Ninos. Ninos und Emil breiteten die Bögen über dem kleinen Sofatisch im Raucherzimmer aus, auf dessen Besuch Ninos bestanden hatte.
»Wow«, sagte Emil anerkennend, nachdem er einige der Artikel gesichtet hatte. »Die sind ja wahnsinnig groß. Hier steht beispielsweise« – er hielt Ninos einen Artikel entgegen –, »dass sie in sechzehn Ländern Europas und Afrikas Firmen betreiben. Es gibt sie auch in den USA. Das ist ja vollkommen wahnsinnig, das wusste ich nicht. Ich dachte, es handle sich um einen kleinen schwedischen Lumpensammlerladen, bestenfalls!«
Er blätterte weiter. »Dieser Artikel stammt aus dem letzten Herbst. Über drei Jahre verteilt erhalten sie fünfundzwanzig Millionen Kronen für Entwicklungshilfeprojekte in der Dritten Welt. Es geht um unsere Steuergelder. Und du meinst, sie werden unterschlagen?«
Er sah Ninos fragend an, der bestätigend nickte. »Meine Bekannte sagt das zumindest. Sie war von Anfang an dabei. Es steckt ein System dahinter, wie sie es anstellen.«
»Können wir sie treffen? Ich würde gern selbst hören, wo sie dabei war«, erkundigte Emil sich.
Ninos hatte Emil bereits einen großen Teil von Ingrids Geschichte erzählt, aber dieser hatte wiederum viele Folgefragen, die Ninos ihr nicht gestellt hatte.
»Sie möchte am Anfang lieber im Hintergrund bleiben. Es ist lange her, dass sie dabei war.«
Emil nickte. »Verstehe. Aber du hast gesagt, dass sie auch mit jemandem in Kontakt steht, der noch dabei ist.«
»Ja. Ich habe allerdings keine Ahnung, wer das ist. Aber er hat versprochen, uns zu helfen.«
Emil wirkte nachdenklich. »Wir dürfen also nicht mit dieser Person sprechen?«
»Ich kenne noch nicht mal ihren Namen.«
»Es ist etwas schwierig, sich auf eine Quelle zu berufen, die wir nicht kennen, noch dazu, wenn das über einen Mittelsmann abläuft. Wir wissen ja nicht, wie glaubwürdig er oder sie ist. Oder?«
Ninos verstand nicht recht, worauf Emil hinauswollte. Was sollten sie denn sonst tun? Genau das sagte er ihm auch mit einem Schulterzucken.
»Nein, nein, es ist einfach nur schwierig. Aber der Frau, mit der du in Kontakt stehst, vertraust du?«
Ninos nickte erneut. »Ja. Ingrid heißt sie. Sie hat mir Bilder und alles Mögliche aus der Zeit gezeigt, als sie dort war. In Dänemark. «
»Und wie kommt es eigentlich, dass du in die Sache verwickelt wurdest?«, fragte Emil.
Ninos erzählte von dem Kloster im Libanon. Er erwähnte auch seinen Besuch in der Kirche und dass er der Meinung war, einen Auftrag erhalten zu haben.
»Du bist also Christ«, sagte Emil erstaunt und lehnte sich zurück.
»Ja«, antwortete Ninos stolz. »Gott ist so stark. Anders hätte ich nie erfahren, dass ich Journalist werden soll.«
Emil sah ihn einige Sekunden schweigend an. »In Schweden gibt es kaum christliche Journalisten. Wer gläubig ist, schweigt meistens darüber.«
»Warum das denn?«
»Ich bin mir nicht sicher ...« Emil wirkte gequält. »Man sollte sozusagen keine speziellen Interessen an den Tag legen, sondern objektiv sein. Ansonsten wird man als unseriös angesehen. Es ist ja auch keinesfalls bewiesen, dass es Gott gibt. Man will nicht wie irgendein Hokuspokuszauberer dastehen.«
»Also darf man als Angestellter einer Zeitung kein Christ sein?«
» Dürfen schon«, antwortete Emil zögerlich. »Aber es wird ungefähr so eingeschätzt, als würde man für jemanden Partei ergreifen, statt objektiv zu sein, weißt du.«
»Ich ergreife auf jeden Fall für Jesus Partei«, antwortete Ninos ruhig und lächelte Emil an.
Emil lächelte auch ein wenig. »Ja, daran gibt es wohl auch nichts auszusetzen.«
»Woran glaubst du denn?«, erkundigte Ninos sich neugierig. »An nichts?«
Emil verzog gequält sein Gesicht. »Ich weiß nicht. Aber irgendwie glaube ich wohl an eine höhere Macht. Der Gedanke, nicht mehr zu haben als uns selbst, ist ja ein wenig traurig ... « »Aber du würdest dich nicht als Christen bezeichnen?« »Nein, würde ich nicht.«
»Und was genau soll diese höhere Macht darstellen, die über dich waltet?«
»Hm, keine Ahnung«, antwortete Emil. »Aber Mitglied der schwedischen Kirche bin ich schon.«
»Sieh an«, konstatierte Ninos zufrieden. Er würde Emil nicht weiter in die Enge treiben.
Als sie wieder auf dem Weg in Emils Büro waren, rief jemand hinter ihnen her.
»Emil, warte!« Eine auffällige Frau um die fünfzig stoppte sie. Über ihre Schultern hatte sie einen knallroten Schal auf eine Weise drapiert, die ein wenig
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